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„Irgendwann muss einfach einmal Schluss sein“

09.08.2005 00:00

Die 11. Europameisterschaften der Vorderladerschützen in Pforzheim, die am vergangenen Wochenende für die deutsche Mannschaft so erfolgreich zu Ende gegangen sind, waren gleichzeitig auch die letzten großen internationalen Wettkämpfe für den langjährigen Bundesreferenten Vorderladerschießen, Erich Illing (Foto). Nach 38 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit für den Deutschen-Schützenbund, hiervon 33 Jahre im Bereich Vorderlader und davon über 11 Jahre auf dieser Position scheidet der 66-jährige Hesse aus seiner Funktion aus.

 

Mit Erich Illing führten wir während der Veranstaltung das folgende Gespräch: „Herr Illing, die Europameisterschaften, die zum zweiten Mal in Pforzheim ausgetragen wurden, hielten mit den elektronischen Anlagen eine Premiere für die Vorderladerschützen bereit. Wie hat sich dieses System bewährt ?“

„Für uns war dieses System völlig neu, das ist richtig. Als ich vor zwei Jahren die Einladung an die Nationen aussprach und mitteilen ließ, dass wir zum ersten Mal auf elektronische Scheiben schießen würden, kamen skeptische Briefe, nach dem Motto: Geht das denn überhaupt und Was wird das nur werden. Wir hatten anfänglich wirklich einige Fragezeichen, aber es ist meine Aufgabe hier in Pforzheim, unsere und die ausländischen Schützen davon zu überzeugen, dass es eine absolut korrekte Messweise ist. Bisher ist es mir gelungen und ich glaube, dass die Teilnehmer hier diese neue und moderne Art, die Ergebnisse zu messen, angenommen haben.“

„Ist die Elektronik im Vorderladerschießen ein Quantensprung nach vorne ?“

„Das könnte durchaus sein, aber ich fürchte, es wird Schwierigkeiten geben, das alles zu finanzieren. Die Franzosen hatten vor, die nächste Weltmeisterschaft ebenfalls auf elektronische Scheiben durchzuführen, aber ob dies wirklich in Erfüllung geht, wage ich noch ein wenig zu bezweifeln. Ich habe ihnen auf jeden Fall den Vorschlag unterbreitet, sich diese Stände doch für die WM auszuleihen. Ich kann nur hoffen, dass man sich dazu entschließt, ansonsten gehen wir wieder einen Schritt zurück. Natürlich sehe ich auch die Schwierigkeiten, es kostet eine Menge Geld, das System zu handeln, die Programmierung und es gibt immer noch viele Kleinigkeiten, die auch hier aktuell noch verändert werden müssen. Wir lernen mit diesem System, aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir nach Abschluss der Wettkämpfe sagen werden, dass dies die Zukunft im Vorderladerschießen sein müsste.“

„Die deutschen Schützinnen und Schützen sind auch dieses Mal wieder die „Medaillenhamster“ im großen Stil. Woran liegen diese Erfolge, was macht den Unterschied zu den anderen Nationen aus ?“

„Ich denke, dass unsere Ausscheidung auf nationaler Ebene der Erfolgsgarant schlechthin ist. Es ist die härteste Qualifikation der Welt. Wir sind ja bekanntlich keine olympische Disziplin und manche, auch in unserem Verband, glauben, dass wir ein „Hosenträgerschießen“ praktizieren. Aber gerade bei uns im Vorderladerbereich muss unheimlich viel investiert werden. Da wir keine aufwändige Unterstützung bekommen wie die olympischen Sportarten, ist die individuelle Einsatzbereitschaft, auch finanzieller Art, natürlich umso höher.

Wir haben ein für jeden nachvollziehbares Punktsystem installiert, dass durch die einzelnen Qualifikationen konsequent durchgezogen wird. Bei uns geht es hart aber gerecht zu und wenn es jemals wirklich zu Streitfällen kommt, konnten wir bisher immer diese Streitpunkte, dank der guten Unterstützung der Sportleitung, rasch klären.

Als Wettbewerbe, die mit in die Qualifikation zu internationalen Ereignissen einfließen, haben wir unsere Rangliste, den Länderkampf hier in Pforzheim und die Deutsche Meisterschaft. Dazu kommt der Deutschland-Cup, der 1979 in Oberursel zum ersten Mal ausgetragen wurde. Damals beteiligten sich mit Hessen, Württemberg, dem Saarland und der Pfalz nur vier Bundesländer. Heute ist der Deutschland-Cup schon fast mit einer nationalen Meisterschaft zu vergleichen. Alle, die sich durch diese Qualifikationen erfolgreich schlagen, kommen auch für eine internationale Medaille in Betracht.“

