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DSB-Themenwoche: Nachgefragt: Was zeichnet einen guten Trainer aus?
Man sagt: "Nicht jeder gute Schütze sei gleichzeitig ein guter Trainer und andersherum." Was unterscheidet einen guten von einem schlechten Trainer? Welche Eigenschaften sollte man mitbringen, um ein guter Trainer zu werden? Fünf Schützen – vom Nachwuchstalent bis zum international erfolgreichen Spitzenschützen – geben Einblick, auf was es für sie ankommt, denn alle hatten auf ihrem Weg schon zahlreiche Trainer an ihrer Seite.
In jeder Beziehung gibt es Unstimmigkeiten, auch in der Beziehung zwischen Sportler und Trainer. Doch die Basis dafür sollte immer Vertrauen sein. Bundesstützpunkttrainer Mario Gonsierowski beschreibt in seinem eigenen Buch das Trainer-Sportlerverhältnis wie folgt: „Ein schier unerschütterliches Vertrauen zwischen Sportler und Trainer ist für mich die alles entscheidende Plattform für eine leistungsfördernde Zusammenarbeit.“ Diese zwischenmenschliche Beziehung ist für beide Seiten von großer Bedeutung, wie auch Recurve-Ass Michelle Kroppen bestätigt: „Wichtig für mich ist, dass mich mein Trainer unterstützt und motiviert. Ich möchte das Gefühl haben, dass wir dasselbe Ziel verfolgen. Ich möchte mit ihm auf Augenhöhe kommunizieren und auch mal meine Meinung vertreten können. Mein Trainer soll mich zwar fordern, aber ich möchte mit ihm auch lachen können. Eine gute zwischenmenschliche Beziehung zwischen Sportler und Trainer macht für mich das perfekte Team aus.“ Ein guter Trainer braucht also eine gute Sozialkompetenz: Er motiviert, führt, verbindet und ist Vorbild zugleich. Das gilt sowohl für die Vereins- als auch Leistungssportebene. „Ein Trainer sollte genauso viel Leidenschaft zeigen, in dem, was er tut, wie der Sportler eben auch“, so Nachwuchs-Pistolenathlet Jan-Luca Karstedt zur Vorbildrolle eines Trainers. Er weist aber auch auf einen weiteren wesentlichen Punkt hin: „Für mich ist es wichtig, dass der Trainer weiß, wovon er redet. Unsere Trainerin Claudia Verdicchio-Krause hat selbst an den Olympischen Spielen teilgenommen und weiß so auf Grund ihrer Erfahrung ganz genau, wie sie uns helfen kann.“ Wichtig sei für ihn aber auch, dass ein Trainer seine Grenzen kenne und Hilfe zu Rate ziehe, wenn er selbst nicht weiter wisse.
Das fachliche Wissen ist demnach eine ebenso wichtige Kernkompetenz eines Trainers. Know-how der technischen Anforderungen einer Disziplin sowie taktische Verhaltensregeln, Wissen über die psychischen Fähigkeiten und Fertigkeiten für die Selbststeuerung der Sportler, aber auch die athletische Ausbildung zählen zu den wichtigen Merkmalen eines guten Trainers. Wo es im Verein zählt, regelmäßig ein Training anzubieten, geht es im Spitzenbereich darum, gemeinsam mit den Sportlern individuelle Trainingspläne zu erstellen. „Mir ist wichtig, dass der Trainer einen als Sportler und Mensch ernst nimmt. Und dass er auf mögliche Probleme eingeht und gemeinsam eine Lösung mit dem Sportler findet“, erzählt die 20-jährige Gewehrschützin Antonia Back, „natürlich sollte er das Training abwechslungsreich und anspruchsvoll gestalten, damit es nie langweilig wird. Wichtig ist zudem, dass er auf dem neuesten Stand der Trainingsmethoden ist und sich darüber informiert.“ Damit spricht sie auch den dritten wichtigen Kompetenzbereich eines guten Trainers an: Die Vermittlungskompetenz. Denn gute Trainer müssen systematisch an Problemstellungen herangehen können und damit auch ihre konzeptionellen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Diagnostik und Dokumentation im Training und Wettkampf zählen ebenso zu seinen Aufgaben. Hieraus ergeben sich Informationen, die unbedingt in die Trainingssteuerung des Athleten eingebunden werden müssen.
Ein Trainer ist irgendwo immer ein Lehrer, Psychologe und Freund zugleich.
Jeder Trainer bedient sich dabei seiner eigenen Didaktik, um die Botschaft bei seinem Athleten zu platzieren. „Je präziser und konsequenter ihm das gelingt, desto effizienter ist auch der Trainingsprozess“, so die Erfahrung von Trainer Heinz Reinkemeier, der seit Jahrzehnten mit unzähligen nationalen und internationalen Schützen zusammenarbeitet und weiß: „Der Erfolg einer Trainingsgruppe ist aus dieser Perspektive auch eine Reaktion auf das didaktische Geschick des Ausbilders. Wer weiß, was zu tun ist und diese Erkenntnis zügig an seine Schützlinge vermitteln kann, der ist ein guter Coach.“ Worin die Schwierigkeit liegt, bringt Skeet-Nationalkader-Athlet Vincent Haaga auf den Punkt: „Ich finde, ein guter Trainer versucht nicht sein System anzupassen, sondern findet das System, welches für den Schützen am besten passt. Es gibt keine Methode, die für alle funktioniert.“
Klar ist, dass nicht jeder Trainer in allen Teilbereichen gleichermaßen glänzen kann und jeder Sportler vielleicht auf eine Fähigkeit des Trainers besser anspricht als auf die andere. Gute Trainer zeichnen sich deshalb vor allem dadurch aus, dass sie über einen längeren Zeitraum immer wieder Talente hervorbringen und fördern und es nicht bei einem einzigen Glücksgriff bleibt. Es bedarf viel Erfahrung, Fingerspitzengefühl und vielleicht auch ein wenig Bauchgefühl, um das richtige Maß und die richtigen Maßnahmen zu finden und einzusetzen. „Für mich macht einen guten Trainer aus, wenn er innovativ ist, unsere Grenzen aus uns rauskitzelt, aber auch empathisch genug ist, mit unseren verschiedenen Gefühlswelten umgehen zu können,“ berichtet Pistolen-Weltcupschützin Josefin Eder, die die Rolle des Trainers zusammenfasst: „Ein Trainer ist irgendwo immer ein Lehrer, Psychologe und Freund zugleich.“ Und auch, wenn sich die Trainerrolle im Laufe der Zeit vom Lehrer zum Berater durchaus verändert, sollten laut Gonsierowski alle Coaches das Ziel verfolgen, „schnellstmöglich überflüssig zu sein.“
Quellen:
Gonsierowski, M. (2008). Die neuen Trainingshilfen für das Gewehrschießen. Nandlstadt: Eigenverlag Gonsierowski.
Reinkemeier, H. & Bühmann, G. (2011). Olympisches Gewehrschießen. Ein Lehr- und Übungsbuch zur Technik des Gewehrschießens. Liegend, Dreistellung, Luftgewehr und Auflage. MEC GmbH: Dortmund.