Lehrgänge

Frischer Wind für den Schulsport

11.11.2003 00:00

Die alarmierenden Nachrichten über das deutsche Bildungssystem reißen nicht ab. Es hapert nach der PISA-Studie nicht nur am Lesen, Schreiben und Rechnen. Die Kinder und Jugendlichen in Deutschland werden auch körperlich immer schlapper – sie treiben zu wenig Schulsport und sitzen zu viel vor dem Fernseher oder dem Computer.

 

Leider handelt es sich allem Anschein zum Trotz nicht um ein gängiges Vorurteil, sondern um schlichte Fakten. Allein bei den 10- bis 14-Jährigen ist nach einer Studie von AOK und Deutschem Sportbund, die in diesen Tagen präsentiert wurde, die Fitness um 20 Prozent bei Jungen und um 26 Prozent bei Mädchen gesunken.

Besonders drastisch ist bei der auch vom Wissenschaftlichen Institut der Ärzte Deutschlands (WIAD) betreuten Studie der Rückgang im Bereich der Koordination sowie der Ausdauer. Regelmäßiger aktiver Sport kann laut Untersuchung den körperlichen Zustand der Kinder und Jugendlichen verbessern: In allen Übungen schnitten diejenigen besser ab, die auch im Verein Sport treiben, sowie die, die drei oder mehr Stunden Schulsport pro Woche haben. Diese – von Experten empfohlene – Stundenzahl sei allerdings eher die Seltenheit. 63 Prozent der Schüler und Schülerinnen hätten maximal zwei Stunden Sport.

Ebenso positiv wie paradox erscheinen angesichts der Test-Ergebnisse die Wünsche der Kinder. 45 Prozent gaben an, das sie gerne mehr Sport treiben würden. Und deutlich mehr als die Hälfte aller Jungen und Mädchen erklärten Schulsport zu ihrem Lieblingsfach.

Der Präsident des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, hofft deshalb auch auf die positive Sogwirkung durch die Olympia-Bewerbung und forderte zudem Schulen und Vereine auf, enger zu kooperieren und sich verstärkt um Gemeinschaftsangebote zu bemühen.

Auch der Deutsche Schützenbund und mit ihm die Schützenjugend haben dieses Defizit und die Möglichkeiten, die sich für beide Seiten in einer Schulsport-Kooperation ergeben, erkannt und sich in diesem Jahr das Thema „Schulsport“ auf die Fahnen geschrieben. Ein schwieriges Unterfangen, da Schulsport mit den entsprechenden unterschiedlichen Regelungen immer noch Ländersache ist. „Als Dachverband auf Bundesebene versuchen wir jedoch mit Informationsmaterial über Möglichkeiten der Kooperation zu informieren und mit der Durchführung einer Deutschen Schulsportmeisterschaft im Bogenschießen einen Anreiz für Kooperationen zwischen Schule und Verein zu geben“, erklärt Marcus Stumpf, Projektleiter bei der Deutschen Schützenjugend. Zudem unterstützen der Deutsche Schützenbund und die Deutsche Schützenjugend zwei Schulsport-Projekte, in Wiesbaden und in Fellbach-Schmiden, um so weitere Erkenntnisse über die Zusammenarbeit zwischen Schule und Verein zu erlangen.

„Mathe, Deutsch, Bogenschießen...“

„Passen diese Begriffe eigentlich zusammen?“, das ist hier die Frage. Die klare Antwort auf dieses Frage lautet: „Ja“. Diese Kombination klingt zwar provokativ, aber man kann es als Chance ansehen, die Verbindung einzugehen. Natürlich ist hierzu viel Eigeninitiative und Motivation, insbesondere aber auch Überzeugungskraft erforderlich. Die Aussicht auf Erfolg und gemeinsamen Spaß sollte jedoch Ansporn für den Interessierten sein.

Die nun beim Deutschen Schützenbund in Wiesbaden-Klarenthal vorliegende neue Broschüre der Deutschen Schützenjugend schildert die Möglichkeit, „Sportschießen“ – aufgrund der besseren Möglichkeiten speziell das „Bogenschießen“ – als Angebot an einer Schule zu platzieren und unterstützt die Initiatoren von der ersten Idee bis zur Durchführung.

Insbesondere beim Bogensport ist die Durchführung des Unterrichts nicht an das Schützenhaus bzw. den Schießplatz gebunden; auch die Sporthalle oder der Sportplatz bieten genügend Raum, um das Sportschießen bzw. den Bogensport kennen zu lernen und Grundfertigkeiten zu erlangen.

