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DSB-Themenwoche: Wie lässt sich Beruf & Spitzensport vereinen?

16.11.2020 11:40

Rund 10.000 Stunden Training bedarf es, bis man an seinem Leistungsmaximum ankommt. Viel Zeit, die ein Sportler benötigt, wenn er den Traum vom Olympiasieger hat. Um Athleten diese Zeit für Training und Wettkampf zu ermöglichen, gibt es unterschiedliche Modelle, die Sportler unterstützen und ihnen den Weg an die Spitze ebnen:

Bild: Landespolizei Bayern / Profi-Sportler Philipp Grimm ist einer der Athleten, die den Karriereweg bei der Landespolizei eingeschlagen haben.
Bild: Landespolizei Bayern / Profi-Sportler Philipp Grimm ist einer der Athleten, die den Karriereweg bei der Landespolizei eingeschlagen haben.

Schule

Eine Möglichkeit Schule und Sport bestmöglich zu integrieren sind Sportschulen (z.B. Eliteschulen des Sports) oder Sportinternate, die für unsere Sportart vor allem in den neuen Bundesländern zu finden sind. Freistellungen für Wettkämpfe und Trainingslager sind hier eher zu erreichen und Sportler befinden sich oft in reinen Sportklassen und damit unter Gleichgesinnten mit ähnlichen Zielen. Diese Chance nutzt z.B. Abiturient und Skeet-Schütze John Kellinghaus, der im Laufe der Woche noch erzählen wird, wie er Schule und Sport unter einen Hut bringt. Zusätzlich können Schüler, die von der Sporthilfe unterstützt werden, eine Bezuschussung zu Nachhilfekosten erhalten. Trotzdem gibt es gerade im Schießsport Unterschiede zu anderen Sportarten, wie DSB-Athletenmanagerin  Hannelore Aslanidis erklärt: „Im Gewehr- und Pistolenbereich kommen Schützen im Vergleich zu anderen Sportarten meist erst recht spät in den Nationalkader.“ Zudem genieße der Schießsport z.T. keinen guten Ruf, da er mit Amokläufen in Verbindung gebracht wird,  was die Aufnahme des Schießsports an Schulen erschwert.  Besser sieht es im Bogenbereich aus. Hier bieten freiwillige Schul-AGs im Nachmittagsangebot einen Einstieg in den Sport, was künftig noch weiter durch den DSB ausgebaut werden soll.

Uns ist es ein Anliegen, den Sportlerinnen und Sportlern alle Wege aufzuzeigen.

Hannelore Aslanidis, DSB-Athletenmanagerin

Studium

Bild: DSB / Die Grafik zeigt einige der beruflichen Möglichkeiten für Sportler auf.
Bild: DSB / Die Grafik zeigt einige der beruflichen Möglichkeiten für Sportler auf.

Bundeskadersportler, die an einer der Partnerhochschulen des Spitzensports studieren, haben die Möglichkeiten Lockerungen bei den Präsenzzeiten zu erhalten, können ihren Stundenplan oftmals schon vor allen andern zusammenstellen und die entsprechenden Fächer wählen und erhalten Vergünstigungen. Studenten haben zudem die Möglichkeit, bei der Sporthilfe das so genannte Deutsche Bank Stipendium zu beantragen. Die maximale Förderdauer des Deutsche Bank Sportstipendiums ist die Regelstudienzeit des jeweiligen Studienganges plus 50 Prozent. Während der Förderdauer erhält der Sportler zusätzlich zur Grundförderung pro Monat 300 Euro.  Bis zu 300 studentische Athleten der Deutschen Sporthilfe aus rund 30 Sportarten aus allen Regionen Deutschlands werden hier gefördert. So konnten die bisher 2128 geförderten Athleten insgesamt 73 Siege bei Olympischen und Paralympischen Spielen sammeln, 306 WM-Titel und 438 EM-Titel gehören ebenso zur stolzen Bilanz. Dass man auch die Erfahrung des Sports gut mit dem Studium verbinden kann, beweisen beispielsweise die ehemalige Bogenschützin Elena Richter, die sich nun auf die Finalisierung ihres Studium der Sportpsychologie fokussiert oder Pistolenschützin Julia Hochmuth, die einen Abschluss in Sportmanagement vorweisen kann.

