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DSB-Themenwoche: Wenn aus Ängsten Chancen werden

06.11.2020 13:05

Dort, wo deine größte Angst ist, liegt auch dein größtes Potenzial heißt es immer. Doch stimmt das wirklich? Diese drei Geschichten von drei ganz unterschiedlichen Menschen aus dem Sport bestätigen, dass aus Angst auch eine große Chance werden kann, etwas wunderbar Neues zu schaffen.

Bild: Tim Focken / Tim Focken hat seine Chance genutzt und hat mit den Paralympics nun ein neues Ziel vor Augen.
Bild: Tim Focken / Tim Focken hat seine Chance genutzt und hat mit den Paralympics nun ein neues Ziel vor Augen.

Teamarbeit statt Nachwuchssorgen
Jennifer Landes ist mit ihren 28 Jahren bereits Trainerin im Talentförderzentrum des Bayerischen Schützenbundes im Gau Simbach am Inn. An ihrer Seite: Olympiasiegerin Barbara Engleder. Gemeinsam mit Bernhard Winklhofer haben die drei einen neuen Stützpunkt aus dem Boden gestampft, der vor allem der Angst vor dem fehlenden Schützennachwuchs entgegenwirken soll. Statt den Kopf in den Sand zu stecken, verfolgt das Team einen anderen Plan: „Jeden Verein plagen Nachwuchsängste, daher freut es mich, dass ich Teil des Talentförderungszentrums sein darf und wir den Erfolg von Barbara hier am Ort nutzen konnten, um einen Stützpunkt für junge Sportler zu gründen.“ Landes und Co. nutzen die Chance und vor allem den Bekanntheitsgrad von Engleder nach ihrem Olympiasieg 2016 in Rio de Janeiro, um einen zusätzlichen Anreiz für die Jugend zu schaffen und ihr damit Ring für Ring nach vorne zu helfen. „Mit Barbara als Scout gelingt es uns, dem Nachwuchs den Spaß am Schießsport wieder näher zu bringen“, so Landes, die selbst zu Bayerns besten Luftgewehrschützinnen zählt, über ihre Teamarbeit, „denn wer holt sich nicht gerne Tipps vom Profi und hört sich die spannenden Geschichten einer Olympiasiegerin an?"

Corona als Chance für neue Wettkampfformate
Normalerweise plant und organisiert Tim Hessen mehr als ein Dutzend Deutsche Meisterschaften des DSB. Aber was ist im Jahr 2020 schon normal? „Durch COVID-19 wurden eine Menge Wettkämpfe abgesagt – auch auf Seiten des DSB“, resümiert Hessen das Jahr, das dann doch ganz anders kam als geplant und welches Auswirkungen haben wird auf den Sport: „Natürlich haben Funktionäre, Vereine und Verbände Angst, oder besser gesagt eine gewisse Nervosität, wie die Corona-Pandemie den Sport beeinflussen wird, denn keiner kann vorhersagen, wie sich die Situation entwickelt.“ Absagen hier, Wettkämpfe ohne Zuschauer dort, die unterschiedlichsten Hygiene-Konzepte und vor allem eine Menge offener Fragen kennzeichnen dieses Sportjahr. Für Hessen trotzdem Anlass, auch einmal die positiven Seiten hervorzuheben: „Ich persönlich sehe das auch als Chance, sich neue Wettkampfformate zu überlegen, sie zu testen, zu analysieren und zu verbessern, wie es z.B. beim DSB mit dem Meisterschützen2020 geschehen ist.“ 4.419 Schützen haben sich am Ende online miteinander gemessen. „Es sind Formate, die sonst vielleicht nie entstanden wären und die neue Wege aufzeigen“, so Hessen, der noch auf Folgendes verweist: „Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern, aber wir können die Zukunft mitgestalten, indem wir die jetzige Situation und die Bedingungen akzeptieren und damit arbeiten. Lasst uns kreativ sein und machen wir gemeinsam das Beste draus!“

Wenn man lernt, seine Gedanken zu kontrollieren, ist das ein positiver Anfang, seine Ängste zu steuern.

Tim Focken, Bundeswehrsportler

Tim Focken: Von der Todesangst zur neuen Chance 
Zuerst kam die Panik, dann wurde es auf einmal schwarz. Es ist der 17. August 2010, als Tim Focken von einem Scharfschützen der Taliban beim Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan angeschossen wird. „Auslandeinsätze sind per se eine enorme Herausforderung, sie fordern und prägen jeden auf unterschiedlichste Art und Weise“, erzählt Focken, der seine Angst von damals auch heute noch gut beschreiben kann: „Gerade unter starken Belastungen, die Ängste hervorrufen können, die Angst vor dem Ungewissen, all jene Situationen, wo es unmittelbar um Verwundung, Leben und Tot ging, verspürte ich persönlich eine Unruhe in mir, aber man funktionierte irgendwie und verdrängte alles Negative um sich herum. Man konzentrierte sich einzig auf seine Aufgabe.“ Tim Focken wird bei seinem Einsatz schwer durch einen Schuss in die Schulter verletzt, kann diese seither nicht mehr ansteuern. 17 Stunden wird er operiert, seine Schulter mit zwei Metallplatten und 16 Nägeln wieder gefixt, doch die Lähmung im linken Arm bleibt. Zuerst verdrängt der Bundeswehrsoldat seine Verletzung, aber irgendwann wird ihm klar: Es braucht eine neue Aufgabe! „Fast vier Jahre nach meiner Verwundung hat sich eine Chance ergeben, als Spitzensportler der Bundeswehr aktiv zu sein, wo ich die Eigenschaften – gerade in einer unmittelbaren Drucksituation – bündeln muss, um den Fokus auf das Wesentliche zu lenken. Wenn man lernt, seine Gedanken zu kontrollieren, ist das ein positiver Anfang, seine Ängste zu steuern.“ So ist aus dem Bundeswehrsoldaten der erfolgreiche Bundeswehrsportler Tim Focken geworden, der bereits einen Quotenplatz für die Paralympics in Tokio für Deutschland holte und sich natürlich selbst zum Ziel gesetzt hat, sich dafür zu qualifizieren. Tim Focken hat es geschafft, sich ein neues Leben aufzubauen, seinen Ängsten ins Auge zu blicken und die neue Chance, die dadurch entstanden ist, zu nutzen. Auf Grund seiner Erfahrung will er den Menschen noch etwas Wichtiges mit auf den Weg geben: „Mut ist nicht, keine Angst zu haben, sondern die eigene Angst zu überwinden.“

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