Weltmeisterschaften

Deutsche Damen kämpfen um WM-Medaillen

03.10.2013 12:03

Die deutschen Bogenschützen sind bei den Weltmeisterschaften in Antalya so erfolgreich wie lange nicht mehr. Kristina Berger (Surberg/Foto) steht am Samstag im Finale mit dem Compoundbogen um Gold, Karina Winter (Berlin) bestreitet am Sonntag mit dem olympischen Recurvebogen das kleine Finale um Bronze.

 

Seit Bettina Thiele 2001 bei der WM in Peking Silber gewann, stand keine deutsche Schützin mehr in einem Finale bei Welttitelkämpfen. Die Doppeleuropameisterin von Amsterdam 2012 machte es im Halbfinale gegen Maja Orlic (Kroatien) sehr spannend, denn nach einer beruhigenden Führung, die Kroatin hatte bei Windstärke acht in den Böen einen Pfeil neben die Scheibe gesetzt, passierte der Bayerin im vierten Durchgang das gleiche Malheur.

85:83 stand es aus deutscher Sicht vor den letzten drei Pfeilen und bei dem Lotteriespiel heute, der Wind riss sogar die Beachflags weg, die auf dem Feld aufgestellt waren, war nicht abzuschätzen, wer am Ende die Nase vorn haben würde. Es galt einzig und allein, kurze Abschnitte zu finden, um den heftigen Böen zu entgehen. 22:22-Gleichstand war das Ergebnis und damit stand fest, dass Kristina Berger mit einem Gesamtresultat von 107:105 gewonnen hatte und nun den Titel in greifbarer Nähe weiß. Nach dem Match feierte die gesamte Compoundmannschaft den Erfolg (Foto).

„Jetzt kann ich endlich den Wind genießen“, sagte die Finalistin freudestrahlend nach dem gewonnenen Halbfinale, „im Wettkampf sah es dagegen ganz anders aus. Ich bin völlig geschafft und froh, dass es vorbei ist. Ich muss das Ganze erst einmal sacken lassen. Das war heute das reinste Glücksspiel mit dem Wind. Eigentlich schade, denn als Schütze kommt man zu einer WM, um seine beste Leistung zu bringen. Dies war heute bei den widrigen Witterungsbedingungen definitiv nicht möglich. Natürlich freue ich mich riesig, dass ich es in das Finale um den Titel geschafft habe.“

Sie besiegte im Sechzehntelfinale die Viertplatzierte nach der Qualifikation, Swetlana Chekaschnewa (Russland), im Stechen mit 9:8, nachdem beide Schützinnen vorher 139 Ringe erzielt hatten. Anschließend ließ sie Linda Ochoa (Mexiko) beim 126:113 keine Chance und auch Marcella Tonioli (Italien) musste sich ihr im Viertelfinale beim 119:111 beugen.

Sabine Sauter (Waal), die bisher in Antalya mit ihren Leistungen überzeugte, erwischte es in der Partie gegen Marcella Tonioli ganz hart, denn die junge Bayerin verschoss bei diesen widrigen Witterungsverhältnissen zwei Pfeile in der ersten Passe und lag aussichtslos zurück. Sie verlor die Begegnung schließlich mit 99:125.

Trainer Robert Hesse erklärte dieses Pech: „Wir haben bei extremem Sturm geschossen und es ist im Bogensport nicht unüblich, sodass der Körper nicht sillstehen kann. Die äußeren Kräfte sind einfach zu groß. Wenn man wie Sabine Sauter eher klein ist, vielleicht auch noch ungünstig steht und ein Auslösegerät hat, das intuitiv arbeitet und nicht auf Befehl, dann hat man gewisse Nachteile bei diesem Wind. Das ist, wie wenn man aus einem fahrenden Lastwagen schießt, man kommt nicht zur Ruhe. Manchmal hat man das Glück, dass man zum rechten Zeitpunkt löst, wenn der Wind nachlässt, manchmal aber auch nicht und dann fliegt der Pfeil vorbei. Es war heute ein Lotteriespiel, doch Sabine Sauter hat bei dieser WM bisher perfekt geschossen. Sie gehört technisch zu den besten zehn Schützen der Welt.“

Marcus Laube (Seelze), der einzige deutsche Starter, der noch in der Konkurrenz verblieb, besiegte zunächst Peter Elzinga (Niederlande), den Sechsten nach dem Vorkampf, mit 133:128, musste dann aber im Achtelfinale gegen Pierre Julien Deloche (Frankreich) beim 131:138 als Verlierer vom Platz. Sicherlich aber keine Enttäuschung, denn er kam auf den neunten Rang und lag in diesem Jahr bei allen seinen internationalen Auftritten innerhalb der besten Zehn.

Karina Winter (Foto) zeigte eine entschlossene und kämpferische Leistung auf ihrem Weg ins kleine Finale um Bronze. In ihrer ersten Begegnung des Tages musste sie im Sechzehntelfinale gegen Rebecca Martin (Großbritannien) hart kämpfen, um nach einem Stechen mit 9:9 weiter zu kommen. Die Berlinerin setzte den Pfeil näher zum Scheibenzentrum als die Britin. Karina Winter lag in diesem Match schon 0:4 zurück, als sie sich wieder in die Partie hineinkämpfte und schließlich zum 5:5 ausgleichen konnte. Übrigens ein sehr seltenes Bild von Karina Winter, denn sie schießt immer mit Hut. Der wurde ihr heute während des Wettkampfes vom Kopf gefegt.