Die Bemühungen der für den Schulsport zuständigen Ministerien und deren Kooperation mit den Landessportbünden können jedoch nur erfolgreich sein, wenn sich Schulen und Vereine langfristig engagieren, verbunden mit einer engen Zusammenarbeit der jeweiligen Sportexperten.

Einige wenige Schützen- bzw. Bogenvereine haben schon Kooperationsverträge mit Schulen abgeschlossen und haben es geschafft, dass Sportschießen bzw. das Bogenschießen in den Kanon der förderwürdigen Sportarten des jeweiligen Kultusministeriums aufgenommen wurden. Jedoch bedarf es weiterer Überzeugungsarbeit, dass sich dieser Prozess fortsetzt und ein flächendeckendes Konzept entsteht. Dabei soll diese Broschüre helfen, indem sie in die Thematik wie folgt einführt:

Das erste Kapitel behandelt die Einbindung der Sportart „Sportschießen“ in Schulen und geht speziell auf den Bogensport mit seinen Besonderheiten ein.

Das zweite Kapitel zeigt Kooperationsmöglichkeiten zwischen Schule und Vereinen auf. Man erhält Hinweise zur Umsetzung und zu Ansprechpartnern.

Das dritte Kapitel bietet einen Auszug über den Schießsport in Deutschland. Die Deutsche Schützenjugend, ihre Arbeitsschwerpunkte im Bereich Kinder- und Jugendarbeit sowie diverse Weiterbildungsprogramme werden hier beschrieben.

Mit den eingefügten Tipps, der Einführung in den Bogensport inklusive Bauanleitungen für Köcher, Bogenständer und Scheiben und der aufgezeigten Möglichkeit zum Internet-Wettkampf bzw. zum Erwerb des Dt. Schießsportabzeichens möchte diese Broschüre nicht nur eine theoretische Grundlage für Kooperationen zwischen Schule und Verein liefern, sondern konkret zur Umsetzung auffordern.

Das optimale Alter für einen Einstieg in den Bogensport ist 10-12 Jahre. Für talentierte Kinder und Jugendliche ist nach sechs bis sieben Jahren kontinuierlichem und planmäßigem Training der Anschluss an den Hochleistungssport sicher. Hochleistungen bzw. Weltmeisterschafts- und Olympiateilnahmen im Schulalter sind für den Bogensport schon längst keine Ausnahme mehr.

Die talentierten Kinder und Jugendlichen, die solche Leistungen erbringen können, müssen aber erst gefunden, schießtechnisch ausgebildet, trainiert und an den Leistungssport herangeführt werden. Am besten sind solche Begabungen natürlich in der Schule zu finden. Dabei liegen aber die Trainingsumfänge und Trainingsbelastungen in einem Bereich, der nur an einer sportbetonten Schule zu bewältigen ist. In einer Schule, wo Sport und Schulunterricht optimal aufeinander abgestimmt sind.

Auf Initiative des Deutschen Schützenbundes wird ein Projekt mit der sportbetonten Schule in Fellbach-Schmiden durchgeführt werden, das die Deutsche Schützenjugend finanziell unterstützt. Ziele des Projektes sind:

  • den Bogensport in die Schule zu integrieren und mit der Zeit eine leistungsorientierte Trainingsgruppe aufzubauen,
  • aus der gewonnen Erfahrung eine Konzeption zu erarbeiten, die auch in anderen Schulen bzw. anderen Bundesländern umsetzbar ist.

Die ersten Sondierungsgespräche mit dem Schulleiter fanden bereits im November 2000 statt. Seit Februar 2001 besteht eine Zusage seitens der Schule, die Kooperation im Bereich Bogenschießen zu unterstützen. Momentan ist die Projektentwicklung soweit, dass die Schule bzw. die Gemeinde Fellbach dreimal wöchentlich je vier Stunden Hallenzeit für Bogentraining genehmigte. Die Stadt Fellbach rüstete die Halle zudem mit einem Pfeilfangnetz aus und machte sie trainingstauglich.

Um den Trainingsbetrieb abzusichern, erklärte sich die Deutsche Schützenjugend bereit, die Kosten für die Erstausrüstung (Lehrbogen, Pfeile, Scheiben etc.) durch eine einmalige Zahlung zu übernehmen. „Damit unterstreicht die Deutsche Schützenjugend, die auch eine eigene Projektgruppe und verschiedene Aktivitäten zum Thema „Schulsport“ durchführt, ihr Engagement in dieser Sache“, erklärt der Leiter der Projektgruppe, Marcus Stumpf.

Bericht: Marcus Stumpf