Olympische Spiele

Tokio 2020NE: „Ein kleines Team mit hohem Medaillenpotenzial!“

22.07.2021 10:05

Die Teilmannschaft des Deutschen Schützenbundes (DSB) im Sport- und Bogenschießen fällt kleiner aus als noch vor fünf Jahren. Insgesamt zwölf Athleten werden in Tokio die deutschen und DSB-Farben vertreten. In Rio 2016 gab es sensationelle fünf Medaillen, darunter drei Olympiasiege. Dennoch geht das Team optimistisch und voller Ehrgeiz in diese Spiele, die aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie anders als je zuvor sein werden. DSB-Sportdirektor Heiner Gabelmann und DSB-Cheftrainer Thomas Abel fungieren in Tokio als Teilmannschaftsleiter und äußerten sich vor der Abreise im Interview.

Foto: DSB / Heiner Gabelmann (links) und Thomas Abel sind in Japan die DSB-Teilmannschaftsleiter.
Foto: DSB / Heiner Gabelmann (links) und Thomas Abel sind in Japan die DSB-Teilmannschaftsleiter.

Die Qualifikation und der Kampf um die Quotenplätze ist vorüber. 12 Sportler werden den DSB in Tokio vertreten. Wie fällt ihre Bilanz dazu aus?
Gabelmann: „Wir hätten uns sicherlich den einen oder anderen Quotenplatz mehr gewünscht, hatten das ein oder andere Mal auch Pech. So verfehlte Robin Walter mit der Luftpistole gleich zweimal um einen Platz den Quotenplatz, gleiches widerfuhr Nadine Messerschmidt, Vincent Haaga (beide Skeet) und Paul Pigorsch (Trap) einmal. Und unsere Bogen-Männer hätten es nach einer deutlichen Leistungssteigerung in den vergangenen Monaten wirklich verdient gehabt. Unsere Parade-Disziplinen in Tokio werden mit Sicherheit die Pistolen- und Bogenschützen sein, nicht nur quantitativ, sondern hoffentlich auch qualitativ. Dort ist eine sehr gute Entwicklung zu sehen. Generell sind natürlich zwei weitere Dinge zu berücksichtigen: Die Vorbereitung und die Qualifikation für Tokio waren aufgrund von Corona ganz besonders. Und auch die Konkurrenz schläft nicht, allein wenn ich an die aufstrebenden Inder denke, die vor allem in den Druckluftdisziplinen sehr stark geworden sind.“

Unsere Parade-Disziplinen in Tokio werden mit Sicherheit die Pistolen- und Bogenschützen sein!

Heiner Gabelmann über die Aussichten der DSB-Sportler in Tokio

Sie sprechen es an: Positiv sind die Pistolen- und Bogen-Disziplinen vertreten, sehr überschaubar der Gewehr- und Flintenbereich!
Gabelmann: „Wir haben im Pistolenbereich nie Zweifel gehabt, dass wir ein gutes Team schicken werden. Wir können leider einen Startplatz bei der Luftpistole Männer nicht besetzen und haben da in Osijek großes Pech gehabt, weil Robin Walter den Startplatz trotz des Gewinns seiner Bronzemedaille verpasst hat. So wird Christian Reitz neben der Disziplin Schnellfeuer auch die Luftpistole und auch das Mixed gemeinsam mit Carina Wimmer bestreiten. Im Bogenbereich war vor allem nach dem Gewinn des Männer-Quotenplatzgewinns bei der EM die Freude groß, das hat den Dampf aus dem Kessel genommen. Damit war unser Team schon in vier von fünf Entscheidungen vertreten – das ist ein Erfolg des Bundestrainers Oliver Haidn und seiner Sportler.
Im Flintenbereich erreichen wir generell zu selten die Finals. Es fehlt an Kontinuität, dann gelingt sicher auch mal eher der Quotenplatzgewinn. Im Skeet hatten wir zuletzt Pech, der Quotenplatzgewinn in Osijek wurde durch Nadine Messerschmidt und Vincent Haaga jeweils knapp verpasst.
Im Gewehrbereich der Frauen haben wir gerade in Osijek gezeigt, dass wir auf einem guten Weg sind. Mit Jolyn Beer und Amelie Kleinmanns standen zwei Sportlerinnen im KK-Finale. Bei den Männern haben wir insgesamt sehr wenig Nachwuchs. Unser Bester, Maximilian Dallinger, ist auch noch sehr jung, er hat die Belastung nicht ausgehalten. Wir haben zusammen mit den Gewehrtrainern ein neues Konzept für Luftgewehr-Wettbewerbe entwickelt, das ab 2022 greifen wird.“