Wer sich für ein Auslandsstudium interessiert kann auch dieses mit dem Sport verknüpfen. Olympiasieger Henri Junghänel oder David Koenders haben z.B. diese Chance genutzt und sich eine amerikanische Universität gesucht, die Schießsport im Programm hat und dort mit Hilfe eines Sportstipendiums ihren Universitätsabschluss erlangt.

Ausbildung/Beruf

Spitzensportler wie der ehemalige Olympionike Daniel Brodmeier oder Bogenschützin Katharina Bauer machen es vor, dass Spitzensport auch mit einem regulären Beruf möglich ist. Unterstützung erhalten Sportler und Arbeitgeber auch hier von der Sporthilfe – sofern die Sportler dem Olympiakader oder Perspektivkader des Deutschen Schützenbundes angehören. Dem Arbeitgeber ist es dadurch möglich, den Verdienstausfall, der durch Wettkämpfe und Lehrgänge der Sportler entsteht, in Rechnung zu stellen und von der Sporthilfe rückerstattet zu bekommen. Doch müssen die Sportler auch einen Teil ihrer Urlaubstage dafür aufwenden.

Wie man einen Arbeitgeber findet, der offen gegenüber dem Sport ist? Fragen! Und zwar am besten die Laufbahnberater der Olympiastützpunkte, an die sich alle Landeskader- und Nationalkaderschützen wenden können. Seit längerem ist diese Erstberatung sogar für neue Kadermitglieder verpflichtend, um überhaupt eine Förderung der Sporthilfe zu erhalten. Die Laufbahnberater haben oftmals einen Pool an Arbeitgebern in der Hinterhand und können somit dabei helfen, den perfekten Arbeitgeber für Sportler zu finden. Aslanidis rät: „Am besten ist es,  gleich bei der Einstellung ehrlich zu sein und nach den Freistellungen zu fragen, sonst könnte später eine böse Überraschung folgen. Außerdem ist es für die Firma ein Aushängeschild, wenn man sowohl im Beruf als auch im Sport erfolgreich ist.“ Auch der DSB unterstützt bei der Kommunikation mit dem Arbeitgeber und geht z.B. Jahrespläne gemeinsam durch, um eine passende Lösung für alle zu finden.  

Bundeswehr

Eine extra Sportfördergruppe bietet die Bundeswehr für Sportler der olympischen Disziplinen. Weltklasse Schützen wie Sonja Pfeilschifter (Gewehr), Monika Karsch (Pistole) und Christine Wenzel (Flinte) schlugen diesen Weg ein und wurden damit nicht nur zum Profi-Sportler, sondern auch zu einer der besten Schützinnen der Welt. Grundvoraussetzung für einen Platz ist der Bundesaderstatus ab Perspektivkader aufwärts. Anschließend wird der Vertrag jährlich in Abstimmung mit dem DSB verlängert. Absolviert werden müssen in der Zeit einige Laufbahnlehrgänge der Bundeswehr, ansonsten sind die Sportler für die Trainings und Wettkämpfe komplett freigestellt. Auch ein Teilzeitstudium bei der Bundeswehr ist möglich. 

Wer seine aktive Sportlerkarriere beendet, hat die Möglichkeit einem zivilen Beruf nachzugehen oder  weiterhin bei der Bundeswehr zu arbeiten. Sonja Pfeilschifter zählte nicht nur im Sport, sondern auch bei den Lehrgängen zu den Jahrgangsbesten und ebnete sich damit den Weg auch nach ihrer aktiven Karriere Berufssoldatin zu bleiben. Karsten Bindrich blieb ebenfalls und ist heute als Flintentrainer bei der Bundeswehr aktiv.

Seit zwei Jahren hat die Bundeswehr die Offizierslaufbahn für Sportler geöffnet. Damit ist ein Studium an der Hochschule der Bundeswehr möglich und die Übernahme in den Dienst bei der Bundeswehr  ist nach Beendigung der Sportkarriere gesichert. 