„Wie sind Sie eigentlich zum Vorderladerschießen gekommen und was waren in Ihrer langen ehrenamtlichen Dienstzeit die Höhepunkte ?“

„Anfang der siebziger Jahre, ich weiß es gar nicht mehr so genau, bin ich zu dieser Disziplin durch die beiden „Urgesteine“ des Deutschen Schützenbundes, Hans Kowar und Helmut John, gekommen. Eines Abends kam Helmut John zu mir, ich war damals noch beim Hessischen Schützenverband eingebunden, und sagte: „Ich habe hier ein Ticket. Wir fliegen morgen nach Bisley und schauen uns mal eine Weltmeisterschaft im Vorderladerschießen an.“ Ich musste am nächsten Tag jedoch nach Paris, um mich in Sachen Städtepartnerschaft meines Heimatortes Oberursel zu kümmern. Die beiden flogen also nach England, kamen zurück und besprachen mit der damaligen Sportleitung die Aufnahme der Vorderladerwettbewerbe in den DSB.

Es kam dann zu den ersten Deutschen Meisterschaften in Wiesbaden auf dem Freudenberg. Damals gab es keine Qualifikationen, sondern jeder war eingeladen, nach dem Motto: Hast du ein Original, dann komm doch vorbei. Zunächst als Zuständiger im Hessischen Verband, damals war Hans Kowar, neben seinen vielen anderen Tätigkeiten, anfangs der achtziger Jahre, auch noch Referent für das Vorderladerschießen im DSB, kam dann der Wechsel zu Rainer Hofmann und ihm folgte ich dann auch offiziell als Bundesreferent nach.

Meine absoluten Highlights waren sicherlich die Weltmeisterschaften 1989 hier in Pforzheim, wo wir einen riesigen Erfolg hatten und Medaillen anhäuften, wie nie zuvor. Ein Jahr später konnten wir diesen Erfolg mit der gleichen Mannschaft noch einmal in Holland wiederholen, als der dortige Verband 100-jähriges Jubiläum feierte. Dazu kommen viele weitere Veranstaltungen, wo wir erfolgreich waren, aber an diese beiden Ereignisse erinnere ich mich besonders gerne. Was mich auch heute noch immer wieder freut, ist ein Sieg über die USA, denn dort gibt es eine solche Vielzahl an Vorderladerschützen, dass wir allein zahlenmäßig eigentlich keine Chance hätten, aber Masse ist nicht gleich Klasse und daher sind Erfolge gegen die Amerikaner stets etwas ganz Besonderes.“

„Warum hören Sie gerade jetzt auf ?“

„Irgendwann muss einfach einmal Schluss sein. Wenn man so lange dabei ist wie ich, kommt der Zeitpunkt, wo man auch mehr an seine Familie denken muss. Meine Frau und ich sind seit 45 Jahren verheiratet und sie sagt zu Recht, dass 25 Jahre davon der Deutsche Schützenbund oftmals im Vordergrund gestanden hat. Die Familie hat immer zurückgesteckt, wenn der DSB gerufen hat und jetzt habe ich meiner Frau versprochen, mich auf die Familie zu konzentrieren.

Dazu hat sich im Deutschen Schützenbund einiges mit den Jahren geändert und ich denke, ohne jetzt auf Einzelheiten einzugehen, dass es der richtige Zeitpunkt ist, aufzuhören. Vielleicht nur ein Punkt: Die Verteilkämpfe zwischen den Disziplinen in unserem großen Verband haben zugenommen und ich möchte zukünftig nicht diese heftigen Kämpfe um finanzielle Unterstützung führen. Ich möchte die bisher gute Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen in Erinnerung halten. Dabei möchte ich mich auch besonders bei Brigitte Fritsch für die letzten zehn Jahre bedanken, die mich bei der Betreuung unserer Nationalmannschaft so gut unterstützt hat.“

„Wie wird Ihre Zukunft ohne das Vorderladerschießen aussehen ?“

„Nun ja, ein wenig werde ich noch dabeibleiben, zum Beispiel als Delegierter für den Deutschen Schützenbund im internationalen Verband MLAIC und werde auch meinen Nachfolger einarbeiten, bis er sattelfest ist. Das habe ich unserer Sportleitung versprochen und das werde ich auch halten. Unsere beiden großen Enkelkinder, welche keine Ambitionen zum Schieß-Sport haben und andere Sportarten, wie Fußball in der Frauenklasse und Leichtatletik ausüben unsere gemeinsame Unterstützung anbieten. Ferner mehr Zeit für unsere kleine Familie in Mexiko zu haben, sich wieder mit Freunden zum Wandern zu treffen. Verreisen ohne die Termine vor Augen zu haben. Dazu kommt ein weiteres Hobby von mir, die Modell-Eisenbahn, welche zur Entspannung beitragen wird.“