Allgemeines

DSB-Themenwoche: Freundschaft im Sport: Zwischen Rivalität & Zusammenhalt

08.09.2020 08:13

Sie sind Stütze, Trainingspartner, Seelenklemptner und gleichzeitig die größte Konkurrenz: Freunde im Sport. Einige kennt man von klein auf, andere kommen – und gehen. Über Jahre entsteht eine Sportlerfamilie, die sich jedes Jahr neu formiert, aber immer mit dem gleichen Ziel: Das Beste zu erreichen. Wie schwierig es manchmal ist, sich gegenseitig zu stützen und trotzdem an seinen eigenen Zielen festzuhalten, erzählen uns die beiden Nationalkaderathletinnen Katrin Butterer (Flinte/ gebr. Wieslhuber) und Tina Lehrich (Gewehr).

Bild: Lehrich / Für Tina Lehrich (Zweite von links) gehört die EM in Tallinn (EST) mit ihren Freundinnen 2017 zu ihren schönsten Erinnerungen.
Bild: Lehrich / Für Tina Lehrich (Zweite von links) gehört die EM in Tallinn (EST) mit ihren Freundinnen 2017 zu ihren schönsten Erinnerungen.

Im Nationalkader trifft man auf Menschen, die mit dem Schießsport schon mal ein gleiches Interesse haben, die gleiche Ziele verfolgen und auch oftmals ähnliche Charaktereigenschaften wie Ehrgeiz, Teamfähigkeit und Zielstrebigkeit aufweisen. Also die perfekte Grundlage für Freundschaften. Was machen für dich Freundschaften im und durch den Sport aus?
Lehrich: „Freundschaft im und durch den Sport ist was Besonderes. Man trifft Menschen, die einen auf eine andere Art und Weise verstehen als  Freunde außerhalb des Sports. Außerdem schafft man es, sich gemeinsam zu unterstützen, obwohl immer nur einer gewinnen kann.“
Butterer: „Freundschaften im Sport machen für mich aus, dass man jemanden hat, mit dem man seinen Trainingsalltag gestaltet und mit dem man viele Sachen, die mit dem Sport zu tun haben, bereden kann. Freundschaften im Sport machen es aber auch aus, dass man fern ab vom Sport schöne Stunden zusammen verbringt, bei denen es nicht um das Schießen geht.“

An welches Erlebnis mit deinen Sportfreunden denkst du am liebsten zurück?
Lehrich: „An meine letzte Junioren-Europameisterschaft 2016 in Tallinn (EST) und an den Einzug ins Bundesligafinale letzte Saison mit meinem Team vom SV Wieckenberg.“
Butterer: „An die Europameisterschaft 2017 in Baku, naja, vielleicht nicht direkt an den Wettkampf. Wir haben im Team, zusammen mit Christine Wenzel und Nele Wißmer, den ersten Platz in der Teamwertung belegt. Allerdings mussten wir auf die Medaille acht Monate warten. Dies hat uns als Team von drei Freundinnen zu einer echten Einheit werden lassen.“

Aber einen guten Leistungssportler macht es auch aus, anderen – und vor allem Freunden – den Erfolg zu gönnen und sich zusammen darüber zu freuen!

Katrin Butterer, Nationalkader Skeet

Als Leistungssportler will man gewinnen, man will selbst der Beste sein. Was passiert bei euch aber, wenn der Sportfreund auf der Erfolgswelle schwimmt und man selbst der eigenen Leistung hinterherhinkt?
Lehrich: „Ich gönne dann den Erfolg und freu mich für den anderen. Klar ist mein Ehrgeiz geweckt, ich bin dann aber nicht eifersüchtig oder so. Für meine Leistung bin ich selbst verantwortlich und kein anderer.“
Butterer: „Natürlich ist das eine schwierige Situation, jeder möchte gerne der oder die Beste sein. Aber einen guten Leistungssportler macht es auch aus, anderen – und vor allem Freunden – den Erfolg zu gönnen und sich zusammen darüber zu freuen.“

Bild: DSB / Vor allem im Training sind Freunde für Katrin Butterer eine wichtige Unterstützung.
Bild: DSB / Vor allem im Training sind Freunde für Katrin Butterer eine wichtige Unterstützung.

