International

Bogen-EM begann mit Schützen-Streik

13.09.2006 00:00

Mit einem absoluten Novum, nämlich einem Streik der Sportlerinnen und Sportler, wurden die Europameisterschaften der Bogenschützen in Athen (Griechenland) heute Morgen eröffnet. Die Teilnehmer protestierten durch Einstellung des Trainings gegen die Gestaltung des Terminplans, der sie durch die lange Anfahrtszeit vom Hotel zum Schießplatz dazu zwang, bereits in der Nacht aufzustehen, um pünktlich um acht Uhr die ersten Pfeile abzugeben.

Die griechischen Ausrichter, auch hier Meister der Improvisation, lösten das Problem, indem sie den Zeitplan flugs um eine Stunde verschoben, was bei einiger Überlegung auch schon vorher hätte geschehen können. Man hätte sich den berechtigten Protest der Teilnehmer ersparen können.

Danach begannen die Qualifikationsrunden im ehemaligen olympischen Reiterstadion von 2004, rund 20 Kilometer außerhalb der Athener Innenstadt gelegen, planmäßig. Heftige Böen mit Stärken von sieben bis acht sorgten jedoch für widrige Verhältnisse, die das Schießen zu einem Glücksspiel machten.

So erwischte es im olympischen Recurvebogen der Herren gleich in der ersten Passe Peter Sach (Falkensee/Foto), der sich bei diesem heftigen Wind ein wenig Zeit lassen wollte, dann aber unter Druck geriet und den letzten Pfeil nicht mehr auf die Scheibe abgeben durfte, da die vier Minuten Schießzeit verstrichen war. Mit 42 Ringen beendete er seine erste Passe. Michael Frankenberg (Hagen a.T.W.) und Christian Weiss (Erbach) eröffneten mit jeweils 48 Ringen.

„Das war schon sehr ärgerlich“, sagte Peter Sach, der zum ersten Mal bei einer so wichtigen internationalen Veranstaltung im DSB-Team stand, nach der Qualifikation, „aber es war ja nicht nur der eine Schuss. Durch diesen enormen Wind hatte ich zu Beginn des Wettbewerbs häufig den Bogen abgesetzt, um nicht einfach nur draufzuhalten. Zum Schluss waren in der Auftaktpasse nur noch zwanzig Sekunden auf der Uhr, ich aber hatte noch drei Pfeile im Köcher. Dann war ich gezwungen, zu schießen, aber drei Pfeile noch zu platzieren, dafür hat die Zeit einfach nicht mehr ausgereicht. Ich habe noch nie bei derartigen Windverhältnissen geschossen und hoffe nun, dass sich wenigstens morgen das Wetter ein wenig ändert und regulärere Verhältnisse als heute herrschen.“

Aber trotz widriger Witterungsverhältnisse kamen alle drei deutschen Teilnehmer in die Direktausscheidung am Freitag. Michael Frankenberg erzielte 568 Ringe und wird als 17. ins Rennen gegen Emil Akchurin (Aserbeidschan) gehen. Christian Weiss wurde mit 551 Ringen 29. und hat nun Bahadir Agdere (Türkei) zum Gegner und Peter Sach belegte mit 533 Zählern Rang 45 und muss sich mit Pieter Custers (Niederlande) auseinandersetzen.

Auf Position eins nach der Qualifikation wieder einmal wie so oft der Weltmeister von 2003 in New York, Michele Frangilli (Italien), der nicht nur mit 609 Ringen bei diesem Wind eine Klasse für sich war, sondern erst vergangene Woche sich in Göteborg (Schweden) im Finale gegen Sebastian Rohrberg den WM-Titel im Feldbogen geholt hatte.

Das deutsche Team belegte in der Mannschaftswertung den siebten Rang und muss nun morgen gegen die Auswahl aus Polen auf die Bahn.

Im Compoundbogen der Damen stehen ebenfalls alle drei deutschen Schützinnen in der Direktausscheidung. Dorith Landesfeind (Felsberg/Foto) konnte sich dabei mit 611 Ringen unter die „Top Ten“ schießen und wurde nach 2 x 36 Pfeile heute Neunte. Damit hat sie am Freitag in der ersten Runde ein Freilos.

