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Bogenschützen spielen „Großes Theater“

15.02.2006 00:00

In der Schaubühne Berlin gibt es zur Zeit etwas Ungewöhnliches zu bestaunen. Bogenschützen des dortigen Bundesstützpunktes, darunter auch Mitglieder der Nationalmannschaft des Deutschen Schützenbundes, stehen auf den „Brettern, die die Welt bedeuten“ und sind Teil der Inszenierung von Schillers „Maria Stuart“ durch Regisseur Luk Perceval (Belgien), der für seine Inszenierung von Racines Tragödie „Andromache“ 2003 mit dem bedeutenden Friedrich-Luft-Preis als beste Inszenierung des Jahres ausgezeichnet wurde.

 

Neben vielen anderen Besuchern kamen zur Premiere des Stückes auch Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker und der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Die Berliner Tagespresse urteilte vor allem über den Einsatz der Bogenschützen mit ihren High-Tech-Geräten sehr positiv.

Die Berliner Morgenpost schrieb in ihrer Kritik: „Luk Perceval sorgt für allerlei Witzchen und sportliche Einlagen. Wir sehen Liz und Leicester beim Federball. Die große Auseinandersetzung der Königinnen wird auf einem über die volle Bühnenbreite schwingenden Schaukelbalken (der sprichwörtliche Wink mit dem Zaunpfahl!) ausgetragen. Höhepunkt metaphorischer Illustration ist der mehrfache Einsatz einer offenbar vom Deutschen Schützenbund und vom Fachhandel beratenen Bogen-Mannschaft, die treffsicher ihre Pfeile quer über die Bühne schnellen läßt. Um mit Leicester zu sprechen: "Ey - toll!"

Auch der Tagesspiegel schreibt launig: „Sport scheint überhaupt die einzige Entspannung am Hofe zu sein, Sex jedenfalls nicht. Mit stoischer Gelassenheit marschieren Bogenschützen auf, von einem richtigen Sportverein. Legen an mit ihren High-Tech-Bögen – es ist eine große Schau, wie die Pfeile quer zur Rampe durch die Luft sirren und sich mit unwiderstehlicher Eleganz in die gewaltigen Zielscheiben bohren. Schauspieler sind bei den Schießdarbietungen nicht in Gefahr. Oder nur insoweit, als kein Akteur an die Präzision der Schützen heranreicht.

Man hat in England übrigens herausgefunden, dass Bogenschützen in der Zeit vor der Erfindung der Feuerwaffen übermenschliche Kräfte besaßen. Ein durchschnittlich gebauter Mann von heute wäre nicht in der Lage, einen solchen alten Bogen zu spannen. Das hat viel mit Schiller und der Schaubühne zu tun. Und mit diesen Frauen und Männern.“

Den jungen Bogenschützen macht der Auftritt in einem Bühnenklassiker jedoch viel Spaß. Sicherlich ein reizvoller Ausflug vom Sport in ein ganz anderes Genre.

„Maria Stuart“ steht übrigens noch bis Ende März 2006 auf dem Programm der Schaubühne am Lehniner Platz, wie das Theater offiziell mit vollem Namen heißt.

Die genauen Aufführungstermine finden Sie hier.