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„Die Schützenfamilie soll wieder Solidaritätsgemeinschaft sein“

06.01.2004 00:00

Das Jahr 2004 wird für die Mitglieder des Deutschen Schützenbundes sowie für die Freunde des Sportschießens von vielen Ereignissen geprägt, die nicht nur sportlich, sondern auch gesellschaftlich einen hohen Reiz ausüben. Als Beispiele seien hier nur die Olympischen Spiele in Athen und der Deutsche Schützentag in Coburg genannt. Mit welchen Erwartungen und Hoffnungen DSB-Präsident Josef Ambacher (Foto) in die kommenden Wochen und Monate geht, darüber sprachen wir mit dem höchsten Vertreter des viertgrößten deutschen Sportverbandes im folgenden Interview:

 

„Herr Ambacher, mit der offiziellen Anerkennung als Schießsportverband nach dem neuen Waffengesetz und mit dem Startschuss zum Deutschen Schützenmuseum sind Ihnen zwei große Erfolge im vergangenen Jahr gelungen. Worauf werden Sie 2004 besonderen Stellenwert legen ?“

„Neben den beiden genannten Ereignissen hatten wir im vergangenen Jahr mit dem ersten Symposium der Frauen im Deutschen Schützenbund einen Neubeginn im Frauenschießsport eingeleitet und hier werden wir daran anknüpfen, dass die begonnenen Arbeiten auch in 2004 weiter geführt werden. Mit Symposien allein ist es ja nicht getan, denn aus der Motivation einer solchen Veranstaltung müssen konkrete Maßnahmen erarbeitet werden und ich bin zuversichtlich, dass sich schon in diesem Jahr eine positive Entwicklung in diesem Bereich, der lange Zeit brach lag, zeigen wird. Darüber hinaus ist die Vorbereitung für die Beitragserhöhung ein Thema, das sicherlich nicht einfach sein wird, aber das wir gemeinsam als Grundlage für die Zukunft abwickeln und erledigen müssen, denn in unserem Bundesleistungszentrum in Wiesbaden, um dies nur einmal als Beispiel zu nennen, sind erhebliche Sanierungsmaßnahmen dringend notwendig, ansonsten droht hier die Schließung. Hier muss zwingend etwas getan werden, um die bauliche Substanz zu erhalten und letztendlich auch zu modernisieren.“

„Sportlicher Höhepunkt werden in diesem Jahr die Olympischen Spiele in Athen sein, die Sie als ISSF-Council-Mitglied live vor Ort erleben werden. Was wünschen Sie den deutschen Schützen und ihren Trainern für dieses Ereignis ?“

„Zunächst einmal hoffe ich, dass die Organisatoren vor Ort die Sportstätten und die Transportwege dorthin rechtzeitig fertig gestellt bekommen, um eine optimale Abwicklung der Wettkämpfe für Teilnehmer und Zuschauer gewährleisten zu können. Die olympische Schießanlage liegt etwas außerhalb der griechischen Hauptstadt und wird nach meinem derzeitigen Kenntnisstand sicher fertig werden. Unsere Schützen bereiten sich zusammen mit ihren Trainern äußerst konzentriert auf diesen sportlichen Höhepunkt im August dieses Jahres vor und werden alles daran setzen, um erfolgreich abzuschneiden. Mehr kann man nicht tun. Was der Athlet dann am Wettkampftag braucht, ist das berühmte Quäntchen Glück. Da können Trainer, Ärzte und Physiotherapeuten im Umfeld noch so gut sein, wenn das Glück zum richtigen Zeitpunkt fehlt, und in Sydney vor vier Jahren haben wir es nicht gehabt, dann hilft alles nichts. Am Können liegt es sicher nicht. Können tun es die Sportler, die den Deutschen Schützenbund international vertreten, alle. Das haben sie in vielen Wettbewerben bewiesen, daher hoffe ich, dass unsere Schützinnen und Schützen an ihrem Wettkampftag das nötige Quäntchen Glück haben, so dass wir alle mit zufriedenen Gesichtern aus Athen wieder nach Hause kommen.“

„Der Deutsche Schützentag findet vom 13.-16. Mai in Coburg 2004 statt. Nennen Sie uns doch schon einmal die Highlights dieser Veranstaltung.“

„Sicherlich wird die Eröffnung des Deutschen Schützenmuseums auf Schloss Callenberg in Coburg das erausragende Ereignis des Schützentages sein. Wir werden am 14. Mai den ersten Abschnitt des Museums feierlich der Öffentlichkeit übergeben und ich hoffe, dass sich zukünftig viele Besucher mit der Geschichte und der Tradition des Schützenwesens in Deutschland auseinandersetzen werden. Ich glaube, dass das Museum auch beim breiten Publikum eine große Beachtung findet, denn es wird die Geschichte des Schützenwesens von seinen Ursprüngen bis zum modernen Sportschießen der Gegenwart für Mitglieder und Öffentlichkeit lebendig und anschaulich darstellen. Im ersten Bauabschnitt soll die Frühzeit des Schützenwesens über das Mittelalter bis zur Gründung des Verbandes im Jahre 1861 in Exponaten und Erläuterungen gezeigt werden. Die weiteren Bauabschnitte werden dann im Jahre 2005 und 2006 folgen.“