Sabine Jagemann (Duderstadt), die zum ersten Mal an einer Europameisterschaft teilnimmt, schlug sich hervorragend und kam mit 592 Ringen auf den 22. Platz in dieser international hochklassigen Konkurrenz. Sie muss nun in der KO-Runde gegen Julia Benito (Spanien) antreten.

Andrea Weihe (Saalfeld), wie Dorith Landesfeind Mitglied des deutschen Bronzeteams der WM 2003, kam mit 589 Ringen auf den 25. Platz und schießt in der ersten Runde der Direktausscheidung gegen Vasiliki Spithouraki (Griechenland).

Die deutschen Damen wurden Vierte in der Teamwertung und haben dadurch in der ersten Runde der Mannschaftsentscheidung zunächst einmal ein Freilos. Im Viertelfinale geht es dann gegen die Niederlande.

Bis in die frühen Abendstunden mussten die Damen im Recurve- und die Herren im Compoundbogen ihre Qualifikationen bestreiten, weil sich die Anfangszeiten ihrer Wettkämpfe durch weitere Transportprobleme verschoben hatten.

Die deutschen Bogenschützen erwiesen sich jedoch auch in diesen beiden Disziplinen heute als sturmfest, denn der Wind war auch nachmittags kaum abgeebbt. Das beste Ergebnis aus Sicht des DSB erzielte bei den Damen Veronika Haidn-Tchalova (Deggendorf/Foto), die sich mit 569 Ringen auf Platz acht vorkämpfen konnte. Ihre Gegnerin in der Direktausscheidung am Freitag wird Elena Mousikou (Zypern) sein.

Nur knapp dahinter folgte Lisa Unruh (Berlin), mit 561 Zählern und Rang elf. Die erst 18-jährige Schützin aus der Hauptstadt hatte sogar über weite Distanzen des Wettkampfes unter den besten Zehn Europas gelegen, fiel erst zum Schluss ein wenig ab, was aber ihre Leistungen und die gute Platzierung keinesfalls schmälerte. Für sie heißt die Hürde in der Auftaktbegegnung Jelena Malasa (Lettland).

Zum erfolgreichen Auftreten der Recurvedamen trug auch Karina Winter (Berlin) bei, die mit 552 Ringen im oberen Drittel der Konkurrenz auf Platz 16 ins Ziel kam. Sie wird sich mit Anita-Avi Atla (Griechenland) in der Direktausscheidung messen müssen.

Die Damenmannschaft kam in der Teamwertung hinter Polen und der Ukraine auf Platz drei und steht morgen im Achtelfinale zunächst Lettland gegenüber.

Sehr gut auch die Compoundherren, die mit Paul Titscher (Glindow/Foto) und Stefan Griem (Berlin) gleich zwei Schützen unter die Top Ten Europas heute brachten. Der junge Paul Titscher belegte mit 657 Ringen den neunten, direkt dahinter folgt der Routinier und „Kader-Älteste“ Stefan Griem, der mit 655 Ringen und dem zehnten Platz so manch einem Jüngeren davongezogen war. Paul Titscher muss im ersten Durchgang der Elimination nun gegen Jonathan Mynott (Großbritannien), Stefan Griem gegen Robert Janak (Slowakei) schießen.

"Zum Schluss hat es richtig Spaß gemacht, bei diesem Wind zu schießen", so der 37-jährige Diplom-Ingenieur, "da musste man jede Chance ausnutzen und schnell schießen, wenn der Wind einmal nicht so heftig blies." 

Thomas Hasenfuss (Hohenberg) schlug sich ordentlich und kam mit 636 Ringen und dem 40. Platz ebenfalls in die Direktausscheidung, wo er mit Stephane Dardenne (Frankreich) eine recht hohe Hürde vor sich hat.

Hinter Frankreich und Dänemark belegte das DSB-Trio nach der Qualifikation Platz drei und das bedeutet, dass die Mannschaft aus Russland der erste Gegner für die drei Herren mit dem Compoundbogen sein wird.

 

Die kompletten Resultate der Europameisterschaften der Bogenschützen in Athen finden Sie nach Abschluss der jeweiligen Wettkämpfe hier.