International

„Diese Saison hat mich geschult und ich bin härter geworden“

15.09.2003 00:00

Ein an Spannung kaum zu überbietendes Stechen um Gold, Silber und Bronze war noch nicht lange vorüber, ein strahlender Karsten Bindrich (Eußenhausen) stand auf dem obersten Medaillentreppchen (Foto) und Deutschland hatte nach 13 Jahren wieder einen Weltmeister im Trap. Der Wettkampf kostete Nerven, nicht nur die Schützen, sondern auch die Trainer, Betreuer und die ganze deutsche Kolonie, die Karsten Bindrich alle kräftig die Daumen drückten.

 

Mit dem neuen Weltmeister führten wir das folgende Interview:

„Herr Bindrich, was ging Ihnen durch den Kopf, als Ihnen die neunte Scheibe im Finale vorbei flog ?“

„Ich habe den Fehler einfach hingenommen und weggesteckt. Ich wollte vorne meine Arbeit erledigen, gut erledigen. Als dann nach 25 Scheiben Alipow, Pellielo und ich ins Stechen um Gold, Silber und Bronze mussten, hatte ich vielleicht einen kleinen Vorteil dadurch, dass ich mit diesem Ergebnis schon einen Quotenplatz geholt hatte. Der wahnsinnige Druck war dadurch ein wenig von mir genommen, denn ich hatte mein erstes Ziel erreicht. Ich spürte kaum noch Aufregung und konnte relativ locker weiter schießen.“

„Alipow war dann frühzeitig an der zweiten Stechscheibe gescheitert, wie empfanden Sie das Duell gegen Pellielo ?“

„Pellielo hatte ein hevorragendes Resultat während der drei Tage hier geschossen, er ist ein absoluter Weltklasseschütze und ich dachte mir dann: Jetzt bist Du so weit gekommen, jetzt hälst Du auch voll dagegen, um den Italiener wenigstens noch ein wenig zu ärgern.“

„Das hat ja in Ihrem Sinne bestens geklappt, denn Sie wurden neuer Weltmeister. Was bedeutet Ihnen dieser Titel ?“

„Mein Leben wird sich durch diesen Titel nicht ändern. Schon seit dem Jahr 2001 bin ich relativ erfolgreich und dieses Jahr war sicherlich der Höhepunkt. Ich habe gute Berater und mein Vereinswechsel zu Westfalenland Münster war für mich sicherlich die richtige Entscheidung, um den Anschluss an die Weltspitze zu halten. Ich kann meinen Spezialtrainer Frank Günther zu den Wettkämpfen mitnehmen und zusammen mit den Bundestrainern Wilhelm Metelmann und Axel Krämer bilden wir ein tolles Team.“

„Gab es auch Momente in diesem Jahr in denen Sie unzufrieden waren ?“

„In Lonato hatte ich so ein schlechtes Gefühl, denn ich als Vierter aus dem Finale gegangen und der Dritte holt den Quotenplatz. Da ist man so nahe dran und trotzdem schnappt ein anderer Dir das Olympiaticket weg. Das ist dann schon bitter.“

„Sie sind quasi Nachfolger von Jörg Damme, der 1990 zum letzten Mal eine Goldmedaille bei einer Weltmeisterschaft im Trap für Deutschland gewinnen konnte und Sie haben ja auch noch gemeinsam die deutschen Farben bei großen internationalen Ereignissen vertreten. Wie ist der Kontakt heute noch zu Ihrem Vorgänger ?“

„Wir haben einen sehr guten Kontakt miteinander. Jörgs Sohn Rene, der ja auch ein exzellenter Schütze ist, und ich fahren manchmal gemeinsam zu Wettkämpfen und natürlich tauscht man sich dabei über gemeinsame Fragen aus.“

„Was steht Ihre Familie zu Ihrer Leistungssportkarriere ?“

„Meine Familie steht hundertprozentig hinter mir, meine Frau zieht da voll mit und ich glaube vor allem meine sechsjährige Tochter Sarah – unser Sohn ist noch ein bisschen zu jung – wird jetzt ganz schön stolz auf ihren Papa sein.“

„Sie sagten es vorhin schon, für Sie war dieses Jahr das Erfolgreichste in Ihrer Karriere. Zum Abschluss die Frage, gib es etwas, was sich in dieser Saison geändert hat ?“

„Ja, ich glaube, diese Saison hat mich geschult. Viele Leute hatten von mir erwartet, dass ich im Wettkampf härter werde, denn oft hatte ich das Problem, den Wettkampf von vorne bis hinten durchzuziehen. Ich denke, ich bin härter geworden. Ich bin hier mit Selbstvertrauen an den Start gegangen, dies hatte ich von Lonato mitgebracht und es hat sich ausgezahlt. Jetzt kann niemand mehr sagen: Karsten Bindrich ist ein begnadeter Schütze, aber es hat nie für ganz vorne gereicht. Jetzt habe ich den Weltmeisterschaftstitel geholt.“