Was für Spiele erwarten Sie in Tokio?
Gabelmann: „Aufgrund der akribischen Organisation sehe ich es als gewährleistet an, dass es im Olympischen Dorf keinen Corona-Ausbruch geben wird, etwa 90 Prozent der dort anwesenden Personen werden geimpft sein. Wir mussten sehr detaillierte Pläne vorlegen, wohin sich welche Person in Tokio bewegt, wobei sich dies auf den reinen olympischen Bereich beschränkt. Der Kontakt zur Bevölkerung soll gemieden werden, Ausflüge in die Innenstadt wird es diesmal nicht geben.“
Abel: „Dazu muss jeder vor und nach der Abreise 3 PCR-Tests absolvieren, jeder wird zudem täglich getestet. Ein Spaß ist etwas anderes. Auch der Besuch anderer Sportstätten ist nicht möglich, nur auf die Anlage seiner eigenen Sportart kann man, auch wenn man an dem Tag keinen Wettbewerb absolviert. Außerdem muss jeder Sportler am Tag nach seinem letzten Wettkampf direkt abreisen.“
Gabelmann: „In Tokio wird nicht gefeiert, außer der DOSB lässt sich für das Olympische Dorf etwas einfallen. Ein Deutsches Haus etwa wird es nicht geben. Allerdings besteht die Chance beim Empfang am Flughafen, sollte das bis dahin möglich sein. Zehn Sportler werden zum Beispiel am 1. August zurück in Frankfurt sein. Auch eine Teambuildingmaßnahme oder eine gemeinsame Verabschiedung vor der Abreise, das Gros flog am 17. Juli, wird es nicht geben, wir wollen alle Gesundheitsrisiken vermeiden. So wird es diesmal zu dem Novum kommen, dass sich einige unserer Schützen erstmals sehen und kennenlernen, wenn sie sich im Dorf gemeinsam an einen Tisch setzen oder sich sogar das Zimmer teilen.“

Ich verspüre große Vorfreude!

Thomas Abel freut sich trotz der Corona-Einschränkungen auf die Olympischen Spiele

Ihre wievielten Spiele werden das sein?
Gabelmann: „Ich stehe vor meinen achten Sommerspielen, ununterbrochen seit Barcelona 1992. Es werden auch definitiv meine letzten sein, spätestens im April 2022 werde ich in Rente gehen. Meine Vorfreude hat am 9. Juni begonnen, als wir das Olympia-Vorbereitungsgespräch mit dem DOSB hatten, das war für mich die Initialzündung. Zuvor waren noch zu viele andere Fragen offen. Für die Sportler sind die Spiele ganz wichtig. Sie brauchen dieses Ziel, um einen Schlusspunkt ihrer Trainingsarbeit zu haben.“
Abel: „Ich verspüre große Vorfreude. Es werden meine dritten Spiele sein, aber meine ersten in neuer Funktion direkter an den Sportlern. Vorher, beim DOSB, hatte ich mehr administrative Aufgaben bei der Betreuung der Schützen und Reiter. Dennoch herrscht angesichts der Umstände rund um die Pandemie bei mir kein Frohlocken. Doch ich freue mich, meinen Teil zu einem möglichst erfolgreichen Abschneiden unserer Teilmannschaft beizutragen.“

Was sind die Ziele?
Gabelmann: „Wir fahren zwar mit einem kleinen Team, doch unsere aussichtsreichen Spitzenschützen sind alle dabei. Die Hauptlast werden die Disziplinen Pistole und Bogen tragen, in beiden Bereichen erhoffe ich mir jeweils eine Medaille. Natürlich ist auch mehr möglich. Olympische Spiele entwickeln so viel Eigendynamik: Gibt es in den Qualifikationen die erste große Überraschung? Wann kommt die erste Medaille? Wie ist die Stimmung im Team?“

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