Allgemeines

Ansprache des DSB-Präsidenten Josef Ambacher vor der Delegiertenversammlung

30.04.2005 00:00

Liebe Schützenschwestern und Schützenbrüder,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

der 54. Deutsche Schützentag in Göttingen ist ein Meilenstein in der Geschichte unseres Verbandes, denn Sie, meine Damen und Herren Delegierte, werden in den kommenden rund zwei Stunden über die nächste Zukunft des Deutschen Schützenbundes bei den wichtigen Abstimmungen und Wahlen mitentscheiden. Dafür wünsche ich Ihnen allen schon jetzt eine gute Hand.

Bevor diese Entscheidungen anstehen, möchte ich Ihnen noch einen kurz gefassten Rückblick auf das vergangene Jahr seit dem Schützentag 2004 in Coburg und danach einen Ausblick auf die wichtigen Themen geben, die in der kommenden "Verbands-Olympiade", denn auch hier sprechen wir ja über vier Jahre, vor uns liegen.

Das Deutsche Schützenmuseum, das wir vor einem Jahr während des Deutschen Schützentages in Coburg feierlich wiedereröffnen konnten, erfreut sich einer sich steigernden Beliebtheit.

Hier ist uns etwas gelungen, was nachkommenden Generationen erhalten bleiben wird. Der Einblick in die Geschichte des Schützenwesens ist jedoch nicht trocken und langweilig, sondern das Deutsche Schützenmuseum ist eine moderne Ausstellungsstätte, die sich für alle Schichten unserer Bevölkerung als Zielpunkt anbietet, seien es nun Anhänger des Schießsports oder Menschen, die sich für Brauchtum in Deutschland interessieren.

Der Deutsche Schützenbund hat damit neben der Geschäftsstelle in Wiesbaden-Klarenthal eine zweite Heimat gefunden.

Über die Aktionen und Ausstellungen im Deutschen Schützenmuseum informieren Sie die Deutsche Schützenzeitung, die Zeitungen der Landesverbände und auch der Newsletter des Deutschen Schützenbundes. Ich bitte Sie, nutzen Sie diese Informationen.

Wir alle sind der Deutsche Schützenbund - wir sind eine starke Gemeinschaft und sollten dies mit einem Besuch in Coburg vielfältig demonstrieren !!!

Ein Höhepunkt des vergangenen Jahres waren die Olympischen Spiele in der griechischen Hauptstadt und mit drei Medaillen - davon 2 x Gold durch Ralf Schumann in der Olympischen Schnellfeuerpistole und Manfred Kurzer in der Laufenden Scheibe sowie 1 x Silber durch Christian Lusch im Liegendwettbewerb mit dem Kleinkalibergewehr - und weiteren dreizehn Finalteilnahmen ist der Deutsche Schützenbund einer der erfolgreichsten Spitzenverbände in Deutschland gewesen.

Ich möchte hier einen ganz herzlichen Dank an die Medaillengewinner und das gesamte Olympiateam des Deutschen Schützenbundes aussprechen. Unsere Sportler haben großartig gekämpft, erfolgreich abgeschnitten und für unseren Verband Ehre eingelegt - herzlichen Dank dafür.

Doch mit welchen Bedingungen haben wir zu kämpfen, wenn man sich den Leistungssport in Deutschland vergleichend mit anderen Ländern ansieht. Unsere Topsportler sind zum Überwiegenden Teil reine Amateure, die tagsüber ihrem Beruf nachgehen und sich erst zum Feierabend ihrem Sport widmen können.

Gegen die Sportstrukturen, wie wir sie zum Beispiel in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion finden - und unser Glück besteht nur darin, dass diese Satellitenstaaten nicht genügend Geld haben, wie sie in China und einigen weiteren Ländern im Fernen Osten herrschen und dem amerikanischen Schulsportsystem können wir auf Dauer mit unserem Amateursportsystem nicht bestehen.

Wenn wir hier nicht aufpassen, werden wir schon in drei Jahren bei den Olympischen Spielen in Peking und vor allem 2012 dann endgültig hinter Staaten zu finden sein, die heute noch weit von unserer Leistungsstärke entfernt sind.

Doch wie können wir jungen Menschen sagen "Engagiere Dich im Leistungssport - trainiere für olympisches Gold" wenn wir ihnen keine Zukunft nach dem Sport bieten können. Nichts ist im unserem Land heute so wichtig wie ein durch gute Ausbildung gesicherter Arbeitsplatz und jeder von uns weiß, dass es Topleistungen im Spitzensport nicht zum Feierabendtarif gibt, das können wir vergessen.

Wir müssen für die Zukunft überlegen, wie wir beim Rennen um die Medaillen auch in den kommenden Jahren noch mithalten können, ohne uns komplett auf das Glück zu verlassen. Dies geht nur mit strukturellen Änderungen im deutschen Sportsystem.

