Weltcup

Weltcup München: Monika Karsch: „Man muss für alles eine Idee haben“

18.05.2018 10:30

Pistolenschützin Monika Karsch aus Regensburg kennt die Olympiaschießanlage in München-Hochbrück wie ihr eigenes Wohnzimmer. Nun will sie diesen Heimvorteil auch beim Weltcup (23.-29.5) nutzen und dort zum ersten Mal ins Finale einziehen.

Weißblauer Himmel, Brezenduft, bekannte Gesichter. Es ist dieses Gefühl von Heimat, oder „dahoam“ wie man in Bayern sagt, wenn die 35-Jährige den Schießstand in München-Hochbrück betritt. Seit Jahren trainiert die Regensburgerin auf der Olympiaschießanlage, kennt jeden Winkel der Anlage. Eigentlich die besten Voraussetzungen, um seine Routinen beim Heimweltcup als Trumpf auszuspielen. Doch was auf den ersten Blick perfekt erscheint, kann schnell zur Hürde werden. Denn ein richtiges „Weltcup-Feeling“ sei schwer zu bekommen, so Karsch. Viele der Spitzenschützinnen und -schützen kommen aus dem Großraum München, auch weil sie dort die perfekten Trainingsbedingungen vorfinden, da liegt es nahe, dass sie auch während des Weltcups das heimische Bett, dem des Hotels vorziehen. So kommt es oft vor, dass die Sportlerinnen und Sportler erst am Trainingstag anreisen und zwischen den Wettkämpfen wieder den Weg nach Hause antreten. Obwohl die Regensburgerin selbst eine von ihnen ist, sieht sie es mit gemischten Gefühlen: „Es kommt einem oftmals so vor, als wäre die Truppe nicht so eingeschworen.“ Denn im Gegensatz zum Heimweltcup, verbringt der Kader bei den Weltcups im Ausland oft Tage miteinander bis die Wettkämpfe beginnen oder der Flieger nach Hause geht. Das schweißt zusammen.

Besondere Umstände in München

Während die Schützinnen und Schützen in Mexiko, Korea oder in den USA auf sich alleine gestellt sind, bekommen sie in der Heimat Unterstützung von Familie, Freunden und Vereinskollegen, die aufgeregt die Daumen vor Ort drücken. Das Problem: Freunde und Familie erwarten oftmals, dass man Zeit mit ihnen verbringt, sich mit ihnen unterhält, ihnen Gesellschaft leistet. Für Athletinnen und Athleten, die sich auf ihren Wettkampf konzentrieren müssen, wird das zur Herausforderung. „Ich bin bei diesen Wettkämpfen immer sehr fokussiert. Ich mache meine Sachen, gehe an den Schießstand, schieße und dann gehe ich auch wieder, denn man braucht seine Konzentration“, erklärt die Olympia-Zweite. „Ich kann nicht den ganzen Tag rumstehen und ratschen, das mache ich bei anderen Wettkämpfen auch nicht.“ Zeit durch die vielen Servicestände zu schlendern, Dinge zu erledigen, den vielen bekannten Gesichter ‚Hallo‘ zu sagen und die Atmosphäre zu genießen, plane sie hingegen schon ein. Aber ein halber Tag muss dafür reichen. „Am Ende ist es meine Aufgabe, den Weltcup gut zu machen“, reflektiert die Sportsoldatin sich selbst. Während ihr Mann und Trainer Thomas beim Weltcup nicht fehlen darf, bleiben ihre beiden Kinder noch zu Hause. Zuschauen bei Bayerischen und Deutschen Meisterschaften sei schon mal drin, aber ein Weltcup ist doch noch einmal eine andere Hausnummer, „da brauche ich meine Ruhe“, erzählt die Zweifach-Mama mit einem Lachen. Um ihren Fokus zu finden, plane sie für alles genügend Zeit ein und ziehe sich oftmals zurück, auch, um ordentlich zu regenerieren. Das bleibt bei dem ganzen Trubel schnell auf der Strecke

