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DSB-Ausbildung: Manfred Gohres über eine DSB-Premiere
Vom 14. bis 16. Mai ist es soweit: Dann findet erstmals in der DSB-Geschichte ein (Luftgewehr-)Wochenendlehrgang für Menschen mit Behinderung im neuen, komplett barrierefreien Bundesstützpunkt Wiesbaden/Frankfurt am Main statt. Grund genug, sich einmal mit Manfred Gohres zu unterhalten, der durch den Lehrgang führt. Ein zweiter Lehrgang dieser Art – dann für Bogen, Gewehr und Pistole – ist im Laufe des Jahres auch noch geplant.
Du wirst den ersten vom DSB angebotenen Lehrgang für Menschen mit Behinderung durchführen. Was befähigt dich, diese Premiere durchzuführen?
Manfred Gohres: „Ich glaube, sagen zu können, dass meine Kenntnisse in diesem Bereich sehr weitreichend sind. Seit dem Jahr 2000 bin ich im Behindertensport tätig und war bis 2018 Bundestrainer in der Nationalmannschaft des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS). Während dieser Zeit habe ich mit den zu betreuenden Sportlern an vier Paralympischen Spielen teilgenommen und jedes Mal mindestens eine Medaille gewonnen. Ich habe auch im internationalen Bereich viel Erfahrung gewinnen können und konnte einiges bewirken, sei es auf internationalen Wettkämpfen oder beim Trainieren von behinderten Sportlern aus dem Ausland.“
Wie kam es dazu, dass du dich der Arbeit mit behinderten Sportschützen widmest?
Manfred Gohres: „Ich war viele Jahre Co-Trainer der Jugend-Nationalmannschaft des DSB. Ich hatte schon immer Spaß daran, als Trainer zu arbeiten und mit jungen Sportlern Erfolge zu haben. Nicht nur im Behindertensport. Für mich war es immer interessanter, mit den Nachwuchssportlern von klein auf ihre Erfolge zu erarbeiten, als einen bereits sehr erfahrenen Sportler zu trainieren. 2001 machten mich Trainer-Kollegen darauf aufmerksam, dass der DBS einen Trainer für seine Sportschützen sucht. Ich habe mich beworben und wurde auch genommen.“
Ich sehe da keine Unterschiede mehr und gestalte meine Pläne und mein Vorgehen auch nicht anders!
Du hast viel mit behinderten und nicht-behinderten Sportlern trainiert. Gibt es Unterschiede im Training oder dessen Aufbau?
Manfred Gohres: „Sportfachlich gibt es keine Unterschiede. Man muss eben auf die bestehende Behinderung eingehen und zum Beispiel das Aufwärmtraining den Gegebenheiten anpassen. Ich sehe da keine Unterschiede mehr und gestalte meine Pläne und mein Vorgehen auch nicht anders.“
Was kannst du zu der generellen Arbeit mit behinderten Sportlern sagen? Ist es schwieriger, emotionaler, erfüllender?
Manfred Gohres: „Es ist anders. Ich habe des Öfteren erlebt, dass einige behinderte Sportler sehr fordernd sein können. Der Großteil passt sich aber an. Es gibt nun einmal nicht überall Rampen und Aufzüge. Da muss man eben andere Lösungen finden und auch Kompromisse eingehen. Man sollte sich dann nicht auf seine Behinderung zurückziehen. Auch bei nichtbehinderten Menschen gibt es Situationen, die das Leben erschweren. Man muss einfach die Steine aus dem Weg räumen, weiter machen und einen anderen Weg finden, um glücklich zu sein.“
Erzähl uns etwas über den Wochenendlehrgang. Wer kann alles mitmachen und gibt es Voraussetzungen für das Leistungsniveau?
Manfred Gohres: „Grundsätzlich kann jeder mitmachen. Die Sportler sollten allerdings Mitglied in einem organisierten Verein des DSB sein, die Grundausrüstung besitzen und Kenntnisse im Umgang mit dem Luftgewehr oder der Luftpistole haben. Sollte die Ausrüstung dann nicht den Regelwerken entsprechen, kann man diese vor Ort anpassen.“
Kannst du uns kurz den Aufbau erläutern? Was für Themen werden an dem Wochenende angesprochen?
Manfred Gohres: „Zuerst wird es ein allgemeines Bekanntmachen geben. Wichtig ist zu wissen, wie viel Erfahrung die Sportler mitbringen, damit man dann das Trainingsniveau entsprechend setzen kann. Es wird auch eine Einweisung in die Pflege und Wartung der Ausrüstung geben. Neben der Erarbeitung der Technik und Taktik des Schießens soll den Sportlern auch aufgezeigt werden, wie man effektiv trainiert. Sie sollen auch ein Gespür dafür bekommen, wenn sie Fehler machen und was für Fehler sie machen, um Wiederholungen zu vermeiden. Ich möchte sie auch auf die Regeln des IPC (Internationales Paralympisches Komitee) hinweisen und ihnen zeigen, was für große Möglichkeiten ihnen für die Zukunft offenstehen, auch im Hinblick auf den Leistungssport.“
Einigen Menschen fällt es schwer, sich auf Grund ihrer Einschränkung um ihre körperliche Fitness zu kümmern oder ihnen fehlt die Kenntnis über Alternativen. Kannst du uns hier ein paar Beispiele nennen?
Manfred Gohres: „Körperlich Fitness ist für jeden sehr wichtig. Man sollte versuchen, Übungen zu finden, die man auch trotz seiner Behinderung ausüben kann. Auch wenn es anfangs nur Kleinigkeiten sind, angefangen bei den Fingern bis zu den Händen und den Armen. Auch wenn man nicht Laufen oder Rennen kann, gibt es dennoch andere Möglichkeiten. Jede Kleinigkeit ist immer noch besser, als nichts zu tun. Leider ist auch oft zu beobachten, dass nicht ausreichend oder gar nicht auf die Ernährung geachtet wird. Vor allem Eltern sollten bei ihren Kindern auf die passende Ernährung achten. Auch in Hinblick auf ihre Zukunft. Denn irgendwann lässt sich z.B. ein Rollstuhl nicht mehr verbreitern und das Gewicht mindert die Kinder auch in ihrer Selbstständigkeit. Denn bei einigen Einschränkungen fällt es schwer, vorhandenes Gewicht wieder zu reduzieren.“
Warum sollte man bei der Premiere des DSB-Lehrgangs dabei sein?
Manfred Gohres: „Auch wenn es der erste Lehrgang für Menschen mit Behinderung ist, den der DSB ausrichtet, ist es für mich nichts Besonderes, sondern etwas ganz Normales. Der Lehrgang wird in dem neuen Bundesleistungszentrum stattfinden, welches umfassend barrierefrei ist. Wer also Spaß haben, etwas Neues lernen und sich verbessern möchte, sollte dabei sein.“