Die derzeit sichersten Medaillenschmieden sind die Sportkompanien der Bundeswehr, weil hier die Athleten, ohne täglichem Berufsstress ausgesetzt zu sein, umfangreich trainieren können. Dafür ein grundsätzlicher Dank an die Bundeswehr und ihrem Verteidigungsminister Peter Struck.

Doch nicht alle förderungswürdigen Sportler kommen bei den Streitkräften unter und auch bei der Bundeswehr ist die finanzielle Situation nicht mehr so, wie sie vor Jahren noch war.

Standortschließungen sind ein Thema geworden und auch Reduzierungen bei den Sportförderkompanien sind geplant.

Darüber hinaus stellt sich für viele junge Sportler auch die Frage: Was mache ich nach meiner Bundeswehrzugehörigkeit ? Nicht alle wollen ihr Berufsleben lang den Streitkräften angehören.

Deshalb ist es ein Gedankengang, auch den Bundesgrenzschutz für den Sport stärker zu öffnen, denn hier könnten die Athleten nach ihren Einsätzen als Topsportler auf internationaler Ebene weiterhin eine Bleibe finden und ihrer normalen polizeilichen Tätigkeit nachgehen.

Beim Bundesgrenzschutz oder bei der Bundespolizei, wie es dann vielleicht heißt, müssten die Sportler nicht automatisch ausscheiden, wenn sie den Status eines Hochleistungssportlers nicht mehr erfüllen.

Ich halte dies für eine weitere Möglichkeit, um dem deutschen Sport seine herausragende internationale Stellung auch in Zukunft zu sichern. Wir Schützen wollen auch in Zukunft zu den deutschen Medaillenhoffnungen zählen - aber um Höchstleistungen zu erzielen, benötigen wir die notwendigen Voraussetzungen.

Mein besonderer Dank gilt hier dem Bundesministerium des Innern, dass uns in der Vergangenheit immer als unterstützender Partner zu Seite gestanden hat und mit Minister Otto Schily haben wir einen Freund des Sportschießens an unserer Seite.

Nach Athen haben wir wieder mit den Goldmedaillengewinnern Manfred Kurzer und Ralf Schumann sowie dem noch jungen Silbermedaillengewinner Christian Lusch "Gesichter", die das Sportschießen nach außen tragen und speziell bei den Jugendlichen für unsere Disziplinen werben können.

Fakt ist nämlich, dass der Deutsche Schützenbund nicht die Augen vor der Tatsache verschließen kann, dass gerade im untersten Segment seiner Mitglieder, bei den Schülern und Jugendlichen, in den letzten Jahren eine Stagnation bzw. sogar ein Rückgang zu verzeichnen ist.

Wenn man sich aber nicht nur auf derzeitige Gesellschaftsentwicklungen beruft, die nun einmal durch ein Überangebot an anderen Freizeitvergnügungen wie zum Beispiel den heimischen Computer viele Kinder und Jugendliche davon abhalten, Sport zu treiben und dies nicht einfach tatenlos hinnehmen will, muss man als Dachverband, neben dem Vorzeigen von prominenten Sportlern aus den eigenen Reihen, Überlegungen anstellen, wie man die Disziplin Sportschießen so attraktivieren kann, dass sie für die Zielgruppe der Acht- bis Zehnjährigen - und in dieser Spanne entscheiden sich bekanntermaßen Mädchen und Jungen für eine Sportart - interessant ist und das sie auch in diesem Alter von den Jugendlichen ausgeführt werden kann.

Machen wir uns nichts vor: Das frühere Prinzip "Vater im Schützenverein, Mutter im Schützenverein - also Kind ebenfalls im Schützenverein" zieht heutzutage nicht mehr. Wer sich auf dem Heute ausruht, wird Morgen der Verlierer im Wettbewerb um die Kunden, sprich Mitglieder, sein.

Ich weiß, dass ich mich hier sehr drastisch ausdrücke, aber ich denke, nur wer realistisch in die Zukunft blickt und attraktive Angebote machen kann, hat in der Konkurrenz der Sportverbände eine Chance.

Wir im Deutschen Schützenbund sind eine starke Gemeinschaft und wir werden unsere Chancen in der Zukunft suchen und finden.

Dass der Schießsport im Deutschen Schützenbund interessant ist, zeigt unter anderem die Disziplin Sommerbiathlon, die gerade bei den Jugendlichen sowie Junioren erhebliche Zuwächse zu verzeichnen hat. Was macht aber Sommerbiathlon so reizvoll ? Sicherlich die Tatsache, dass hier Bewegung bzw. Dynamik mit im Spiel ist.

Diese Sportart müssen wir verstärkt im Auge behalten, auch wenn wir sicherlich mit den olympischen Disziplinen und mit den vielen anderen Sportarten, die unter unserem Dach ausgeübt werden, schon sehr ausgelastet sind. Aber von welcher Disziplin können wir uns mittel- oder langfristig eine gewisse Aufmerksamkeit in den Medien - und hier vor allem im Leitmedium Fernsehen - erwarten, wenn nicht vom Sommerbiathlon, der durchaus mit der in Deutschland so beliebten Wintersportvariante, dem häufig im Fernsehen übertragenen Winterbiathlon, an Attraktivität mithalten kann.

