International
„Wir werden in Leipzig 2007 erfolgreich sein“
Nach Abschluss der Weltmeisterschaften im Bogenschießen, bei denen die deutschen Schützen im Mannschaftswettbewerb mit einem sechsten Rang der Compound-Damenmannschaft und im Einzelwettbewerb mit einem siebten Rang durch Paul Titscher (Glindow) bei den Compound-Herren die besten Platzierungen erzielten, sprachen wir mit dem Cheftrainer der deutschen Mannschaft, Martin Frederick (Foto), über die aktuelle Situation und die Zukunft vor allem des olympischen Recurvebogens.
„Martin Frederick, wie beurteilen Sie die Leistungen Ihrer Schützlinge hier bei den Welttitelkämpfen in der spanischen Hauptstadt ?“
„Es war ein wenig dünn, im Mannschaftsbereich haben wir uns mehr vorgenommen und es war auch hier in Madrid mehr für uns drin. Wir haben uns im Mannschaftswettbewerb klar unter Wert verkauft. In den Einzelwettbewerben habe ich ein paar hoffnungsvolle Ansätze gesehen und in Teilbereichen bin ich auch zufrieden mit den Leistungen.“
„Wo liegen denn die Defizite und was muss auch im Hinblick auf die nächsten Weltmeisterschaften, die ja 2007 mit Leipzig in Deutschland stattfinden werden, eventuell geändert werden ?“
„Klar, Deutschland war früher in den Medaillenrängen und genau da gehören unsere Sportlerinnen und Sportler wieder hin. Das Potenzial ist zweifelsfrei da. Beim letzten Grand-Prix haben wir ja sehr gute Damen gesehen, aber hier bei der WM konnten sie diese Leistung nicht noch einmal zeigen. Die Konstanz fehlt noch und wir müssen daran arbeiten, dass wir stabiler in den Wettkämpfen werden.“
„Stichwort wettkampfstabil: Wir haben Bogenschützen, die vor allem bei großen internationalen Veranstaltungen wie Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen oft nicht die Leistung abrufen können, die man sonst von ihnen bei nationalen Meisterschaften oder aber internationalen Grand-Prix’s erwarten kann. Ist der deutsche Kader noch zu klein, ist innerdeutsche Konkurrenz noch nicht groß genug ?“
„Das werden wir in Zukunft sehen. Ich hoffe, dass in Zukunft noch weitere Juniorinnen und Junioren in unser Team kommen werden, die sich dann auch um die Plätze im Erwachsenenbereich bewerben und die Konkurrenz beleben. Da werden sich alle, die heute im B-Kader sind, durchsetzen müssen. Es ist gut, dass aus dem Nachwuchsbereich hoffnungsvolle Talente nachwachsen. Bei der Qualifikation für diese Weltmeisterschaften waren ja schon drei Juniorinnen eingeladen. Wenn die Fuß fassen könnten, so wie es Karina Winter ja getan hat, die frisch aus dem Juniorenlager kam, wäre das natürlich höchst erfreulich für uns und ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.“
„Ist das frühe Ausscheiden in den ersten Runden der Direktausscheidung vielleicht ein Mangel an speziellem Finaltraining, wie es einige Experten unterstellen ?“
„Natürlich trainieren wir die Finalsituation. In allen Lehrgängen ist das Finaltraining ein fester Bestandteil und das nicht nur einmal, sondern wir trainieren diese Situationen sogar oft, dann auch mit strengerer Zeitvorgabe oder Handicaps. Trotzdem kann man diese Situationen nie genauso simulieren, wie es dann in der Realität ist.“
„Wie viel Zeit steht Ihnen denn im Jahr mit dem Kader zur Verfügung ?“
