Olympische Spiele

„Wir wollen alle Chancen nutzen“

20.11.2003 00:00

Bei den Europameisterschaften für Luftdruckwaffen in Göteborg (Schweden) konnten durch Dorothee Bauer (Speyer) und Abdullah Ustaoglu (Riegel) zwei weitere Quotenplätze für den Deutschen Schützenbund im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2004 in Athen gewonnen werden. Damit erhöhte sich die Anzahl der Olympiatickets für den Verband auf insgesamt 21 Startberechtigungen. Die EM in Göteborg war gleichzeitig die letzte Möglichkeit für die deutschen Kugelschützen, diese begehrten Fahrkarten für Athen zu gewinnen. Grund genug mit dem Sportdirektor des DSB, Heiner Gabelmann (Foto), eine erste Bilanz zu ziehen.

 

„Herr Gabelmann, sind Sie zufrieden mit der Ausbeute von bisher 21 Quotenplätzen, die für den Verband gewonnen wurden ?“

„Ja, ich bin damit zufrieden, zumal die Chancen auf weitere Plätze im Bogenbereich bei den Europameisterschaften in Brüssel im Mai des kommenden Jahres bestehen. Bei den Disziplinen des Internationalen Schießsport Verbandes (ISSF) haben wir genau so gut abgeschnitten wie vor vier Jahren, mit einem deutlichen Plus im Wurfscheibenbereich, der sich sehr gut entwickelt hat. Dagegen liegen wir bei den Gewehr-Herren Kleinkaliber und bei den Bogenschützen derzeit im Minus. Vor vier Jahren hatten wir mit vier gewonnenen Quotenplätzen im Bogenschießen deutlich besser abgeschnitten. Da müssen wir jetzt noch einmal bis ins nächste Jahr hoffen.“

„Welches waren für Sie die positiven und negativen Überraschungen bei der Quotenplatzausbeute ?“

„Vielleicht vorher kurz ein Wort zur Quotenplatzvergabe. Das System hat sich nach Sydney 2000 stark geändert, denn jeder Schütze kann nur einen einzigen Platz gewinnen, während es vor Sydney und Atlanta möglich war, in mehreren Disziplinen, also zum Beispiel in Luftpistole und Sportpistole oder in Trap und Doppeltrap, durch den gleichen Schützen Plätze zu gewinnen. Die Mehrfachvergabe von Quotenplätzen hat die ISSF ausgeschlossen und dadurch haben wir jetzt mehr Schützinnen und Schützen auf der Erfolgsliste als früher. Wir hatten eigentlich gedacht, dass es im Laufe des Jahres leichter wird, ein Ticket für Athen zu gewinnen, aber das hat sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil: In der Luftpistole der Damen zum Beispiel, wo wir uns Hoffnungen auf einen Erfolg bei der EM in Göteborg gemacht hatten, gab es für 380 Ringe keinen Quotenplatz mehr. Viele kleinere europäische Länder hatten sich auf diese Veranstaltung gut vorbereitet, haben dort ihr Glück gesucht und auch gefunden.

Im Luftgewehr hat sich die Spezialisierung ausgezahlt. Hier haben Torsten Krebs (Foto links), Frank Köstel und nicht zuletzt auch Erich Schallmair hervorragende Leistungen gezeigt, dagegen hat es im Kleinkaliber auf internationaler Ebene ganz knappe Resultate zu unseren Ungunsten gegeben.“

„Werden diese Disziplinen bei den Spielen in Athen trotzdem besetzt oder geben Sie der Spezialisierung das Übergewicht bei Ihren Überlegungen ?“

„Wir wollen natürlich alle Chancen nutzen, denn wenn man in einer Disziplin nicht antritt, hat man schon von vorne herein verloren. Unser Ziel ist, die Startplatzzahl für die Olympischen Spiele in Athen optimal zu gestalten. Dies soll allerdings nicht auf Kosten der Spezialisten gehen, die sich auf ihre Disziplin ganz konzentriert vorbereitet haben. Konkret gesprochen wollen wir den einen Platz im Gewehr der Damen, der bei der EM gewonnen wurde, im Herrenbereich nutzen. Das haben wir schon im Vorfeld mit der Nationalmannschaft und den Aktivensprechern geklärt. Bei den Herren wird dieser getauschte Platz wie auch der zweite Luftgewehrplatz in einer offenen Olympiaqualifikation vergeben. Ähnliche Möglichkeiten bieten sich im Disziplinblock Pistole mit einem Tausch von den Herren auf die Damen an.“

„Haben Sie die Hoffnung auf „Wildcards“, die der Internationale Schießsport Verband vergeben kann ?“

„Wildcards sind ja nur dort ein Thema, wo unsere Schützen ganz knapp gescheitert sind. Dies war in der Gewehrdisziplin 60 Schuss liegend der Fall, wo wir mit unterschiedlichen Schützen mehrere Male nur hauchdünn an einem Quotenplatz gescheitert sind. Wir werden in diesem Wettbewerb einen Antrag stellen, der dann von der so genannten Tripartite-Commission entschieden wird. Allerdings kommen bei dieser Vergabe erst einmal die Nationen dran, die wenig oder keine Quotenplätze bisher gewonnen haben. Trotzdem wollen wir es versuchen, wie auch bei Christine Brinker, die im Skeet der Damen ja nur knapp bei den Weltmeisterschaften der Wurfscheibenschützen mit ihrem neunten Rang an einem Olympiaticket gescheitert ist.“

„Wie hoch stehen die Chancen im Bogenschießen, wo ja bisher nur Alexander Fröse mit seinem 28. Rang bei den Weltmeisterschaften in New York den Startplatz für Athen gewonnen hat ?“

„Rein theoretisch könnte sogar die Herrenmannschaft in Athen noch teilnehmen. Zwei Quotenplätze sind ja bei den Herren auch in Brüssel noch zu erringen. Realistisch betrachtet muss Alexander Fröse allerdings durch einen achten Rang im Einzelwettbewerb beim Grand Prix in Rovereto oder bei der EM in Brüssel seine Endkampfchance, die das Nationale Olympische Komitee fordert, nachweisen. Darüber hinaus können sich aber auch andere DSB-Schützen durch entsprechende Leistungen in den Olympiakader qualifizieren.

Bei den Damen sieht es etwas schlechter aus. Auf der Warteliste der FITA steht Cornelia Pfohl als beste deutsche Schützin auf Position drei, doch es ist kaum damit zu rechnen, dass ein Land freiwillig auf einen gewonnenen Quotenplatz verzichtet. Wie die Herren können auch die deutschen Schützinnen in Brüssel noch zwei Quotenplätze gewinnen und ich hoffe, dass vielleicht ein Schütze und eine Schützin dies realisieren und wenn dann noch Fröse seine Endkampfchance nachweist, könnten wir mit zwei Herren und einer Dame nach Athen reisen. Dies ist zwar aus meiner Sicht unbefriedigend, aber jetzt auch nicht mehr zu ändern.“