Wir müssen die Sportart weiter entwickeln. Wir müssen zum Ziel haben, den Sommerbiathlon in das olympische Programm zu bringen. 2016 - ich weiß, es ist ein eher langfristiges Ziel - könnte der Zeitpunkt sein, wo diese Sportart auf Grund der Regeln im Internationalen Olympischen Komitee, Aufnahme in das Olympiaprogramm finden könnte.

Bis dahin muss man auch wieder einen Vorschlag in Richtung Laufende Scheibe machen. Noch haben wir den Kampf um die olympische Zukunft dieser Disziplin nicht aufgegeben - auch der Bundesinnenminister Otto Schily unterstützt unsere Bemühungen in dieser Hinsicht.

Eine weitere attraktive Form des Sportschießens, das speziell für die Jüngsten gedacht ist, haben wir gerade vor ein paar Monaten in München erfolgreich getestet, als beim Oktoberfest-Landesschießen eine große Zahl von Teilnehmern das neuartige Lichtschießen ausprobiert haben.

Diese Wettbewerbe, die völlig ohne Beschränkungen eines bestimmten Alters oder der räumlichen Gegebenheiten durchgeführt werden können, sollen eine Einstiegsmöglichkeit bieten, um die Jugend, die Schüler, die Kinder wieder in unsere Schützenvereine zurückzuholen.

Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, mit dieser Variation des Schießsports, auch verstärkt in den Schulsport einzusteigen. Hier wird das Sportschießen immer noch bei Eltern und Lehrern übermäßig kritisch angesehen.

Gute Erfolge konnten wir in den letzten Jahren besonders im Bogenschießen erzielen, während den Disziplinen Luftgewehr und Luftpistole immer wieder vor allem ideologische Hemmnisse entgegenstehen, die sachlich nicht begründet sind..

Wir selbst müssen auf diesem Feld in die Offensive gehen und durch nimmermüde Aufklärung und in intensiven Gesprächen vor Ort mit Eltern und Lehrpersonal auf die positiven pädagogischen Möglichkeiten des Sportschießens aufmerksam machen. Hier sind wir alle gefordert, jeder von uns, denn wir haben es in der Hand, ob als Eltern- oder Großelternteil unseren Sport gleichberechtigt mit anderen Sportarten in die Schulen zu tragen. Wir müssen unsere berechtigte Lobbyarbeit zugunsten des Sportschießens verstärken, dafür werde ich mich mit Macht einsetzen.

Als Präsident des Deutschen Schützenbundes ist es mir ein besonderes Anliegen, die sportlichen Interessen der jungen Menschen innerhalb und außerhalb unseres Verbandes zu beachten und zu unterstützen. Dazu benötigen wir für die Zukunft noch mehr kreative Potentiale, denn der Satz "Das haben wir immer so gemacht" reicht heute nicht mehr aus, um im Wettbewerb zu bestehen.

Ich bitte Sie daher, diese neuen Ideen zu unterstützen und vielleicht kommen ja auch aus Ihren Reihen und aus Ihrem Erfahrungsschatz Vorschläge, die das Sportschießen noch weiter attraktivieren können, denn wir wollen ja nicht eines Tages die "Grauen Panther des deutschen Sports" sein, nur weil der Nachwuchs einen großen Bogen um uns macht. Die jungen Mitglieder sind die Garanten der Beständigkeit unseres Verbandes - sie sind die Zukunft des Deutschen Schützenbundes..

Als viertgrößter deutscher Sportverband mit fast 1,6 Millionen Mitgliedern sind wir heute eine feste gesellschaftspolitische Größe innerhalb des Deutschen Sportbundes und darüber hinaus auch in unserem Land. Ich habe schon vor drei Jahren anlässlich unserer Festveranstaltung zum 50. Schützentag nach Wiedergründung unseres Verbandes in Wiesbaden gesagt, dass diese Größe und dieses Gewicht eine gute Basis sind, aus der wir Stärke erzeugen wollen.

Dies alles geht aber nur, wenn wir nach dem Motto handeln:

"Der Deutsche Schützenbund: eine starke Gemeinschaft"

Wir alle repräsentieren diesen Verband, jeder einzelne an seiner Stelle und in seiner Funktion. Wir werden die vor uns liegenden Aufgaben meistern, wenn wir es gemeinsam wollen. Ganzheitlich denken und einheitlich handeln im Hinblick auf die Ziele, die wir uns selbst gegeben haben - dies sollte für uns in den kommenden Monaten und Jahren im Zentrum aller Überlegungen stehen.

Der Deutsche Schützenbund kann sich auf seine Mitglieder verlassen und die Mitglieder können darauf vertrauen, dass der Verband ihre legitimen Rechte konsequent vertreten wird. Daher tritt unser Präsidium komplett zur Wiederwahl an.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen erfolgreichen Schützentag und danke für Ihre Aufmerksamkeit.