Weltcup

„Wenn die Schützen doch nur einschalten und zuschauen würden“

05.06.2003 00:00

Das Bayerische Fernsehen wird auch dieses Jahr wieder umfangreich vom Weltcup in Garching-Hochbrück berichten. Keine Selbstverständlichkeit, denn Sportschießen gehört sicherlich nicht zu den so genannten „Quotenbringern“, sondern eher zu den medialen Randsportarten. Trotzdem stehen die Ü-Wagen des Bayerischen Rundfunks am Samstag, den 14. Juni 2003, wieder auf dem Gelände der Olympiaschießanlage. In der Sendung „Sport aktuell“ von 16.00-17.00 Uhr plant der BR eine rund 30-minütige Übertragung. Mit dem Sportchef des BR-Fernsehens Werner Rabe (Foto) unterhielten wir uns folgenden Interview über das Verhältnis des BR zum Profisport und zu Sportarten, die nicht so sehr im Rampenlicht stehen wie zum Beispiel Fußball, Profiboxen und Formel eins.

 

Werner Rabe ist seit 1999 Bereichsleiter Sport und Freizeit, war als verantwortlicher Redakteur für Olympische Spiele und Weltmeisterschaften im Einsatz sowie darüber hinaus auch als Regisseur für die sportlichen Großereignisse im Biathlon zuständig und ist nicht zuletzt deswegen auch im Sportschießen ein kenntnisreicher Journalist.

„Herr Rabe, obwohl der Bayerische Rundfunk so prominente Vereine des kommerziellen Sports in seinem Sendegebiet hat wie die Bayern und 1860 München in der Bundesliga, wie den 1. FC Nürnberg, Greuther Fürth, SpVgg. Unterhaching, Wacker Burghausen und Jahn Regensburg künftig in der 2. Bundesliga – um nur einmal beim bezahlten Fußball zu bleiben – kümmern Sie sich mit Ihrer Redaktion doch auch intensiv um diejenigen Sportarten, die nicht so sehr im Rampenlicht stehen. Welche Gründe stehen dahinter ?“

„Wir versuchen immer wieder den Spagat zu finden, zwischen dem großen Profisport und den olympischen Sportarten. Speziell seit 1972, als die Olympischen Spiele hier in München stattfanden, sehen wir uns in einer Pflicht und das Sportschießen in Hochbrück liegt uns natürlich dabei am Herzen.“

„Wie ist das Sendeverhältnis beim BR zwischen Profisport und den anderen Disziplinen. Gibt es da eine Statistik in Ihrem Hause ?“

„Dies kann man schlecht in Prozentzahlen ausdrücken, denn die Profisportarten liefert der Bayerische Rundfunk auch in das gemeinsame Programm der ARD, während wir die kleineren Sportarten in unserem Dritten Fernsehprogramm übertragen. Aber hier ist das Interesse groß, wir spüren da ein Echo, nicht nur aus den Vereinen und Verbänden, sondern auch aus der Öffentlichkeit, obwohl wir natürlich sagen müssen, wer uns öffentlich-rechtlichen Anstalten vorwirft, „Ihr macht zu viel Profisport – Ihr macht zu viel Fußball“, der muss natürlich dafür sorgen, dass die anderen Sendungen auch angeschaut werden.“

„Es kommt ja nur im Dritten Programm und nicht im Ersten – eine Äußerung, die immer wieder fällt, besonders bei medialen Randsportarten. Was entgegnen Sie dann ?“

„Ich glaube, dass wir es gerade in Bayern geschafft haben, mit Kultsendungen wie „Blickpunkt Sport“, „Sport am Samstag“ oder „Sport aktuell“ eben wirklich die ganze Breite des Sports abzubilden. Wir versuchen dies neben der reinen Ergebnisberichterstattung über Emotionen, über sportspezifische Eigenarten der olympischen Sportarten, über Persönlichkeiten. Da ist durchaus ein Echo vorhanden und damit haben wir Erfolg. Darüber hinaus werden die großen Dritten Programme wie der WDR, SWR, NDR und auch wir in 95 Prozent aller Haushalte in Deutschland empfangen und der Zuschauer, der durch die bequeme Fernbedienung sowieso viel anspruchsvoller geworden ist und sich genau nur das ansieht, was er sehen möchte, nutzt das angebotene Sportprogramm auch über die Landesgrenzen hinaus. Wir wissen zum Beispiel, dass wir auf einen Zuschauer in Bayern im Schnitt zwei Zuschauer im gesamten Bundesgebiet haben und das spornt uns natürlich an.“

„Provokant gefragt, welche Rolle spielt das Argument der Quote bei Ihnen im Dritten Fernsehprogramm des BR ?“

„Natürlich wird inzwischen überall auf die Quote geschielt. Man muss ja auch fairerweise sagen, da verstecken sich auch Menschen, sprich Zuschauer, dahinter. Qualität kann nicht sein, wenn keiner zuschaut. Deswegen möchte ich Sie da auch kurz einmal zurück provozieren: Wenn jedes Mitglied im Deutschen Schützenbund sich eine Übertragung vom Sportschießen anschauen würde, dann könnten wir dies sogar um 20.15 Uhr im Abendprogramm der ARD stattfinden lassen. Dann wären es sicherlich drei bis vier Millionen Zuschauer, die sich vor dem Schirm versammeln würden.“

„Werden wir auch in Zukunft die ganze Breite des Sports bei Ihnen im Bayerischen Rundfunk angeboten bekommen ?“

„Ich hoffe nicht nur im Bayerischen Rundfunk. ARD und ZDF werden bei den Olympischen Spielen in Athen nächstes Jahr zusätzlich zu der Berichterstattung in den Hauptprogrammen je zwei digitale Kanäle öffnen und damit eine olympische Rundumversorgung 24 Stunden bieten, wo dann auch gerade die Randsportarten besonders berücksichtigt werden. Ich kann mir sicherlich vorstellen, dass dieses digitale Angebot, wenn es noch mehr Menschen sehen können, in Zukunft eine größere Rolle spielt und dann auch mehr Sportarten als bisher zu sehen sind.“

Sportschießen außerhalb der Olympischen Spiele um 20.15 Uhr in der ARD ? Heute wohl noch ein Traum.  Aber wenn jeder Leser dieser Zeilen – sei er Mitglied im Deutschen Schützenbund oder nicht – am 14. Juni 2003 zwischen 16.00 und 17.00 Uhr den Programmknopf des Bayerischen Rundfunks über seinen Kabelanschluss oder seine Satellitenschüssel findet und eine positive Quote am nächsten Tag errechnet wird, dann wären wir mit Sicherheit dem Traum ein Stückchen näher gekommen.