Eine Medaille ist das große Ziel

Ruhe zu bewahren gilt es auch im Hinblick auf die Weltmeisterschaften in Korea im Herbst sowie die Olympischen Spiele in Tokio 2020. Zwar hat Karsch bereits ihren Top Team Tokio-Status durch eine Finalteilnahme in Changwon erreicht, doch zurücklehnen kann sie sich deshalb noch lange nicht: „Ich höre das Wort nicht gerne, denn mein Ziel ist es, so oft wie möglich ins Finale zu kommen – dann hat man den Status automatisch. Aber ohne Quotenplatz ist das alles nichts wert.“ Die Erfahrung der letzten vier Jahren habe ihr das gezeigt, denn ihre Olympiateilnahme in Rio war nur durch einen Quotenplatz-Tausch überhaupt möglich geworden – am Ende kam sie mit einer Silbermedaille nach Hause.  „Ich denke nicht so klein, dass ich mich über den TTT-Status freue. Für mich kommen noch viel wichtigere Sachen, denn letztendlich wollen wir eine Medaille holen!“, so Karsch kritisch. Und ohne Finalteilnahme, keine Chance auf eine Medaille. In München will sie ihren eigenen Erwartungen Stand halten, das erste Mal „zu Hause“ ins Finale einziehen und um Medaillen mitkämpfen. Bisher scheiterte die Sportsoldatin immer an ihrer eigenen Form, einer weniger guten Teil-Disziplin oder an der extrem hohen und guten Konkurrenz. „In München ist das Niveau nicht nur wegen der Anzahl der Teilnehmer sehr hoch, sondern der Stand liegt den Schützen auch gut. Ich hatte schon zweimal 384 Ringe und kam nicht ins Finale – auf anderen Ständen würde das reichen“, analysiert Karsch ihr bisheriges Abschneiden beim Heimweltcup. Während ein kleiner Ring über Erfolg oder Niederlage entscheiden kann, sagt das Ergebnis jedoch nicht immer auch etwas über die individuelle Leistung der Schützin oder des Schützen aus. Am Ende zählt für Karsch vielmehr sagen zu können: „Ich bin mit meiner Leistung zufrieden – erst dann schaut man aufs Tableau, ob es für das Finale reicht.“

Der letzte Schliff für den Heimweltcup

Gerade bei ihrer Paradedisziplin, der Sportpistole, kommt es häufig auf die äußeren Bedingungen am Wettkampftag an. Kälte und Wind haben dort viel Einfluss auf das Endergebnis. Doch manchmal sei dann auch ein nicht so gutes Ergebnis, aufgrund der schwierigen Bedingungen für alle, am Ende viel Wert, so die erfahrene Schützin. Gerade der „Wirbelwind“ kann in München eine entscheidende Rolle spielen. Nur die Schützin, die am Ende routiniert mit der Situation umgeht, wird mit einer Finalteilnahme belohnt. Deshalb wird das Training in München für Karsch noch einmal intensiviert: „Es gilt die taktischen Dinge der letzten Jahre aufzufrischen, damit man mit gut gefüllten Lösungsstrategien zum Weltcup fährt. Man muss das Gefühl haben, für vieles eine Idee zu haben.“ Auch den kleinen Baustellen widmet sie sich noch einmal vermehrt: „Ich muss an der Taktik arbeiten. ‚Wann nehme ich welchen Filter‘, ‚Wie fest mache ich die Iris zu‘ – das sind Dinge, die ich noch nicht gut gelöst habe.“ Sie habe jetzt bessere Lösungsansätze wie noch in Changwon, beteuert Karsch, da sei sie noch nicht bereit gewesen für eine Medaille. Das große Ziel für München ist wieder das Finale – doch auch da muss man erst einmal hineinkommen.

  

Die deutschen Teilnehmer in München

  • Gewehr: Jolyn Beer, Julia Simon, Isabella Straub, Beate Köstel, Lisa Müller, Jaqueline Orth, Maximilian Dallinger, Julian Justus, André Link, Daniel Brodmeier, Maximilian Wolf
     
  • Pistole: Monika Karsch, Sandra Reitz, Doreen Vennekamp, Julia Hochmuth, Michelle Skeries, Carina Wimmer, Philipp Käfer, Philipp Grimm, Michael Heise, Michael Schwald, Christian Reitz, Oliver Geis, Aaron Sauter, Maximilian Schenk, Mathias Putzmann
     
  • Betreuer
    Claus-Dieter Roth (Bundestrainer Gewehr)
    Detlef Glenz (Bundestrainer Schnellfeuerpistole)
    Jan-Erik Aeply (Disziplintrainer Pistole)
    Mario Gonsierowski (Assistzenztrainer Gewehr)
    Christian Pinno (Assistzenztrainer Gewehr)
    Daniel Barner (Assistzenztrainer Pistole)
    Norbert Klaar (Assistenztrainer Schnellfeuerpistole)
    Marco Spangenberg (Assistenztrainer Schnellfeuerpistole)
    Hannes Kratzer (Psychologe)
    Matthias Schneider (Physiotherapeut)