„In der Freiluftsaison haben wir im April angefangen, gut zehn Tage, dann sind wir zum Grand-Prix gefahren, zwischendurch war das Ranglistenturnier, sodass wir immer punktuell die Mannschaft zusammen hatten. Vor dem Grand-Prix in Zopot hatten wir noch einmal einen Lehrgang, anschließend der Grand-Prix in dem polnischen Badeort und hier in Madrid hatten wir noch einen kurzen Vorbereitungslehrgang für die WM-Mannschaft. Alles in allem waren wir 17 Tage auf Lehrgängen zusammen. Natürlich wünsche ich mir, dass wir mehr gemeinsam arbeiten könnten.“
„Wie geht es dieses Jahr noch weiter ?“
„Der Jahreshöhepunkt ist mit diesen Weltmeisterschaften sicherlich vorbei. Natürlich entlassen wir unseren B-Kader nun nicht ins Nichts, denn wir haben ja noch die Rangliste und dann die Deutschen Meisterschaften. Ich werde mit dem Team sprechen, dass es sich auch auf diese Veranstaltungen ordentlich vorbereitet. Auch diese Veranstaltungen sind wichtig, denn wenn Defizite so wie hier auftreten, muss man versuchen, sie in den folgenden Wettbewerben abzustellen.“
„Wäre es einen Versuch wert, das Team an einem Ort zusammen zu ziehen – Stichwort Zentralisierung. Im gesamten deutschen Sport ist dies ja ein Thema, auch für Sie ?“
„Unser Sport findet ja im reinen Amateurbereich statt. Anja Hitzler hat noch die besten Voraussetzungen als Angehörige einer Sportförderkompanie der Bundeswehr, alle anderen üben das Bogenschießen neben ihrem Beruf oder ihrer Schulausbildung aus. Aber es ist schon richtig, ideal wäre, wenn unsere Schützinnen und Schützen sich jeden Tag miteinander messen könnten, aber wie gesagt, das ist eine Wunschvorstellung von mir, weitab jeder Realität. Wie sieht denn die Wirklichkeit aus ? Da sagt mir zum Beispiel Michael Frankenberg, nachdem er seinen Jahreskalender überprüft hat: Schau, Martin, nach Antalya zum Grand-Prix kann ich nicht mitkommen, weil ich nicht soviel Urlaubstage nehmen kann. Wenn ich einen Großteil meines gesamten Jahresurlaubs aufwende, schaffe ich die WM-Vorbereitung, die Qualifikation und dann die WM selbst.
Ich kann doch niemandem vorschreiben, den Wohnort oder den Arbeitgeber zu wechseln, um in einem mehrwöchigen Trainingscamp sich auf die nächsten Wettbewerbe vorzubereiten. Das geht bei uns in Deutschland nicht. Wir müssen aus dieser Situation das Beste machen.“
„Zum Abschluss: die Weltmeisterschaften in Madrid sind vorbei, vor uns liegen die Titelkämpfe im eigenen Land. 2007 wird Leipzig Austragungsort sein, dann sogar mit der Qualifikation um die olympischen Quotenplätze. Was sieht die Vorbereitung jetzt auf dieses Großereignis des Bogensports vor der eigenen Haustüre aus ?“
„Wir haben im nächsten Jahr die Europameisterschaften, da wird nur über die 70-Meter-Distanz geschossen, und da denke ich schon an einige interessante Aspiranten, wie zum Beispiel den jungen Florian Floto oder aber auch Kai Müller, Bastian Neusius und Christian Weiss. Die Jungs werden auf jeden Fall zur Ausscheidung fahren. Punktuell haben sich schon gute Leistungen erbracht, aber auch hier muss noch die Stabilität folgen.
Im nächsten Jahr haben wir also die Europameisterschaften plus vorheriger Ausscheidung, dann folgt speziell für die Junioren deren Weltmeisterschaften – dort müssen sie das gleiche Programm absolvieren, das hier in Madrid auch von den Erwachsenen geschossen wird – und da können die talentierten jungen Schützen dann über EM der Erwachsenen und Junioren-WM den Sprung in das Team für Leipzig schaffen. Da kommt mit Sicherheit neuer Schwung in unser Bogenteam. Wir wollen die Weltmeisterschaften im eigenen Land mit größtmöglicher Arbeit angehen und ich denke, wir werden in Leipzig 2007 mit einem starken Team antreten und erfolgreich sein.“