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Bildung: Interview mit Iris Zimmer zum Thema Augentraining
Sei es Wochenendlehrgang oder Trainerfortbildung, auch 2021 ist das Thema Augentraining wieder Teil des Aus- und Fortbildungsangebots des DSB. Was genau man unter Augentraining versteht, warum es so interessant ist und wie es im Alltag und im Sport helfen kann, erklärt Augentrainerin und Lehrgangsleiterin Iris Zimmer im Interview.
Du bietest neuerdings die Fortbildungen und Lehrgänge zum Thema Augentraining an. Was kann man sich unter dem Thema vorstellen?
Iris Zimmer: „Augentraining ist ein ganzheitliches Gesundheitsprogramm für die Erhaltung und Verbesserung des Sehsinns.“
Warum macht man Augentraining?
Iris Zimmer: „Schauen wir uns einen normalen Tagesablauf an, stellen wir schnell fest, dass wir vom Zeitungslesen am Morgen, über die Fahrt zur Arbeit, bis zu unserer täglichen Arbeit, vielleicht am Computer, unsere Augen stets fordern. Selbst in der Mittagspause, in der wir gerne mal unsere Mails checken oder mit dem Handy beschäftigt sind, wird das Auge beansprucht. Für viele Menschen findet das Arbeitsleben auch noch sitzend und in Räumen statt. Konzentriertes Arbeiten liegt dabei im Nahbereich des Sehens. Der natürliche Blick in die Ferne, der entspannend für unser visuelles System ist, spielt eine immer kleinere werdende Rolle.
Sehen ist für uns so selbstverständlich und immer da, dass unsere Augen uns erst bewusst werden, wenn das System nicht mehr fehlerfrei funktioniert. Mit dem Augentraining habe ich die Möglichkeit den Augen wieder etwas zurückzugeben, um täglichen Be- und vielleicht auch Überlastungen entgegenzuwirken und die langfristige Gesunderhaltung des Sehsinns zu fördern.“
Wie wirkt sich das auf das Schießen aus, kann sich etwas positiv verändern?
Iris Zimmer: „Ein regelmäßiges Augentraining wirkt sich positiv auf den ganzen Körper aus. Beim Augentraining werden durch gezielte, einfache Übungen wenig genutzte Sehpotenziale wieder angeregt. Dies kann zum Beispiel bei Übungen zum peripheren Sehen Auswirkungen auf eine verbesserte Balance haben. Ich bin davon überzeugt, dass solche Verbesserungen einen positiven Einfluss auf das Schießen haben.“
Also kann man dadurch sein Ergebnis verbessern?
Iris Zimmer: „Eine Verbesserung der Balance und damit eine Steigerung der Halteruhe hat mit Sicherheit auch einen positiven Effekt auf die Leistung. Augenprobleme sind sehr vielschichtig und sehr individuell. Klar ist, dass viele Funktionen des Sehens trainierbar sind und sich durch dieses Training Verbesserungen oder eine Stärkung des Sehsinns ergeben.
Lässt sich das in Ringen messen? Wenn ich körperlich aktiv werde, Sport treibe, mein Skelettsystem durch gezieltes Muskeltraining stärke, hat das langfristig sicher eine Leistungssteigerung zur Folge. Augentraining ist einfach ein weiterer Baustein, gerade in unserem Sport. Ein weiteres Ziel ist es aber auch, durch die Gesunderhaltung unseres Sehsinns augenbedingte Leistungsabfall zu vermeiden.“
Kann man all die Vorteile auch nutzen, wenn man nicht schießt, also zum Beispiel im Alltag?
Iris Zimmer: „Gutes Sehen bringt natürlich auch in allen anderen Lebenslagen Vorteile, ob in Schule, Beruf oder im Sport. Ein regelmäßiges Augentraining kann den Alterungsprozess der Augen, insbesondere der Linse nicht verhindern, aber mit Sicherheit verlangsamen und die Flexibilität der Linse länger erhalten. Ähnlich wie bei körperlichen Aktivitäten wie Ausdauertraining und Muskelaufbautraining kann Augentraining zu einer höheren Lebensqualität in jedem Alter beitragen.
Alltagstaugliche Übungen zur Entspannung der Augen, haben mit Sicherheit einen positiven Effekt auch für die Arbeit am Computer. Zwischendurch mal solche Übungselemente einzubauen, fördert auf natürliche Weise die Leistungsfähigkeit der Augen im Alltag. Zu wissen, was ich gegen brennende, juckende und trockene Augen machen kann, ohne zu Hilfsmitteln aus der Apotheke zu greifen, ist ein Vorteil, der sich alleine schon durch seine direkte Verfügbarkeit positiv auswirkt.“
Es kann nicht sein, dass wir den ganzen Körper trainieren können, aber nicht das Auge!
Iris Zimmer zur Fragestellung ihrer eigenen Augenprobleme
Wie bist du zu dem Thema gekommen? Kamst du über den Schießsport dazu, oder hattest du eine andere Motivation?
Iris Zimmer: „Das hat schon viel mit dem Schießen zu tun und gerade bei mir auch mit dem Älterwerden. Ich habe im Laufe meines Schützenlebens festgestellt, dass gutes Sehen nicht nur von einem guten Brillenglas, den technischen Hilfsmitteln wie Irisblende, Farbfiltern und der Zieltechnik abhängig ist. Auch der Alterungsprozess sowie Stress und Überlastung der Augen spielen eine wichtige Rolle. Mit zunehmendem Alter fällt es uns immer schwerer, diese Faktoren durch gutes körperliches Training und Schießtraining zu kompensieren.
