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Target Sprint: Über das Potenzial einer so jungen Sportart
Es regnet in Strömen. In einigen bayerischen Regionen fällt Anfang Mai sogar Schnee vom Himmel. Auf dem Marktplatz in Dingolfing werden hingegen die kurzen Hosen ausgepackt, die Finger gewärmt und die Beine flink gemacht, denn schließlich geht es um den Bayerischen Meistertitel – im Target Sprint.
Laufen. Schießen. Treffer oder kein Treffer. Target Sprint ist fast wie Biathlon, nur noch schneller, noch dynamischer und für den Zuschauer leicht nachvollziehbar. Wer als erstes ins Ziel kommt, der hat gewonnen. Im Unterschied zum Sommerbiathlon wird nach den 400m-Laurunden nur im Stehendanschlag geschossen, und die Schüsse mit dem Luftgewehr müssen einzeln geladen und abgegeben werden. Es ist eine Sportart, die großes Potenzial in sich birgt, denn sie schafft es, vor allem junge, sportinteressierte Menschen wieder in den Schützenverein zu bringen. Und sie schafft es, den Schießsport wieder näher ans Publikum zu bringen und nicht – wie sonst üblich – das Publikum in die Sportstätte. Eine Chance, die auch der Schützengau Dingolfing witterte, sich einen sicheren, portablen Schießstand bei der ISSF auslieh und Mitten im Herzen der Stadt ein Sportevent für die ganze Familie auf die Beine stellte. Norbert Vogel, Landesreferent in Bayern, sieht ebenfalls das Vermarktungspotenzial dieser noch so jungen Sportart: „Um heutzutage medienwirksam zu sein, geht es nur um Treffer oder nicht Treffer – und um Action.“ Und genau das liefert Target Sprint.
Gerade traditionelle Schützenvereine werden oft kritisch beäugt, wie Vogel aus eigener Erfahrung erzählt: „Wenn ich einem Vater erzähle, dass ich Schützenmeister bin, dann bekomme ich oft zu hören: ‚Meine Tochter nimmt keine Waffe in die Hand!' Erzähle ich dann aber, dass ich zehn Biathlon-Kinder trainiere, heißt es auf einmal: ‚Ach, wie cool, wie kann sie da mitmachen?‘ Es ist verrückt.“ Vielleicht sollten Schützenvereine dieses Image daher einfach mitnehmen. Es ist eine Chance, ihrem Verein eine Verjüngungskur zu verpassen. Und dafür braucht es nicht viel, wie Vogel erklärt, denn „eine Klappscheibe kann man in jedes Schützenheim hängen“. Viele Schützenvereine hätten auf Grund des Platzmangels nicht die Möglichkeit, liegend zu schießen, was beim Sommerbiathlon unumgänglich ist. Aber genau daraus entsteht wieder eine neue Chance für Target Sprint.
Die großen Nationen wie China, Russland und USA ziehen noch nicht mit, doch die bräuchte es, um sich auch international mehr Gehör zu verschaffen!
Waren es im vergangenen Jahr nur knapp über 50 Sportler, die an den Bayerischen Meisterschaften teilnahmen, kamen in diesem Jahr bereits 80 Sportler an den Start. Sogar einen Bayernkader gibt es seit diesen Jahr. Ein kleiner Aufwärtstrend ist erkennbar, doch Norbert Vogel ist damit noch lange nicht zufrieden, denn „auch die Funktionäre müssen das wollen, dort muss gepusht werden“ und beschreibt ein weiteres Problem: „Die großen Nationen wie China, Russland und USA ziehen noch nicht mit, doch die bräuchte es, um sich auch international mehr Gehör zu verschaffen.“ Bisher sind vor allem die Engländer und Italiener die stärkste Konkurrenz für das erfolgsverwöhnte deutsche Team, das bei der letztjährigen WM das Maß aller Dinge war und das auch in Dingolfing als Gäste am Start waren. Target Sprint ist auch deshalb so attraktiv für junge Leute, weil es relativ schnell Erfolgserlebnisse bringt. Jeder kann sich bisher bei der offenen Bayerischen Meisterschaft anmelden und sich mit ein wenig Training für die Deutsche Meisterschaft qualifizieren. Erfolg macht Spaß. Erfolg bringt Anerkennung. Erfolg motiviert.
In Dingolfing laufen derweil die ersten Athleten jubelnd ins Ziel. Was im Gedächtnis bleibt? Strahlende Kinder, stolze Eltern, zufriedene Organisatoren und eine Sportart mit wertvollem Potenzial. Gauschützenmeister Rainer Mücke gegenüber dem Bayerischen Sportschützenbund: „Der große Organisationsaufwand hat sich voll gelohnt. Wir konnten der Bevölkerung zeigen, wie schön und spannend der Schießsport ist!“