„Welches sind für Sie die wichtigsten Entwicklungen im Sportschießen in diesem Jahr auf nationaler bzw. internationaler Ebene ?“

„National müssen wir überlegen, wie wir Jugendliche früher an das Sportschießen heran führen und auch enger an die Vereine binden können. Wir werden unseren Vereinen Konzepte anbieten und Möglichkeiten vorstellen, wie man mit Jugendlichen in Kontakt kommt, ohne bei der Frage des Eintrittsalters gleich das Waffengesetz in den Vordergrund zu stellen oder gleich in ernste Wettbewerbe einzusteigen. Ich glaube, hier sind wir auf einem guten Weg. Natürlich werden dies nur Angebote sein, die Vereine müssen selbst entscheiden, ob sie diese Möglichkeiten annehmen, was ich jedoch sehr begrüßen würde. Vielleicht haben aber auch die Älteren Spaß an diesen neuen Formen des Schießsports, denn Spaß soll es doch machen und dies fehlt manchmal den Erwachsenen ein wenig, weil sie oft nur noch in Wettkampfkategorien denken.

Im internationalen Bereich hoffen wir, dass sich unsere intensiven Bemühungen um den olympischen Erhalt des Wettbewerbs Laufende Scheibe positiv auszahlen und dass meine diesbezüglichen Schreiben an den Präsidenten des Internationalen Schießsport Verbandes nicht umsonst waren. Ich bin zuversichtlich, dass wir wenigstens noch einmal die Chance haben, dieses Thema unter Anhörung der Experten zu diskutieren. Wenn es nicht sein soll, kann ich von meiner Seite nur sagen, dass wir alles getan haben, was in unseren Kräften stand. Ich würde es äußerst negativ für den internationalen Schießsport ansehen, wenn die Laufende Scheibe als sportliche Fachdisziplin aus dem olympischen Kanon verschwindet und andere Wettbewerbe sich immer mehr aufblähen. Mit täte es sehr leid und darum kämpfe ich um den olympischen Erhalt dieser Disziplin mit aller Konsequenz.“

„Was erwarten Sie von den politisch Handelnden 2004 in bezug auf den Sport ?“

„Mit staatlichen Zuschüssen werden wir in Zukunft immer weniger rechnen können, überall wird reduziert. Die Aufgaben, die wir uns in den vergangenen Jahren für die Zukunft gestellt haben, sind aber abhängig von staatlicher Förderung, die uns ja auch letztendlich zusteht, denn die Politik hat entschieden, dass Verbände wie zum Beispiel der Deutsche Schützenbund oder der gesamte deutsche Sport zuschussfähig sind. Sich darauf aber zu verlassen ist derzeit ein Problem, denn auch der Staat handelt nach kaufmännischen Gesichtspunkten, der wie jeder Privathaushalt, in Zeiten knapper Kassen die Ausgaben sprich Zuschüsse senkt bzw. in letzter Konsequenz ganz streicht. Er muss bei der jetzigen wirtschaftlichen Situation finanzielle Mittel kürzen, um neue Weichen zu stellen. Auch durch diese Ausgangslage ist es schon notwendig, dass wir von Verbandsseite die vorhin schon erwähnte Beitragserhöhung durchziehen, weil wir sonst zukünftig einfach nicht lebensfähig sind. Wir haben leider in dieser Hinsicht noch einmal nun die gleiche Situation wie schon vor ein paar Jahren, als es um dieses Thema ging. Damals schon machte ich darauf aufmerksam, dass es besser ist, die Beiträge einmal so anzupassen, dass es für zehn Jahre reicht, als dass in kurzen Abschnitten diese Diskussion immer wieder neu aufkommen muss. Ich bin dafür heftig kritisiert worden, aber es zeigt sich nun, dass ich damals nicht unrecht hatte.“

„Wenn Sie für 2004 einen/oder mehrere Wunsch/Wünsche frei hätten – wie würde(n) er/sie lauten ?“

„Ich wünsche mir, dass die Schützenfamilie wieder zum dem wird, was sie in der Vergangenheit war – eine Solidaritätsgemeinschaft, die sich bewusst ist, dass sie etwas ganz Besonderes darstellt. Sie unterliegt mehr rechtlichen und gesetzlichen Bestimmungen als jede andere Sportart und dies müsste normalerweise auch zusammen schweißen. Viele Mitglieder von Schützenvereinen opfern einen erheblichen Teil ihrer Freizeit für die Errichtung und den Erhalt ihrer Schießstände und ich würde mir wünschen, dass deshalb gerade diejenigen, die sich vielleicht aus Zeitgründen nicht so einbinden können, ihren Verein mit einer finanziellen Spende unterstützen. Die Vereine und Verbände brauchen ihre Mitglieder heute nötiger denn je und sollten mit ihnen rechnen können, vor allem, wenn sie nicht mehr mit den in der Vergangenheit gewohnten staatlichen Mitteln rechnen können.

In diesem Sinne wünsche ich allen unseren Mitgliedern und den Freunden des Schießsports ein gutes und erfolgreiches Neues Jahr 2004.“