Lehrgänge
Bildung: Referent Stefan Hoffmann zur Online-Aus- und Fortbildung
Die Pandemie wirkt sich nicht nur auf das Sporttreiben aus, sondern trifft den Sport auch an anderer Stelle: Die Aus- und Fortbildung von Trainern kann aktuell nicht in Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden. Deswegen muss sich das Team um Stefan Hoffmann, DSB-Referent für Bildung, Alternativen überlegen. Wie diese aussehen und was er von Online-Maßnahmen hält, verrät er im Interview.
Überall werden Online-Seminare angeboten. Der DSB hat im letzten Jahr bereits mehrere solcher Seminar-Serien mit vielen Teilnehmenden erfolgreich durchgeführt. Wieso tut sich die Aus- und Fortbildung im Verband so schwer damit?
Hoffmann: „Das hat verschiedene Gründe. Es gibt beispielsweise ein Fernunterrichtsschutzgesetz, das beschreibt, ab wann Online-Schulungen anmeldungs- und gebührenpflichtig sind. Das gilt auch für die Bildungsveranstaltungen im organisierten Sport. Zudem schreiben die DOSB-Rahmenrichtlinien vor, dass mehr als 50% der lizenzrelevanten Ausbildung in der Praxis stattzufinden haben. Dazu kommt, dass alle auf eine entsprechende Technik zugreifen können müssen, was in einem großen und traditionsreichen Verband nicht überall möglich ist. Selbst einfachste Online-Anmeldungen müssen durch uns telefonisch moderiert werden. Auf der anderen Seite müssen die Referentinnen und Referenten ihre Ausbildungsunterlagen so entwickeln, dass sie online zur Verfügung stehen und ohne Präsenz vermittelbar sind. Viele wichtige Inhalte sind per Fernlehre einfach nicht zu machen.“
Hast du mal ein Beispiel?
Hoffmann: „Spontan fällt mir eine Szene aus der letzten B-Ausbildung ein: Es ging um den Kniend-Anschlag. Ein Teilnehmer nimmt den Anschlag ein. Nun zeigt der Ausbilder nach unserem Technikleitbild, worauf geachtet werden muss. Die Teilnehmenden sind alles Erwachsene und haben schon Trainererfahrung. Alle beschreiben nacheinander, was ihnen auffällt. Das wird dann diskutiert. Der Ausbilder zeigt dann auch, wie man gewisse Dinge prüfen kann. Beispielsweise drückt er mit einem Daumen von oben auf den Lauf. Je nach Ausweichbewegung und Stärke kann man feststellen, ob der Anschlag sitzt oder nicht. Je nach Reaktion kann sogar beschrieben werden, wo der Anschlag verändert werden muss. Dafür muss man ein Gefühl durch Ausprobieren und praktisches Üben bekommen. In Bildungsdeutsch ausgedrückt: Diese Kompetenz kann ich online nicht erwerben.“
Viele wichtige Inhalte sind per Fernlehre einfach nicht zu machen!
Wie geht der Verband jetzt damit um?
Hoffmann: „Wir haben letztes Jahr mit den Themen „Ernährung“ und „Scatt“ sehr gute erste Schritte gemacht, um lizenzverlängernde Maßnahmen anzubieten. Für eine Verlängerung sind allerdings 15 Lehr-/Lerneinheiten (LE) nötig. Es muss dabei zu einem Kompetenz- oder Erkenntnisgewinn bei den Teilnehmenden kommen.
Wir versuchen, die Web-Phasen mit Selbststudium und weiterer Interaktion zu ergänzen, sodass die 15 LE erreicht werden. Das bedeutet, die Teilnehmenden müssen etwas erarbeiten und vortragen oder vorstellen. Es muss also nachweislich mitgearbeitet werden, wenn man seine Trainerlizenz verlängern möchte. Damit das durchführbar ist, müssen wir die Anzahl derer, die mitmachen können, auf zwölf begrenzen. Eher wiederholen wir die Lehrgänge, wenn sie erfolgreich angenommen werden, als dass inhaltlich nichts rüberkommt. Sinn und Zweck ist es doch, die Trainerinnen und Trainer besser zu machen. „Sitzscheine“ wird es bei uns nicht geben. Wir arbeiten derzeit daran, weitere Inhalte in diesem Format anzubieten.“
Wie ist deine Einschätzung für die Zukunft von Aus- und Fortbildung im DSB?
Hoffmann: „Wie bereits an dem Beispiel aus der Gewehrtrainerausbildung beschrieben, gibt es Themen, für die Leute reell zusammenkommen müssen. Es wird in der Pandemiezeit immer deutlicher, wie wichtig der Sport für die Gesellschaft ist. Der Mensch ist nun mal ein soziales Wesen und der Kern des Sporttreibens ist es, gemeinsam zu trainieren, zu spielen oder sich in Wettkämpfen zu messen. Ja, selbst große E-Sport- oder E-Gaming-Events leben doch davon, dass die Spielenden in einer großen Halle mit Tausenden von Zuschauern zusammenkommen.
Es wird deutlich, dass Web-Seminare momentan eine sinnvolle Zwischenlösung sind, aber langfristig müssen wir wieder zu Präsenzlehrgängen zurückkommen, genauso wie wir auch unseren Sport wieder gemeinsam betreiben wollen.
Sind Online-Lehrgänge nicht wesentlich günstiger und zeitlich flexibler?
Hoffmann: „Das halte ich für einen Trugschluss. Den Teilnehmenden erspart es zwar Reise und Unterkunftskosten, aber eine Internetplattform, die alle Fähigkeiten, wie z. B. Filme hochladen, Chat- und Kommentarfunktion zur Verfügung stellt, ist sehr teuer. Auch die nötige flexiblere Betreuung ist auf der Organisationsseite wesentlich aufwändiger. Wenn, statt an einem Tag in einem Schulungsraum, jetzt Zeiträume zur Onlinebearbeitung von Aufgaben angeboten werden, ist der Aufwand für die Referenten viel höher, weil die Betreuung und Moderation der Themen ebenso flexibel und unmittelbar sein muss.
Das führt zu einem massiven zeitlichen und inhaltlichen Mehraufwand. Das heißt nicht, dass ich das schlecht finde, aber es muss klar sein, dass dieser Mehraufwand für Flexibilität und die Technik (Hard- und Software) teuer ist. Natürlich wird bei einer intensiveren Betreuung auch die Qualität eine viel bessere sein und wir bekommen sehr gute Trainerinnen und Trainer. Und das ist schließlich unser aller Ziel.“
Dein Fazit?
Hoffmann: „Als Fazit könnte man sagen: Der Einsatz der digitalen Möglichkeiten in der Bildung im Sport kann sehr wohl Lehrgänge ergänzen und die Qualität verbessern, aber sie können die Präsenzphasen nicht ersetzen und sind mit großem finanziellem und organisatorischem Aufwand verbunden.“
Hinweis: Online-Fortbildungen & Themenwoche "Trainer" in der nächsten Woche
Im nächsten Halbjahr bietet der DSB zwei Online-Fortbildungen für Trainer zu den Themen Scatt & Psychologie (siehe Links unten). In der nächsten Woche beschäftigt sich die DSB-Themenwoche mit dem Thema Trainer. Was zeichnet einen guten Trainer aus? Wie sieht der Weg, wie sehen die Möglichkeiten aus? Was muss ein Trainer in der Arbeit mit Sportlern beachten? etc.