Im Achtelfinale gegen Ming Cheng (China) zeigte sie beim klaren 6:2 eine Klasseleistung und im Viertelfinale gelang ihr eine kleine Sensation, als sie die nach dem Vorkampf Drittplatzierte, Hye Jin Chang (Südkorea), mit einem klaren 7:1 aus dem Wettkampf warf.

Die Körpersprache der Hallenweltmeisterin von 2009 war auch vor dem Halbfinale gegen Jing Xu (China) optimistisch. Nach einer 2:0-Führung nach der ersten Passe wurde sie jedoch langsamer in ihrem Schießrhythmus und das hatte zur Folge, dass die Chinesin ausglich und schließlich mit 6:2 gewann.

Trotzdem ist es der bisher größte Einzelerfolg einer deutschen Schützin seit der Weltmeisterschaft 1997, als Cornelia Pfohl (Berlin) in den Kampf um die Medaillen eintreten konnte.

„Der Einzug ins Bronzefinale ist überwältigend“, so Karina Winter nach der Vorschlussrunde, „das war einfach Mega. Jedes Finale, das ich bestreiten darf, ist ein neues Ziel und bringt mich weiter. Das ich heute ins Halbfinale gekommen bin, hatte ich sicherlich nicht erwartet. Mein Ziel waren die Top Acht oder unter die besten Sechzehn. Jetzt um die Medaillen mitzuschießen ist ganz stark. Am Strand, wo die Finals stattfinden, ist es sicherlich genauso windig wie heute hier und daher konnte ich schon einmal üben. Es wird darum gehen, den richtigen Moment abzupassen und ein wenig Glück zu haben. Auf jeden Fall freue ich mich auf das Finale um Bronze und bin natürlich hochzufrieden mit meiner Platzierung.“

Elena Richter (Berlin) hatte in ihrer Begegnung gegen Natalia Erdiniewa (Russland) nicht das Glück wie Karina Winter. Die deutsche Olympiateilnehmerin von London 2012 verlor ein Stechen mit 8:8. Ihr Stechpfeil war weiter von der Scheibenmitte entfernt, als der der Russin. Vorher lieferten sich beide eine umkämpfte Partie, die beim Stand von 5:5 dann in ein Shoot-off mündete.

Lisa Unruh (Berlin) kam mit ihrer Gegnerin Dola Banerjee (Indien) heute nicht zurecht und verlor die Begegnung im Sechzehntelfinale klar mit 0:6.

Bei den Herren kam der einzige deutsche Starter, der das Sechzehntelfinale erreicht hatte, ebenfalls nicht weiter. Simon Nesemann (Nürnberg) unterlag Kapil (Indien) mit 4:6.

Am Nachmittag fanden die Mannschafts-Direktausscheidungen bis zum Halbfinale statt. Während die DSB-Herren in der Qualifikation scheiterten, machten sich die drei deutschen Damen Hoffnungen auf eine vordere Platzierung. Nach Deutschem Rekord und Rang drei im Vorkampf waren die Voraussetzungen für das Überstehen der ersten Runde gelegt.

Der Wind war gegen Weißrussland sogar noch stärker als am Morgen und bereits nach der ersten Passe wurde deutlich, dass dies kein normales Match werden würde. Mit 42:36 führten die Weißrussinnen, die bisher nicht sonderlich in Erscheinung getreten waren.

Zur Hälfte der Partie hatten die drei deutschen Damen die Begegnung gedreht, denn nun führten sie plötzlich mit 82:81. Immer wiederkehrende Turbulenzen brachten die Schützinnen in Verlegenheit. Durch die kurzen Zeiten konnte nicht gewartet werden. Selbst in den schwersten Böen mussten die Pfeile ins Ziel.

121:127 hieß es aus deutscher Sicht nach Durchgang drei und da in der Abschlusspasse der Wind etwas abflaute, hatten beide Teams zwar etwas mehr Stabilität in ihren Schüssen, aber es war klar, dass der Rückstand daher auch nicht mehr aufzuholen war. Mit 166:175 schied das deutsche Trio bereits in der ersten Runde aus.

Bundestrainer Oliver Haidn mit seinem Fazit: „Mir tut es sehr leid für unsere Damen, die in der Qualifikation so viel Charakter gezeigt haben. Sie haben gegen Weißrussland sicherlich tapfer gekämpft, aber die Pfeile wurden geradezu vom Winde verweht, wie sich jeder vor Ort überzeugen konnte. Mit dem Abschneiden, ob Wind oder nicht, können wir daher nicht zufrieden sein, denn wir wollten uns auf jeden Fall unter den ersten Acht platzieren, was uns in den letzten zwei Jahren auch immer gelungen ist und dies über alle internationalen Wettkämpfe hinweg. Das war heute ein Glücksspiel, aber lamentieren hilft nicht. Wir müssen jetzt weiter arbeiten und uns noch besser auf solche Verhältnisse einstellen. Dass wir in der Lage sind, mit unseren Damen vorne mitzuschießen, haben wir in der Vergangenheit oft genug bewiesen.“

Alle Ergebnisse der Weltmeisterschaften Bogenschießen in Antalya finden Sie nach Abschluss der Wettbewerbe über diesen Link.