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DSB-Themenwoche: Schützenfamilie Seeger – Erfolgreich über Generationen hinweg
Bogen- und Schießsport ist für Klein & Groß. Für Jung und Alt. Für Frauen, Männer und Divers. Schießsport ist ein Sport für alle. Nicht selten kommt es daher vor, dass die ganze Familie im Schützenverein aktiv ist, so wie Familie Seeger, die den Sport seit Generationen lebt. Die Seegers sind eine waschechte Schützenfamilie.
Opa Siegfried (74) ist wohl der größte Fan seiner Enkelin. Er selbst kam durch seinen Vater zum Schießsport, Oma Helmtrut (69) folgte nach der Heirat, und beide gaben ihre Leidenschaft wiederum an ihre Kinder weiter. Ganz klar, dass die ganze Familie mitfiebert und die Daumen gedrückt sind, wenn die 18-jährige Vanessa an der Schießlinie steht. Helmtrut beschreibt, wie sich das anfühlt, wenn man von zu Hause zusieht: „Grausam. Egal, bei welchem Wettkampf, zu welcher Uhrzeit, wir sind immer dabei und fiebern mit. Unsere Herzen schlagen um die Wette, wenn wir die Wettkämpfe in versammelter Mannschaft von zu Hause verfolgen. So viel Adrenalin.“ Vanessas Opa fällt nur ein Wort dazu ein, wenn er an ihre bisherige Sportkarriere denkt: „Wahnsinn!“
Dabei war Vanessas Weg anfangs gar nicht so klar auf den Sport ausgerichtet, wie Opa Siegfried sich erinnert: „Es hat angefangen mit ‚Ich will niemals Wettkämpfe schießen‘ und heute ist es ihre Leidenschaft. Ihre Entwicklung ist unglaublich." Und das ist sie wirklich. Vanessa Seeger gehört mit ihren 18 Jahren zu den erfolgreichsten deutschen Juniorinnen im Pistolenbereich. Mit elf Jahren fing sie an zu trainieren, wurde 2014 zum ersten Mal Landesmeisterin und setzte den Deutschen Meistertitel gleich obendrauf. In der Saison 2017/18 schaffte sie dann den Sprung in die Nationalmannschaft. Seither gehen Finalteilnahmen bei Junioren-Europameisterschaften und -Weltmeisterschaften sowie Junioren-Weltcups auf ihr Konto. Drei EM-Medaillen und Gold (im Mixed mit dem Bulgaren Kiril Kirov) bei den Youth Olympic Games krönen die noch so junge Sportkarriere. Aber der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Ich kann jedem nur wünschen, dass man etwas findet, bei dem man Talent hat und an sich selber wachsen kann.
Denn bisher haben bei den Erfolgen noch Mama Carmen (51) und Papa Frank (48) die Nase vorne. Mama Carmen kam mit 14 Jahren ins Trainingszentrum in Gera , wurde in der DDR mehrfache Spartakiade-Siegerin und hat nach ihrem Umzug nach Bayern wieder mit dem Schießen begonnen. Sie qualifizierte sich anschließend für die Nationalmannschaft und nahm 2000 an den Olympischen Spielen in Sydney teil, bei denen sie Rang 18 erreichte. Den Rang, den übrigens auch ihr Ehemann vier Jahre später bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen belegte. Es herrscht Einigkeit bei Familie Seeger. Papa Frank fing eigentlich – wie Opa Siegfried – mit dem Gewehrschießen als Schüler an, bewältigte dann aber nach dem Umstieg gleich im zweiten Jahr den Sprung in den Landeskader Pistole und war – wie Tochter Vanessa – bereits in der Juniorenzeit Mitglied des Nationalkaders. Beide Elternteile schafften es unter die Top 10 bei WMs, EMs und Weltcups. Den Europameistertitel hat Vanessa ihnen jedoch voraus.
Erfahrung, von denen heute auch Tochter Vanessa profitiert: „Natürlich lasse ich mich gerne von der Erfahrung meiner Eltern inspirieren, ich wäre schön blöd, wenn ich das einfach ignorieren würde. Trotzdem liebe ich es und halte es für wichtig, meinen eigenen Weg zu finden.“ Dabei unterstützen sie auch ihre Eltern, die vielmehr Ratgeber als Vorbild sein wollen. „Ich kann jedem nur wünschen, dass man etwas findet, bei dem man Talent hat und an sich selber wachsen kann“, so Mama Carmen: „Das Sportlerleben, in dem man Ziele verfolgen kann, ist das Schönste, was einem passieren kann im Leben. Und mein Rat: wenn man an sich selbst glaubt, kann man Berge versetzen." Es ist genau dieser Ehrgeiz und unbändige Wille, den Vanessa von ihren Eltern mitbekommen hat. Dabei war es nie ein Muss, dass Vanessa in ihre Fußstapfen tritt, viel wichtiger sei Papa Frank der „Spaß“.
Es ist ein gutes Team, diese Familie Seeger. Sie wissen, dass sie diesen starken Familienzusammenhalt brauchen, um den Leistungssport in dem Ausmaß über diesen langen Zeitraum überhaupt möglich zu machen. Das schätzt auch Vanessa an ihrer Schützenfamilie: „Man hat immer jemanden, mit einem guten Rat zu Hause. Da sie auch gleichzeitig meine Trainer sind, kennen sie meine Macken. Außerdem schaffen wir es, Freizeit und Leistungssport voneinander zu trennen, ansonsten wäre das - glaube ich - viel zu stressig für uns alle. Und wenn man seine anstrengende Phase vor einem wichtigen Wettkampf hat, in der man manchmal einfach total gestresst und nervig sein kann, wissen die beiden wenigstens, was ich da gerade durchmache. Ich glaube, wenn man das nicht selber schon mal durchgemacht hat, kann man das schlecht nachvollziehen und wenig Verständnis zeigen.“ Ein großer Vorteil, denn alle verbringen viel Zeit gemeinsam auf dem Schießstand. Vanessas Eltern sowie ihr Onkel Heiko (42), der sich bereits früh in Richtung Trainerkarriere orientierte und den Platz des Jugendleiters im Heimatdorf übernahm, trainieren heute gemeinsam mit Bundestrainerin Claudia Verdicchio-Krause die Jungschützin. Trotzdem sind sie auch selbst noch aktiv bis hin zur Deutschen Meisterschaft. Für sie als Familie sei das Schönste dabei, „das Zusammensein, das Mitfiebern, all die tollen Erinnerungen, die man mit seinen Freunden und der Familie sammelt“.
Familie Seeger hat all den Veränderungen des Sports getrotzt und ist über Generationen dem Sport treu geblieben. Sie lieben und leben ihn, unterstützen sich gegenseitig, stehen sich mit Rat und Tat zur Seite, gehen gemeinsam durch Höhen und Tiefen und verlieren niemals den Spaß am Sport und der Gemeinschaft – so, wie es sich für eine echte Schützenfamilie gehört. Vanessa erahnt auch den Grund dafür mit einem zwinkernden Auge: „Ich glaube, wir haben alle einen an der Waffel. Anders können wir uns das nicht erklären!“