Olympische Spiele

„Wir haben Sydney deutlich übertroffen“

23.08.2004 00:00

Mit dem Skeetwettbewerb endeten am gestrigen Sonntag die Wettbewerbe im Sportschießen und Bogenschießen bei den Olympischen Spiele 2004 in Athen. Mit zwei Gold- und einer Silbermedaille sowie vielen Finalteilnahmen zählt der Deutsche Schützenbund nach der ersten Woche dieser Veranstaltung zu den erfolgreichsten Sportverbänden in Deutschland. Mit DSB-Sportdirektor Heiner Gabelmann (Foto) führten wir heute das folgende Gespräch zur Bilanz der deutschen Schützen in der griechischen Hauptstadt:

 

„Herr Gabelmann, eine Woche olympischer Schießsport ist vorüber. Wie sieht Ihre Zusammenfassung der Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Athen aus ?“

 

„Ich ziehe eine sehr erfreuliche Bilanz unter die Wettbewerbe, sowohl von der Medaillenausbeute her gesehen, wie auch von den Finalteilnahmen. Wir haben das Ergebnis von Sydney vor vier Jahren deutlich übertroffen. Dort hatten wir ja nur die eine Bronzemedaille bei den Bogenschützen, hier jetzt deren drei und bei den Finalteilnahmen konnten wir die Anzahl von sieben in Sydney hier in Athen auf dreizehn nahezu verdoppeln.

 

In der Nationenwertung Sportschießen liegen wir hinter Russland und China auf Rang drei, auch hier jeweils im Medaillenspiegel wie auch bei den Finalteilnahmen. Wir können damit insgesamt sehr zufrieden sein.“

 

„Wenn wir uns einmal die einzelnen Teildisziplinen ein wenig differenzierter anschauen, welches Analyse ziehen Sie dann ?“

 

„Im Gewehrbereich hatten wir mit sechs Finalteilnahmen bei zehn Chancen insgesamt sicherlich ein sehr positives Ergebnis. Die Silbermedaille von Christian Lusch im Liegendschießen hat diese günstige Bilanz noch hervorragend abgerundet. Natürlich hätte es noch ein wenig besser sein können, denn bei den Damen haben wir trotz der drei Finalteilnahmen von vier Chancen im Luft- und Sportgewehr keine Medaillen gewonnen, obwohl es gerade hier im Vorfeld sehr gut aussah.

 

Im Schnellfeuer gab es das Ergebnis, das wir uns nach dem vorherigen Saisonverlauf alle erhofft und im Stillen auch erwartet hatten, nämlich die Goldmedaille von Ralf Schumann. Unser zweiter Schütze, Weltmeister Marco Spangenberg, hat hier in Athen nicht ganz seine Leistungsstärke gezeigt, das lag wohl an der Nervosität von Marko im Wettkampf.

 

Die Ergebnisse in der Luft- und in der Sportpistole der Damen gehen völlig in Ordnung, sowohl von den Leistungen als auch von den Platzierungen her gesehen. Neben Sonja Pfeilschifter hätte es hier vielleicht noch eine weitere Medaille geben können, aber leider hat das nicht ganz gereicht.

 

Bei den Herren hatten wir uns in der Luftpistole und in der freien Pistole von vorne herein wenig ausgerechnet. Eine Finalteilnahme überhaupt wäre hier schon ein hervorragendes Abschneiden gewesen. In diesem Bereich sind wir im Vergleich zu Sydney 2000 nicht viel weiter gekommen.

 

Ein glänzendes Abschneiden natürlich mit der Goldmedaille von Manfred Kurzer und dem fünften Rang von Michael Jakosits in der Laufenden Scheibe. Besser geht es kaum, das muss man ganz klar sagen. Schade nur, dass diese Disziplin nicht mehr im olympischen Programm von Peking stattfinden wird.

 

In der Wurfscheibe hatten wir mit Susanne Kiermayer im Trap und Waldemar Schanz im Doppeltrap zwei Finalteilnahmen. So ganz kann man nicht zufrieden sein, eine Medaille hatten wir uns schon gewünscht, allerdings litten die Wurfscheibenschützen ein wenig unter den schwierigen Witterungsbedingungen auf dem Schießstand. Dort herrschte ein starker Wind, mit dem viele zu kämpfen hatten und der manche Medaillenhoffnung regelrecht verwehte. Im Trap der Herren war die Platzierung von Olaf Kirchstein mit Rang sieben in Ordnung, Weltmeister Karsten Bindrich wurde sicherlich etwas unter Wert geschlagen.