Aber es kann aber auch in eine ganz andere Richtung laufen: Olympiasiegerin Barbara Engleder entschied sich für den Berufsförderungsdienst der Bundeswehr, der den Berufseinstieg nach der Sportkarriere erleichtern soll und von der Bundeswehr finanziert wird und schloss am Olympiastützpunkt ihre Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte ab. Heute arbeitet sie in ihrem Heimatdort Triftern in der Stadtverwaltung. Bundeswehrsoldatin und Olympiasilbermedaillengewinnerin im Doppel-Trap, Susanne Kiermayer, nutzte ebenfalls den Berufsförderungsdienst für eine Ausbildung und schlug  nach ihrer aktiven Sportlerlaufbahn einen Weg als Tierphysiotherapeutin ein. Ihre Flinte rührte sie nie wieder an.

Polizei

Gleich mehrere Möglichkeiten (ebenfalls nur olymp. Disziplinen) gibt es für Sportler bei der Polizei: Die Sportfördergruppe der Bundespolizei oder eine der Sportfördergruppen, die von den jeweiligen Länderpolizeien in mittlerweile fast allen Bundesländern unterhalten werden. Lisa Unruh, Michelle Kroppen und Elisa Tartler sind drei erfolgreiche Beispiele aus dem Bogensport bei der Bundespolizei, die zeigen, dass das Modell Früchte trägt. Alle mussten hierfür einen Aufnahmetest bestehen und können nach der Beendigung ihrer aktiven Karriere im mittleren Dienst bei der Polizei weiterarbeiten. Das ist auch der größte Unterschied zur Bundeswehr, bei der es nicht immer automatisch nach der aktiven Karriere weitergeht. Auch wer in die Sportfördergruppe der Länderpolizei will, muss einen Aufnahmetest bestehen. Am Ende wartet auch hier der mittlere oder gar der gehobene Dienst auf die Sportler. So ist beispielsweise Christian Reitz inzwischen Oberkommissar bei der Landespolizei Hessen. Vorteil dieser Fördergruppen ist, dass sich automatisch eigene Trainingsgruppen an den Orten wie Berlin (Bundespolizei) oder z.B. Hochbrück (Länderpolizei Bayern) bilden, bei denen die Sportler voneinander profitieren.

Feuerwehr:

Ein besonderes Projekt weist Brandenburg auf. Hier ist es für Sportler auch möglich, bei der Landesfeuerwehr einen Förderplatz zu erhalten. Flintenschütze Tilo Schreier ist einer der wenigen Sportler, die diese Option bisher genutzt haben. „Es wäre wünschenswert, wenn diese Möglichkeit mehr verbreitet wäre“, merkt auch die DSB-Athletenmanagerin an.

In Hessen läuft derweil ein Pilotprojekt eine weitere Sportfördergruppe, und zwar in der allgemeinen Verwaltung, die z.B. Gewehrschützin Jaqueline Orth nutzte. Sportler erhalten hier eine gestreckte Ausbildung und können ihr Studium an der Verwaltungshochschule abschließen, um anschließend im öffentlichen Dienst, ganz ohne Uniform, zu arbeiten.

Und dann gibt es noch die Athleten, die ihre Erfahrung genutzt haben, um eine eigene Firma aufzubauen oder sie an andere weiterzugeben. So z.B. Olympiateilnehmer Maik Eckhard, Johann Zähringer oder Armin Rothmund. Sie haben eigene Firmen gegründet und stecken ihr Know-How inzwischen in die Entwicklung von Schießsportequipement. Bundestrainerin Claudia Verdicchio-Krause oder Bundesstützpunkttrainerin Katharina Bechtel sind hingegen zwei erfolgreiche Sportlerinnen, die heute als Trainerinnen gemeinsam mit ihren Schützlingen erneut um Gold kämpfen.

„Uns ist es ein Anliegen, den Sportlerinnen und Sportlern alle Wege aufzuzeigen“, so Aslanidis, die vor allem die Sportfördergruppen in den Fokus rückt: „Das ist die Zukunft!“. Welchen Weg die Athleten am Ende wählen, dürfen sie selbst entscheiden, denn sie selbst sind es, die den Weg auch gehen müssen. Egal, in welche Richtung.

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