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Jugendfreizeit-Lehrgang Wiesbaden: „Es ist ein cooles, aufregendes Projekt!“

09.09.2021 16:58

Anfang August nahmen 15 Bogen- und Sportschützen am Jugendfreizeit-Lehrgang des DSB in Wiesbaden teil, erstmals war auch ein Inklusionskind darunter. Die zehn Mädchen und fünf Jungen im Alter von elf bis 19 Jahren wurden von Astrid Harbeck (Lehrgangsleitung), Zoe Hofmann (Bundesfreiwilligendienst), Steffi Gräser (Bogen), Iris Zimmer (Gewehr) und Kirstin Steinert (Pistole) und damit hochkarätigen Trainern und Betreuern angeleitet und trainiert. Und der Spaß kam natürlich auch nicht zu kurz, dafür sorgten zahlreiche Spiele und Maßnahmen. Bogen-Trainerin Steffi Gräser war begeistert und erzählt im Interview über die Woche und den Inklusionsgedanken.

Foto: DSB / Immer engagiert bei der Sache und eine Stütze für die Kinder: Bogen-Trainerin Steffi Gräser.
Foto: DSB / Immer engagiert bei der Sache und eine Stütze für die Kinder: Bogen-Trainerin Steffi Gräser.

Eine Woche Bogensport unter fachkundiger Anleitung ist vorbei. Wo lag der Schwerpunkt?
Steffi Gräser: „Der Schwerpunkt lag auf dem Inklusionsgedanken, und ich hatte gedacht, dass mehr Kinder und Jugendliche als Max mit dem Inklusionsgedanken hierherkommen. Aber die Sache funktionierte mega-gut, und alle haben sich sehr gut darauf eingestellt.“

Wie war der Umgang in der Gruppe? Wie wurde Max angenommen, wie hat er sich eingebracht?
Steffi Gräser: „Max ist Autist, aber er ist ein atypischer Autist. D.h. er ist nicht ruhig, nicht zurückhaltend und nicht kontaktscheu, sondern er ist zu 1000 Prozent das Gegenteil. Das brachte natürlich eine gute Dynamik in die Gruppe rein und ließ sich gut verbinden. Ich frage mich vielmehr, warum sich nur so wenige Inklusionskinder angemeldet haben, weil das super funktioniert hat. Die Kinder und Jugendlichen waren komplett offen. Max hatte vorher gesagt, er bringt gute Laune in die Gruppe – und das stimmte zu 100 Prozent. Max macht Spaß, alle machen Spaß!“

Wie brachten sich die anderen Kinder ein, wie gingen sie mit ihm um?
Steffi Gräser: „Man könnte auch fragen, wie gingen sie mit Nils, Janine oder Hannes um. Es gab keine Unterschiede. Sie sprachen sich auch ab, wer sich jetzt einmal mehr um ihn kümmert und z.B. gegen Max Tischtennis spielt. Cool war, dass so viele unterschiedliche Charaktere dabei waren und wie sie miteinander harmonierten. Sie ergänzten sich, es lief, und es war schön zu beobachten, wie sie sich abends miteinander beschäftigten. Und ich bin davon überzeugt, dass sich auf diesem Lehrgang Freundschaften gebildet haben!“

Foto: DSB / Eine tolle Gruppe, die mächtig viel Spaß hatte.
Foto: DSB / Eine tolle Gruppe, die mächtig viel Spaß hatte.

Cool war, dass so viele unterschiedliche Charaktere dabei waren und wie sie miteinander harmonierten!

Steffi Gräser über die Kinder in der Gruppe und den Umgang untereinander

Ist es nicht schwierig, eine sportlich so heterogene Gruppe zu trainieren?
Steffi Gräser: „Sowohl Kaderschützen als auch Kinder, die nur alle vier Wochen zum Bogen greifen, aufeinander abzustimmen, ist kein Problem. Ich bin erfahren genug, weil ich auch in Erfurt Personen mit Handicap trainiere. Das ist ein Erfahrungswert.“

Warum sollten Eltern ihr Inklusions-Kind eine Woche zum Jugend-Lehrgang schicken?
Steffi Gräser: „Damit dieser gemeinsame Gedanke entsteht. Eltern und Trainer gehen viel zögerlicher an diese Sache heran. Ich kann es jedem ans Herz legen, es ist sicherlich eine Herausforderung, aber aus dieser Erfahrung heraus lernt man. Die Kinder wollen nicht immer betüddelt werden und eine Extrawurst bekommen. Die Jugendlichen haben überhaupt keine Scheu, und wir Erwachsenen sollten den Grundgedanken ablegen, dass wir sie ständig in Watte packen wollen. Die wollen regulär in der Gruppe mitmachen, auch wenn sie nicht so gut im Sport und bei den Spielen sind.“

Ich mag die Arbeit mit Menschen mit Handicap fast mehr, weil sie offen und ehrlich sind!

Steffi Gräser über die Arbeit mit Menschen mit Handicap

Ist der Bogen- und Schießsport der perfekte Inklusionssport?
Steffi Gräser: „Das würde ich nicht sagen. Ich glaube, jede Sportart kann einen guten Inklusionsgedanken haben. Vereine und Trainer müssen sich einfach trauen, die Türen zu öffnen und weniger die Probleme zu sehen, sondern mehr den positiven Aspekt reinbringen. Ich mag die Arbeit mit Menschen mit Handicap fast mehr, weil sie offen und ehrlich sind. Ich muss aber auch sagen, ich habe es mir einfacher vorgestellt. Nichtsdestotrotz hatte ich sehr viel Spaß und es entwickelte sich eine tolle Gruppendynamik.“

Müssen die Kinder Vorerfahrungen haben?
Steffi Gräser: „Jeder sollte schon irgendwie mal Bogen geschossen haben, die Kinder sollten aus einem Verein kommen, in dem sie regel- oder unregelmäßig trainiert. Es muss kein olympische Recurvebogen geschossen werden, der Sportler kann auch mit einem Holzstock und Holzpfeil kommen. Das passen wir sehr gut an.“

Wie war der Part Bogensport und Freizeitanteil?
Steffi Gräser: „Das war kein Kaderlehrgang hier. Die Kinder sind gekommen, weil sie die anderen Disziplinen kennenlernen sollten, es nennt sich Jugendfreizeit-Lehrgang. D.h. die Bogensportler schossen auch Luftpistole und -gewehr und umgekehrt. Die Kinder aus dem Kugelbereich brachten es den Bogensportlern bei, und dann kamen die Kugel-Kids zum Bogensport und erfuhren, was wir machen, warum wir diesen Sport lieben. Es ist aber noch kein Sportler gewechselt… “

Was wäre dein Wunsch für die Zukunft?
Steffi Gräser: „Dass ich nächstes Jahr wieder dabei bin und dass nächstes Jahr mehr Menschen mit Handicap dabei sind. Es ist wirklich ein cooles, aufregendes Projekt.“

Information: 2022 sind zwei Jugendfreizeitlehrgänge - in den Osterferien und in den Sommerferien - geplant.

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