 

Im Bogenschießen wurde die vorgegebene Pflicht erfüllt. Hier war die Finalteilnahme Voraussetzung für die Nominierung und unser Team hat dies mit Rang sieben hier in Athen erfüllt.“

 

„Die staatlichen Fördermittel hängen ja stark vom Abschneiden einer Sportart gerade bei Olympischen Spielen ab. Wie sehen Sie die Aussichten für das Sportschießen dahingehend in den nächsten Jahren?“

 

„Wir werden meiner Ansicht nach in Ruhe auf Peking 2008 hin arbeiten können. Unser neues Konzept nach Sydney hat Früchte getragen und wir werden darauf aufsetzen. Wir werden, was die staatlichen Fördermittel angeht, wahrscheinlich weniger gekürzt werden, als so mancher anderer Verband. Das es mehr Geld gibt, ist kaum zu erwarten, das zeichnete sich schon vor den Olympischen Spielen ab.

 

Wichtig ist aber auch, dass sich unser Leistungssport hier auf dieser großen Bühne insgesamt gut verkauft hat. Dadurch hoffe ich, verbandsintern gesehen, dass die Bereitschaft bei den Verantwortlichen in unserem Verband bestehen bleibt, den Leistungssport finanziell weiterhin so zu unterstützen, wie es heutzutage einfach notwendig ist.“

 

„Für viele Sportler sind Olympische Spiele der Höhepunkt ihrer Karriere auf dem sie dann dem internationalen Leistungssport Lebewohl sagen. Wird es nach den Spielen in Athen in der Nationalmannschaft des DSB zu einem Schnitt kommen oder bleibt das Team auch in den nächsten Jahren zusammen ?“

 

„Bis heute habe ich noch von niemanden gehört, dass er im Nationalkader aufhören wird. Natürlich werden wir in den nächsten ein bis zwei Jahren verstärkt dem Nachwuchs eine Chance geben, sich für die Nationalmannschaft zu qualifizieren. Im Gewehrbereich in dieser Prozess ja bereits angelaufen. Hier haben wir drei junge und drei erfahrene Schützen im Kader gehabt. Auch in den anderen Disziplinen müssen wir dahin kommen und vor allem im Bogenschießen werden wir neu ansetzen müssen, um über die Weltmeisterschaften in Leipzig 2007 und über die Quotenplätze dann eine schlagkräftige Mannschaft für Peking 2008 aufzubauen.“

 

„Sie sprachen vorhin die Witterungsbedingungen auf den Wettkampfstätten an. Waren sie schlechter als bei anderen Olympischen Spielen vorher ?“

 

„Nun gut, der Wind war sicherlich ein Thema in den ersten Wettbewerben, besonders bei den Wurfscheibenschützen. Gott sei Dank waren wir da noch bei den Gewehr- und Pistolendisziplinen in der Halle, denn die Luftdruckwettbewerbe standen ja zunächst auf dem olympischen Programm. Dadurch haben unsere Schützen in diesen Disziplinen wenig vom Wind gespürt.

 

Aber bei den Damen und Herren im Trap war es extrem und selbst noch beim Doppeltrapwettbewerb hat der Wind die Ergebnisse stark beeinflusst. Solche Voraussetzungen kann man zum Beispiel in Deutschland auf einem heimischen Schießstand gar nicht trainieren, das nur, um Ihnen einmal eine Vorstellung von der Windstärke zu geben. Ansonsten war die Hitze zum Ende der Wettbewerbe noch ein Problem.

Darüber hinaus gab es aber keine Schwierigkeiten, auch nicht bei der technik oder mit Helfern und Kampfrichter. Wie es sich schon beim vorolympischen Weltcup angedeutet hatte, konnten die Wettkämpfe auf hohem Niveau ausgetragen werden.“

 

„Welche Eindrücke werden Sie ganz persönlich von den Olympischen Spielen aus Athen mitnehmen ?“

 

„Heute ist der erste Tag nach den Wettkämpfen und da ist zunächst einmal die Zeit zum Durchatmen gekommen. Wir werden auch noch eine erste Schnellanalyse der Wettkämpfe vornehmen. Danach werde ich in den nächsten Tagen versuchen, mir noch ein paar andere Wettkämpfe anzusehen. Die Leichtathletik interessiert mich sehr und auch zum Beachvolleyball möchte ich hingehen, um dort einmal die Atmosphäre ein wenig zu schnuppern.

 

Bisher schon haben wir eine freundliche Stimmung uns Deutschen gegenüber in der Stadt erlebt. Das hängt mit Sicherheit auch noch mit der Fußball-Europameisterschaft und „König Otto“ zusammen, der hier unheimlich populär ist. Von daher freue ich mich nun auf die nächsten Tage.“