Infothek Waffenrecht
Anhörung im Innenausschuss
Am Montag, 28. November 2016 fand zu zwei Anträgen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Anhörung im Innenausschuss statt, zu der sechs Sachverständige geladen waren (vgl. dazu Link 1, unten), deren Berichte hier (Link 2, unten) nachgelesen werden können.
Die Sitzung kann im Parlamentsfernsehen verfolgt werden.
Als Sachverständiger war auch Hans-Herbert Keusgen, der Vorsitzende des Forum Waffenrecht geladen, der die Interessen von etwa 2,5 Millonen Sportschützen und Jägern darlegte. Hierzu haben die Verbände folgende Erklärung herausgegeben:
Kein Plus an Sicherheit durch Waffenrechtverschärfung
Die unten genannten Verbände lehnen weitere Verschärfungen des Waffenrechts ab, da sie die öffentliche Sicherheit nicht verbessern. Experten bekräftigen dies in der Bundestagsanhörung. Angemahnt werden ein verbesserter Vollzug bestehender Vorschriften sowie eine effektive Bekämpfung des illegalen Waffenhandels.
Handlungsbedarf im Waffenrecht für mehr öffentliche Sicherheit? Auf Betreiben von Bündnis 90/Die Grünen fand gestern eine Öffentliche Anhörung vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages statt. Die Allianz der im Forum Waffenrecht zusammengeschlossenen Verbände von Bund der Militär- und Polizeischützen (BdMP), Bund Deutscher Sportschützen (BDS), Deutscher Jagdverband (DJV), Deutsche Schießsport Union (DSU), Verband der Hersteller von Jagd-, Sportwaffen und Munition (JSM) und Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler (VDB) sowie der Deutsche Schützenbund (DSB), die etwa 2,5 Millionen rechtschaffene Bürgerinnen und Bürger vertreten, lehnen Verschärfungen des geltenden Rechts ab, weil damit die öffentliche Sicherheit keineswegs verbessert werden kann.
Das Bundeslagebild Waffenkriminalität 2015 zeigt bereits deutlich: Nur 0,1 Prozent aller Straftaten wurden mit Schusswaffen verübt. "Sowohl im Vergleich zum Vorjahr als auch in der Langzeitbetrachtung waren die erfassten Straftaten unter Verwendung von Schusswaffen in Deutschland rückläufig", so ein Fazit des Berichts. In seiner Stellungnahme zur Anhörung betonte Oberstaatsanwalt Rainer Hofius: Die wenigen Verfahren gegen legale Waffenbesitzer seien als für die Sicherheit der Bevölkerung kaum bedeutsame Formalverstöße einzuordnen.
"Legale Waffenbesitzer mit neuen Auflagen zu überziehen ist natürlich einfacher, als illegalen Waffenhandel einzudämmen. Hier wird aber schlicht der falsche Baum angebellt", sagte Hans-Herbert Keusgen, Vorsitzender des Forum Waffenrecht. Statt nutzlose Hürden für gesetzestreue Bürger zu errichten, müsse endlich für einen funktionierenden Vollzug bestehender Vorschriften von der Erlaubnis bis zur Überprüfung gesorgt werden. Schon für diese Pflichtaufgabe reiche derzeit das Personal in den Behörden nicht aus, so Keusgen weiter.
In ihrer Stellungnahme zur Anhörung unterstützt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) diese Forderung und stellt weiterhin fest: "Schusswaffen, die für Straftaten verwendet werden, einschließlich terroristischer Aktionen, gelangen kaum über legale Wege in den Besitz der Täter. " Dementsprechend müsse mehr Personal für die Bekämpfung des illegalen Waffenhandels eingestellt werden, so der GdP-Sachverständige Hans Jürgen Marker in der Anhörung.
Die Schusswaffe für die schreckliche Bluttat Mitte Juli 2016 in München stammte nachweislich aus dem sogenannten Darknet, einem illegalen Teil des Internets, der von Behörden derzeit nur mangelhaft kontrolliert werden kann. Selbst Heranwachsende sind heute in der Lage, in einer digital vernetzten Welt immer leichter an illegale Waffen zu gelangen. Dies hat die Tat in München auf fatale Weise bewiesen.
Die Forderung von Bündnis 90/Die Grünen, Privatpersonen die Nutzung halbautomatischer Waffen zu verbieten, lehnt das Forum Waffenrecht als Aktionismus ab. Bereits im Sommer 2016 habe die Europäische Kommission betont, dass lediglich automatische Feuerwaffen, die in halbautomatische umgewandelt werden, besonders gefährlich seien, da sich diese leicht in Kriegswaffen verwandeln ließen. Hingegen hätte eine Kriminalisierung von halbautomatischen Waffen, wie sie verbreitet von Jägern und Sportschützen verwendet werden, keinerlei Auswirkung auf die öffentliche Sicherheit, so die Verbände-Allianz.
„Wer weiterhin auf Scheinmaßnahmen setzt, verspielt auch das letzte Vertrauen in Politik“, sagte Keusgen. Vorzugaukeln, man müsse nur den legalen Privatbesitz von Schusswaffen verbieten um das öffentliche Sicherheitsproblem zu lösen, ist geradezu fahrlässig, so Keusgen. Der GdP-Sachverständige Marker dazu: "Waffenrechtsverschärfung ist grundsätzlich keine wirksame Methode, um organisierte Kriminalität und Großkriminalität zu verhindern.
Die Verbände fordern, dass die hohen Standards zur Deaktivierung von vollautomatischen Waffen zu Dekowaffen, die in Italien und Deutschland gelten, grundsätzlich EU-weit umgesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise das Durchbohren des Laufes und des Patronenlagers. In der Slowakei wurden bis vor Kurzem Sturmgewehre aus alten Militärbeständen zu Salutwaffen umfunktioniert, indem lediglich zwei Bolzen in die Waffe eingesetzt wurden, die sich leicht entfernen ließen. Terroristen nutzten für ihre Anschläge in Paris im November 2015 ebensolche mangelhaft zurückgebauten, vollautomatischen Waffen.
Abschließend sagte der Vorsitzende des Forum Waffenrecht, Hans-Herbert Keusgen, anlässlich der Öffentlichen Anhörung vor dem Innenausschuss des Bundestages: "Oberstaatsanwalt Rainer Hofius spricht mir in seiner Stellungnahme aus dem Herzen wenn er schreibt, dass angesichts des fehlenden Zugewinns an öffentlicher Sicherheit eine weitere Einschränkung der Rechte der Legalwaffenbesitzer das Verhältnismäßigkeitsprinzip unserer Verfassung verletzt."