Wie viel Konkurrenzdenken darf es hier geben?
Lehrich: „Das kommt drauf an: An der Schießlinie so viel, wie man selbst meint. Hinter der Schießlinie braucht man das meiner Meinung nach nicht.“
Butterer: „Ich denke, Konkurrenz ist auf dem Weg an die Spitze sehr wichtig. Jeder will der oder die Beste sein. Und wie jeder weiß: ‚Konkurrenz belebt das Geschäft‘. Man muss dabei den Sport und die Freundschaft aber klar voneinander trennen. Das eine ist der Sport auf dem Schießstand, das andere die Freundschaft fern ab vom Schießstand.“

Wie wichtig ist die gegenseitige Unterstützung auf dem Weg an die Spitze?
Lehrich: „Ich finde, dass das sehr wichtig ist. Das ist wie im alltäglichen Leben, gemeinsam schafft man mehr und man spornt sich gegenseitig zu besseren Leistungen an. Aber auch wenn es mal nicht so läuft, hilft es, dass man jemanden hat, der genau versteht, wie man sich gerade fühlt und mit dem man reden kann.“
Butterer: „Sich gegenseitig zu unterstützen, finde ich sehr wertvoll. Man kann viel voneinander lernen und profitiert auch von dem gemeinsamen Training, wobei man sich auch an den Leistungen der anderen orientieren kann. Außerdem motiviert es, einen Trainingspartner/Freund an seiner Seite zu haben.“

Auch zwischen den besten Freunden gibt es einmal Streit. Normalerweise kann man sich dann aus dem Weg gehen, aber nicht, wenn man mit dem Nationalkader auf Reisen ist oder auf dem Lehrgang. Welche Herausforderungen gibt es da zwischen Sportfreunden auch in Bezug auf die Leistungsfähigkeit?
Lehrich: „Gerade wenn man unterwegs auf Wettkämpfen ist, sollte man in der Lage sein, die Probleme direkt zu benennen und zu klären. Schießen ist zum Großteil Kopfsache und wenn der Kopf nicht frei ist aufgrund von Streitigkeiten, kann das die Leistung negativ beeinflussen.“
Butterer: „Als Herausforderung würde ich es nicht ansehen. Es ist dabei nur wichtig, dass man vorher eine klare Absprache trifft, wie man mit solchen Situationen umgeht. Am besten ist es jedoch, man spricht sich einfach aus und schafft den Streit aus der Welt.“

Du bist als Sportler viel unterwegs und man muss lernen seine Prioritäten zu setzen. Wie schwierig ist es Freundschaften außerhalb des Leistungssports zu pflegen?
Lehrich: „Es ist nicht leicht. Gerade in den Monaten, in denen ich viel zum Schießen unterwegs bin und auch in der Uni viel beschäftigt bin, habe ich meist nur virtuellen Kontakt zu meinen Freunden außerhalb des Schießsports. Aber wenn man die richtigen Freunde hat, verstehen die das und unterstützen einen auf seinem Weg. Umso schöner ist dann das Wiedersehen nach längerer Zeit.“
Butterer: „Das finde ich ist sehr schwierig.“

Hast du manchmal Angst davor, dass die Freundschaften, die du dir jetzt im Sport aufgebaut hast, zerbrechen, wenn du mit dem Sport aufhörst?
Lehrich: „Nein, da sehe ich es so, wie mit meinen Freunden außerhalb des Schießsports: wenn es die richtigen Leute sind, dann hält die Freundschaft auch. Natürlich müssen immer beide was dafür tun.“
Butterer: „Viele Freunde trifft man bei Lehrgängen, Ranglisten oder internationalen Einsätzen. Sobald man dem Sport den Rücken zukehrt, besteht natürlich die Angst, dass die Freundschaften daran zerbrechen.“

Wenn du nun an deine engsten Sportfreunde denkst, für was bist du am meisten dankbar?
Lehrich: „Einfach dafür, dass sie da sind und für die vielen schönen gemeinsamen Erinnerungen, die ich schon habe und die noch kommen werden.“
Butterer: „Ich bin dankbar für die Unterstützung im Trainingsalltag und auf Reisen, aber vor allem abseits des Sports.“

Weiterführende Links