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DDR-Königskette für das Deutsche Schützenmuseum

15.10.2004 00:00

Das Deutsche Schützenmuseum auf Schloss Callenberg bei Coburg wird in seinem zweiten Bauabschnitt die Kette eines Schützenkönigs in der DDR zeigen. Der Gothaer Schützenhistoriker Hans-Joachim Beck stellt dieses seltene Exemplar der DSB-Sammlung zur Verfügung. Er selbst war 1988 letzter Schützenkönig in Gotha vor der Wende. Die Kette ist aus Kupfer und trägt die Schilder von 13 Schützenkönigen seit 1966. Das Hauptschild zeigt Schloss Friedenstein.

 

In der jungen DDR waren Schützenfeste als Ausdruck reaktionären Gedankenguts zunächst verboten. Jeglicher „König“ galt sowieso als Relikt und Inbegriff des längst überwundenen Feudalismus. Aber auch im Sozialismus wollte früher oder später gefeiert werden, und in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts schloss auch der Arbeiter- und Bauernstaat mit einigen Abwandlungen an überkomme Festkulturen an. Hausgemeinschaftsschützenfeste, Straßen-, Betriebs- und Ortsschützenfeste sollten die Menschen an schießsportliche Betätigung heranführen.

Die erforderlichen Materialien wie Luftgewehre, Rundkugeln, Scheiben, Schießbuden und Personal, so schreibt Hans-Joachim Beck in seinem Buch über das Sportschießen in der DDR, stellte die Gesellschaft für Sport und Technik (GST). Die Volkseigenen Betriebe (VEB) hatten aus ihrer Konsumgüterproduktion kostenlos Sachpreise zur Verfügung zu stellen.

Nach und nach hielten die alten Bräuche wieder Einzug: Es gab Umzüge mit Marschmusik und Fahnen, wobei die Fahnen der DDR, der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und der GST freilich vorangingen, Schützenbälle, Ehrenscheiben und gelegentlich sogar das Scheibennageln am Haus des Königs. Die Schützenfeste fanden an sozialistischen Feiertagen, am 1. sowie am 8. Mai, oder am Jahrestag der Staatsgründung, dem 7. Oktober, statt.

In Gotha, wo sich auch die SED der alten Schützentradition bewusst war, erlebte das Schützenfest und das Königschießen eine ganz besondere Ausprägung. Die Vorausscheidungen mit einigen Tausend Teilnehmern fanden in der ganzen Stadt und in allen Bertieben statt. In vier Klassen (Männer, Frauen, Mädchen, Jungen) wurde am Samstag vor dem Tag der Republik eine Endausscheidung und schließlich ein Finale mit jeweils nur einem einzigen Tiefschuss ausgetragen. Der Bürgermeister persönlich nahm die Ehrung vor und bat die Schützenkönige und -königinnen zum Eintrag ins Ehrenbuch der Stadt. Im Jahr 1978 ließ man sogar vom Armeefilmstudio der DDR einen Farbfilm über das Gothaer Schützenfest drehen, der als Lehrfilm für andere Städte diente und ausgeliehen werden konnte.

Dieser Film wird ebenfalls demnächst im Deutschen Schützenmuseum zu sehen sein. Die Eröffnung des zweiten Bauabschnitts ist für Spätsommer 2005 geplant. Er wird auch die Entwicklung der beiden Nachkriegsverbände umfassen.

Beitrag: Stefan Grus