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Wenn Kinder Schützen werden

23.06.2006 00:00

Manche Eltern erschrecken, wenn ihr Kind plötzlich Schießsport betreiben will. Das gilt vor allem für Familien der gehobenen Mittelschicht. Dabei hat aber das Schützenwesen eine viele Jahrhunderte alte Tradition. Nachfolgend ein interessantes Gespräch mit dem Mediziner Dr. Urban Lanig (Foto), dessen Kinder aktive Jungschützen geworden sind.

 

Das Interview führte der Herausgeber und Chefredakteur des Deutschen Waffen-Journals, Walter Schulz, der uns den Abdruck des Artikels aus dem DWJ freundlicherweise zur Verfügung stellte:

„Herr Dr. Lanig, drei Ihrer vier Kinder sind im Kindesalter oder als Jugendliche aktive Sportschützen geworden. Und das, obwohl Sie familiär vorher keinen Bezug zum Sportschießen hatten. Wie kam es dazu ?“

„Mein ältester Sohn Julius bat mich und meine Frau überraschenderweise, es doch mal im Schützenverein Igersheim mit dem Sportschießen probieren zu dürfen. Da ich gute und begeisterte Schützen unter meinen Patienten habe und die Mitglieder des SV Igersheim über die Aktivitäten im Verein hinaus im Gemeindeleben bei öffentlichen Anlässen immer präsent sind, stimmten wir dem Wunsch zu. Julius hat sich in diesem Verein sofort wohlgefühlt, da er nicht nur in der Jugendmannschaft selbst, sondern auch über alle Generationen hinweg von Anfang an eine gute Gemeinschaft erfahren hat. Die Begeisterung an diesem Sport machte auch seine Geschwister neugierig.

„Wie reagierten Sie und Ihre Frau als Eltern auf dieses Interesse Ihrer Kinder ?“

„Wir unterstützten dieses Interesse, da wir vom sozialen Engagement und der guten Organisation des Vereins wussten. Aber das System mit dem Teiler und den Ringen und deren Auswertung müssen wir uns immer wieder von den Kindern erklären lassen.“

„Worin sehen Sie die besonderen Vorteile für Kinder und Heranwachsende, die aktiv Schießsport betreiben ?“

„Das Eingebundensein von Jugendlichen in die Gemeinschaft eines Vereins ist für ihre Entwicklung von großer Bedeutung. Gerade der Schießsport lebt von den gemeinschaftlich errungenen Erfolgen, aber auch von der Einzelleistung und fördert damit das SoziaIverhaIten. Das Rücksichtnehmen auf andere und Schwächere, Gewinnen und Verlieren lernen, die eigenen Grenzen erfahren, Ehrgeiz und Ausdauer bei der Verfolgung von Zielen - auch das gehört dazu.

Aber auch die Fähigkeit zu Konzentration und die Ausbildung der Feinmotorik dürfen nicht unerwähnt bleiben. Uns gefällt besonders, dass im Schützenwesen auf die Erziehung zu Zuverlässigkeit und Disziplin im Umgang mit dem Sportgerät großer Wert gelegt wird. Wie bei anderen Sportarten auch fordert das Training und die Ausbildung die Kinder, fördert ihre Leistungsbereitschaft und damit Ihre Zukunftschancen.“

„Wie geht der Schützenverein Ihrer Kinder an die Jugendarbeit heran ?“

„Die Jugendtrainer sind sehr einsatzbereit und begeistern die jugendlichen Schützen. Neben dem wöchentlichen Training und den Wettkämpfen treffen sich die Jugendlichen aber auch immer wieder zu gemeinsamen Unternehmungen und Aktionen.“

„Wie reagieren Freunde und Schulkameraden Ihrer Kinder auf deren sportliches Hobby ?“

„Die Reaktionen sind überwiegend positiv und interessiert. Skeptische Jugendliche stellen sich unter Sportschießen oft etwas ganz anderes vor, als es in Wirklichkeit ist.“

„Welchen Ratschlag würden Sie als Vater anderen Eltern mit auf den Weg geben, deren Kinder mit dem Sportschießen anfangen wollen, ohne dass es da eine lange Familientradition gibt ?“

„Selbstverständlich reagieren viele Eltern zuerst einmal ablehnend und sind erschreckt, wenn ihr Kind in einen Schützenverein möchte, da durch oftmals tendenziöse Medienberichterstattungen über bestimmte Ereignisse irrationale Ängste vorhanden sein können - zumal wenn es um Waffen geht.

Dagegen hilft echte Information. Bevor das Kind in einen Schützenverein eintritt, sollte es zuerst einmal schnuppern, um zu sehen, ob es für diesen Sport die nötige Begeisterung und Motivation mitbringt und sich im entsprechenden Verein wohlfühlt. Auch muss man sich im Vorfeld zuhause klarmachen, dass es sich um eine Sportart handelt, die eine gewisse Reife des Kindes voraussetzt. Verantwortungsbewusste Eltern sollten sich im Verein vor Ort informieren, um dann eine vorurteilsfreie Entscheidung zusammen mit dem Kind treffen zu können.“

Dr. Urban Lanig ist Arzt für Allgemeinmedizin und Sportmedizin. Er betreibt seine eigene Praxis im Weinort Markelsheim bei Bad Mergentheim und ist seit vielen Jahren ehrenamtlich politisch aktiv. Zu seinen wichtigsten ehrenamtlichen Funktionen gehört seine Tätigkeit als Kreisrat des Main-Tauber-Kreises.

Foto: DWJ