Jugend
„Oldie“ beschert eigener Jugend den begehrten Titel
Mit weißen T-Shirts und zumeist Blue Jeans sitzen die Kinder und Jugendlichen beim 13. RWS Shooty Cup auf den Bänken der Luftdruckhalle. Keine drei Meter trennen sie von den Schützen, von ihren Idolen. Gebannt schauen sie nach vorn, sie sind vor Spannung kaum einer Regung fähig. Die Augen sind weit aufgerissen. Der Kopf liegt im Nacken, denn gespannt warten sie, welcher Schusswert oben auf den Monitoren angezeigt wird.
Besonders deutlich wird diese innere Anspannung an den Händen. Speziell die Mädchen haben kleine Fäustchen gebildet, die Daumen werden scheinbar von den Fingern verschlungen. Andere halten sich beide Hände so vor das Gesicht, dass nur die Augen hervorlugen. Doch sie sind zu sehen, diese Augen, und sie weiten sich noch ein kleines, nahezu unmerkliches Stückchen, wenn der Schuss ihres Schützen gebrochen ist. Denn sie wissen: Gleich, in wenigen Bruchteilen einer Sekunde, wird das Ergebnis aufleuchten.
Und dann entlädt sich die Spannung, in einem schrillen, spitzen Schrei der Freude, die Hände fliegen in Jubelpose und Begeisterung nach oben, einige Jungen springen auf die Bänke, auf denen sie noch gerade gesessen haben. Ober aber sie verdrehen die Augen, schauen enttäuscht ihre Nachbarin, die beste Freundin, oder die bei ihnen sitzende Trainerin an. Denn Kinder sind ehrlich, und Kinderaugen können noch weniger verbergen, auch und gerade Enttäuschung nicht. Für Uwe Potteck war klar: „Lieber schießen ich fünf Finals als einmal RWS Shooty Cup, so groß ist die Anspannung.“ Schließlich möchte er genau das nicht, die Kinder enttäuschen. Es ist ihm auch diesmal gelungen, dies zu vermeiden, doch dazu später mehr.
Keine Frage, es ist RWS-Shooty-Cup-Zeit, zu keinem anderen Zeitpunkt im Jahr herrscht eine vergleichbare Atmosphäre in der Schützenwelt. Jedes Jahr, an dem Donnerstag der zweiten Woche im Rahmen der Deutschen Meisterschaften von München-Hochbrück, steigt das Finale in der Luftdruckhalle. Und es war in diesem 13. Jahr der Durchführung wie immer, diese prickelnde Stimmung, diese erwartungsfrohen Kinder – sie zieht in ihren Bann. Vor allem auch Sponsor RUAG, der schon seit Jahren für die Durchführung sorgt und den Wettbewerb mit 8.000 Euro unterstützt.
Und auch das war wie immer. Die obligatorische Frage von Organisator Dirk Eisenberg (Foto rechts), dem Bundesjugendleiter, an RUAG-Repräsentant Hubertus Dowidat (Foto 2.v.r.), ob denn RUAG mit seiner Marke RWS dem Shooty Cup treu bleibe, beantwortete Dowidat mit einem umjubelten „Ja“. Die Zukunft also ist gesichert. Das freut auch DSB-Präsident Josef Ambacher (Foto links).
Bundesweit hatten im Vorfeld der Titelkämpfe die Vereine mit ihrer Jugend die Besten ermittelt. In den ersten beiden Stunden ging es für die jungen Luftgewehr und –pistolenschützen, die auch aus zwei Vereinen ihres Landesverbandes stammen konnten, sich für den Endkampf der besten Acht zu qualifizieren. Danach übernahmen die Spitzenschützen die Regie und schossen mit einem Finale den Sieg aus. Zuvor war das Vorkampf-Gesamtresultat, das die Kinder erzielt hatten, durch zehn geteilt worden, dazu addiert wurde jetzt das Resultat ihrer beiden zugelosten „Vereinsmatadoren“, zehn Schüsse mit dem Luftgewehr, zehn Schüsse mit der Luftpistole.
Und dann beginnen sie, die Kinder, mitzufiebern, und die Erwachsenen, die schon bei vielen Wettbewerben auf nationaler und internationaler Ebene ihre Nerven in harten Wettkämpfen gestählt hatten, müssen diesen Druck aushalten. „Das ist das heißeste Finale, das ich je geschossen habe“, sagte beispielsweise Beate Gauß, und die Dame hat schon bei Welt- und Europameisterschaften teilgenommen.
Doch sie war dem enormen Stress gewachsen. Zugelost wurde sie der Berliner Vertretung, bestehend aus Talenten von der Schützengilde Tegel-Süd 1955 und den Adlershofer Füchsen, gemeinsam mit Uwe Potteck. Ausgerechnet Potteck – damit durfte der Olympiasieger von 1976 in Montreal für den Verein antreten, mit dem er in der Bundesliga fünf Mal Deutscher Meister geworden war. Und beide strengten sich enorm an.
Als Potteck den Stand verließ, hatte er einen hochroten Kopf, und die Hand von Beate Gauß war noch fünf Minuten nach dem letzten Schuss verschwitzt. Doch sie bestanden die „brutale Anspannung“, wie sie Gauß nannte. Die Gewehrschützin traf 101,9, der inzwischen 52 Jahre alte Pistolenschütze erreichte den Spitzenwert 100,3 von Ringen – damit hatte er seine Mannschaft zum Sieg geschossen. Die Berliner gewannen mit 273,2 Ringen vor der Oberpfalz mit Stephanie Bauer und Christian Reitz sowie Bayern mit 270,8 Ringen und Sylvia Aumann sowie Daniel Barner.
Bericht und Fotos: Harald Strier