Deutsche Meisterschaften
DM Auflage Hannover: Ehrgeiz, Spaß und Geselligkeit
Es ist immer ein großes Hallo, wenn die Auflageschützen nach Hannover zur Deutschen Meisterschaft Auflage kommen. So auch dieses Mal, als die Schützinnen und Schützen der Altersklassen I (51 bis 60 Jahre) bis V (76 Jahre und älter) mit knapp 1700 Starts für vier Tage den Schießstand in Beschlag nahmen.
So beispielsweise Bernd Becker (SV Weidenau). Der Gewehrschütze findet Halt in seinem Sport, erst recht, als ihm seine Kameraden wegen Krankheit und Tod wegbrachen. Deswegen konnte er sich über seinen Titel mit dem 50m KK-Gewehr in der Altersklasse IV (310,7 Ringe) nach außen nicht so richtig freuen: „Innerlich ist es das Größte, da freue ich mich wie ein Schneekönig“, gab er ein wenig Einblick in sein Seelenleben. Bevor er die Siegermedaille entgegennehmen konnte, war es jedoch ein Nervenspiel: „Ich musste lange Warten, bin auf und ab gegangen, habe mich mit Kollegen unterhalten und habe versucht, nicht daran zu denken, dass der Wind nachgelassen hat. Das war zwischen Himmel und Hölle.“ Am Ende reichte es mit 0,5 Ringen Vorsprung vor Manfred Hein (SC Tell Schmalbroich 1932) und weiteren 0,2 Ringen vor Rolf Monius (SSV Tüschenbroich 1972) zum Titel. Tags darauf gewann Becker noch Silber auf der doppelten Distanz, nur Raimund Siebein (ZSG Bavaria Unsernherrn) war noch besser. Beckers größter Wunsch ist allerdings, ein Team zu finden: „Ich suche händeringend eine Mannschaft. Ich weiß, alleine bin ich nicht mehr so konkurrenzfähig – ich schieße gerne Mannschaft.“
Das tut vielleicht auch Valerius Rack (SG 1868 Bad Werneck), doch der Pistolenschütze der Altersklasse I ist auch alleine an der Linie ein Top-Schütze. Rack holte sich sowohl mit der Freien Pistole als auch der Luftpistole die Titel. Mit der Freien Pistole entthronte er zunächst mit 294 Ringen Titelverteidiger Markus Blass (SV St. Hub. Fraulautern, 291), war aber gar nicht besonders einverstanden mit seiner Leistung: „Ich bin nicht sehr zufrieden, freue mich aber über den Titel.“ Auf jeden Fall zeigte sich der gebürtige Kasache als fairer Sportsmann und sagte dem Konkurrenten: „Entschuldige, dass ich heute gewonnen habe.“ Das Schießen hätte er damals in der Schule in Kasachstan gelernt, zunächst mit dem Gewehr, ehe er einmal die freie Pistole zum Probieren in die Hand genommen hätte: „Danach habe ich das Gewehr nicht mehr in die Hand genommen. Das Pistolenschießen war irgendwie meins, nach einem halben Jahr war ich kasachischer Meister.“ Und jetzt zweifacher Deutscher Meister 2023, denn auch mit der Luftpistole siegte Rack mit 309,9 Ringen vor Ralf-Peter Müller (SV St. Hub. Fraulautern) und Christoph Beckmann (KKSV Buchholz), die 0,8 bzw. 1,2 Ringe hinter dem Deutschen Meister blieben.
Dass bei allem sportlichen Ehrgeiz der Auflage-Senioren der Spaß und die Geselligkeit nicht zu kurz kommt, dafür ist Dieter Bramesfeld (SGi Goldener Hahn) ein hervorragendes Beispiel. Vor kurzem feierte der Luftpistolenschütze seinen 93. Geburtstag – damit war er der älteste DM-Teilnehmer in Hannover: „Sportschießen bringt mir Spaß, die Luftpistole liegt mir. Ich trainiere zweimal in der Woche in der Schützengilde, danach gibt es ein Bierchen. Das gehört einfach dazu, und dieses Familiäre hält den Verein auch zusammen, und der Schießsport hält mich jung.“ Stolze 284,7 Ringe brachte Bramesfeld auf die Scheibe in der Altersklasse V und wurde damit 41. Der Sieg ging an Bernd Rahn (Nord-Berliner SGem) mit 309,2 Ringen. Nachdem Bramesfeld 1970 mit dem Luftgewehr begann, fing er zehn Jahre später mit der Luftpistole an, seitdem ist er dem Sport mit der Kurzwaffe verbunden. „Man kommt unter Leute, und den Ehrgeiz, Ringe zu bringen, habe ich auch noch“, berichtet der Norddeutsche. Und trotz der Lebens- und Schießerfahrung gab er zu: „Am Anfang war ich nervös. Man ist erstaunt, wenn 40 Schützen neben einem stehen. Das ist anders als sonst, wenn bei uns acht Personen nebeneinanderstehen.“
(Eckhard Frerichs&EB)