Ich war schon als Kind Brillenträger. Mit fortschreitendem Alter verschlechterte sich die Leistungsfähigkeit meiner Augen immer schneller. Ich glaube, meine erste Gleitsichtbrille bekam ich schon mit 35 Jahren. Mit 40 Jahren war ich nicht mehr in der Lage, ohne diese Brille eine Speisekarte zu lesen.
Irgendwann habe ich gedacht, dass es eine Lösung für dieses Probleme geben muss. Es kann nicht sein, dass wir den ganzen Körper trainieren können, aber nicht das Auge.
Auf der Suche nach dieser Lösung bin ich zuerst auf eine Maßnahme bei der Trainerakademie Köln gestoßen und habe dort im Rahmen einer Fortbildung an dem Lehrgang „Die Steigerung der visuellen Leistungsfähigkeit“ teilgenommen. Das war sehr interessant, aber auch sehr technisch. Mir fehlten alltagstaugliche Übungen ohne besondere Hilfsmittel.
Ein Tageslehrgang beim DOSB in Frankfurt mit dem Thema „Augenentspannung und Augentraining“ hat mich überzeugt und hat mich zum ganzheitlichen Augentraining geführt. Diese Mischung aus Übungen mit Hilfsmitteln, die erreichbar für jeden sind, Übungen, die überall anwendbar sind, und vielen entspannenden Elemente ist für jeden in den Alltag integrierbar.“
Es sind sowohl Trainerfortbildungen als auch Lehrgänge für Jedermann geplant. Was können die Teilnehmenden erwarten?
Iris Zimmer: „Sehen und den Sehsinn auf eine neue Weise erleben, mit anderen Augen betrachten. Beginnend mit dem Thema „Auge als Teil des Körpers“ führt das modular aufgebaute Programm über die Augenbeweglichkeit, Übungen zum peripheren Sehen, das Fern- und Nahsehen zum beidäugig-räumlichen Sehen bis hin zum visuellen Gedächtnis und zur Achtsamkeit im Alltag.
Ein wichtiger Teil aller Module sind verschiedene Methoden unsere Augen wirkungsvoll und nachhaltig zu Entspannen. Für alle Teilnehmer steht das persönliche Erleben und Erlernen der einzelnen Übungen im Mittelpunkt. Bei der Trainerfortbildung ist es mir ein Anliegen, die Teilnehmer für das Thema Augentraining, Gesunderhaltung der visuellen Leistungsfähigkeit zu sensibilisieren. Das Augentraining als weiteren Baustein zum allgemeinen Training zu betrachten.“
Welches Wissen möchtest du den Teilnehmenden besonders gerne mitgeben?
Iris Zimmer: „Ganz klar, das Wissen um die Funktion des Auges und der Trainierbarkeit bestimmter Funktionen unabhängig davon, ob jemand fehlsichtig oder normalisichtig ist.
Die Teilnehmer sollen lernen, dass beides wichtig ist: zu trainieren und dem Auge auch mal Ruhe zu gönnen. Das Ganze hat so viele Facetten, es ist eine Mischung zwischen Anspannung und Entspannung, und ich glaube, diese Mischung macht es einfach auch.“
Die Mischung macht‘s. Wie setzt du das ich deinen Lehrgängen um?
Iris Zimmer: „Durch eine gute Mischung aus Information, Theorie und praktischer Anwendung. Es ist also nicht nur eine theoretische Fortbildung, da ist auch ganz viel Aktivität enthalten, und das macht es auch aus: Zuerst zuhören und dann erleben, einfach mal reinfühlen: Was macht das mit mir?“
Durch eine gute Mischung aus Information, Theorie und praktischer Anwendung!
Iris Zimmer zu den Inhalten des Lehrgangs und dem Mehrwert für die Teilnehmer
Hast du eine Übung für zu Hause, die man immer machen kann?
Iris Zimmer: „Ja auf jeden Fall. Gähnen und Strecken ist meine persönliche Geheimwaffe. Sie beinhaltet so vieles und macht bei genauer Betrachtung klar, dass das Auge ein Teil des Körpers ist und dieser nicht isoliert betrachtet werden soll. Gähnen und Strecken bewirkt vieles: Es lockert Nacken-, Schulter- und Gesichtspartie. Dem Körper wird mehr Sauerstoff zugeführt. Die Augen schließen sich, was eine Entspannung der inneren und äußeren Augenmuskulatur zur Folge hat. Gleichzeitig werden durch die kurzfristige Anspannung der Muskulatur im Gesicht die Tränendrüsen aktiviert, und diese produzieren dadurch spontan mehr Tränenflüssigkeit. Das Auge wird befeuchtet und intensiv versorgt. Wir kennen das alle, wenn wir gähnen, tränen unsere Augen auch mal so stark, dass uns eine Träne über die Wange läuft. Die natürliche Funktion des Gähnens und Streckens, die auf gesunde Weise sogar ansteckend wirkt, können wir immer und überall aktivieren. Oft reicht schon der Gedanke an ein herzhaftes Gähnen, um diese Funktion auszulösen. Und wenn man mal die Scham vor dem Gähnen verloren hat, gähnt man immer und überall.“