Weltmeisterschaften
Vorderlader Long-Range WM Bisley: Neun Medaillen für DSB-Team
In der vergangenen Woche trafen sich etwa 70 Schützen aus zwölf Nationen und von vier Kontinenten, um Ihre Weltmeister im Long-Range-Schießen mit Vorderladerwaffen zu ermitteln. In gewissen Bereichen war die Übermacht der Amerikaner und der Engländer fast erdrückend. Dennoch konnte sich das Team des DSB sehr beachtlich schlagen, holte insgesamt neun Medaillen und konnte am Ende sogar noch einen Einzel-Weltmeister stellen.
Bedenkt man, dass die Australier, die Neuseeländer, die Amerikaner sowie die Süd-Afrikaner und vor allem die Briten über eine Reihe von eigenen Long-Range-Anlagen verfügen, war es für die restlichen Nationen, die überwiegend vom europäischen Kontinent kamen, kein leichtes Unterfangen, hier um die Medaillen mit zu kämpfen. Während der ersten drei Tage wurden die sogenannten Mid-Range-Entfernungen (300/500/600 Yards) in Angriff genommen, und so wurden am ersten Tag die Sieger im Einzel und in der Mannschaft auf die Entfernung von 300 Yards ermittelt. Hier konnte sich Petra Leonhard, nicht ganz unerwartet, die Bronzemedaille im Einzel mit ihrer Originalwaffe sichern. Das deutsche Team mit den Schützen Petra Leonhardt, Thomas Laumer, Günther Kunz und Markus Gebhardt kam durch eine sehr gleichmäßige (40/40/43/43 = 166 Ringe) Leistung sogar auf den "Platz an der Sonne" vor Norwegen (160 Ringe) und den Vereinigten Staaten (157 Ringe). Bei der Entfernung 500 Yards konnte sich Markus Gebhardt in der Repro-Klasse mit sehr guten 45 Ringen und 4 V-Bulls eindrucksvoll in Szene setzen, war aber schließlich dem Australier Mark Sobierajski, der mit 48 Ringen und 5 V-Bulls einen neuen Weltrekord schoss, nicht ganz gewachsen. Dennoch freute er sich riesig über den Gewinn der Silbermedaille. Im Team reichte es hier mit 159 Ringen und 6 V-Bulls, nach USA (163 Ringe /5V.), Großbritannien (161 Ringe / 4 V.) und den ringgleichen Süd-Afrikanern (159 Ringe / 7 V.) leider nur für Rang vier. Bei den ersten beiden Tagen ist zu bemerken, dass die äußeren Bedingungen zwar durch Hitze und Mirage beeinflusst waren, das deutsche Team aber recht gut damit zurechtkam. Der Wind spielte hier eine untergeordnete Rolle. Am dritten Tag änderte sich das schlagartig. Bei den 600 Yards zogen immer wieder Regenwolken über die Range, der Wind frischte auf und die Temperaturen fielen um etwa 15° Celsius. Bei diesen Witterungsverhältnissen hatten dann die Amerikaner deutlich die Nase vorne, was sich auch auf die Mannschaftswertung niederschlug. Hier nahmen die US-Boys (167 Ringe) den Deutschen (157 Ringe) sogar ganze 10 Ringe ab. Diese konnten den zweiten Platz noch knapp vor Süd-Afrika (156 Ringe) ins Ziel retten.
Beim Mid-Range-Aggregate (also der Zusammenfassung aller Midrange-Entfernungen) kam Petra Leonhardt auf Rang drei hinter den beiden Briten Whittaker und Beck ins Ziel und holte sich Bronze bei der Original-Klasse. Bester Deutscher in der Repro-Klasse war Markus Gebhard auf Rang sieben. In der Gesamtwertung der Mannschaften auf die Mid-Range-Entfernungen kam Deutschland dann doch noch mit 482 Ringen/14 V.) knapp hinter den USA (487 Ringe/16 V.) und vor Süd-Afrika (469 Ringe/16 V.) auf den Silber-Platz. Ärgerlich waren eben bei der letzten Entfernung die 10 Ringe, die man gegen die USA hatte "liegenlassen".
Na ja, ich hab' mit dem Wind nicht so recht was anzufangen gewusst, da habe ich halt geschossen wie auf die 100 Meter!
Am vierten Wettkampftag wechselte man nun die Range und es begannen die Wettbewerbe auf den Long-Range-Distanzen über 900 und auf 1.000 Yards. Und auch hier zeigte das Wetter deutlich, welchen Einfluss es auf den Schießsport (speziell natürlich im Freien und auf große Entfernungen) hat. Waren die ersten Tage nicht so sehr vom Wind geprägt, so wachte dieser nun auf und blies teilweise, was "das Zeug hielt". Die deutschen Schützen waren zwar allesamt im ersten Drittel zu finden, aber das Mannschaftsergebnis mit dem 7. Platz ließ bereits hier nichts Gutes erahnen. Einzig Petra Leonhardt konnte bei der Original-Disziplin wiederum einen dritten Platz erreichen und holte somit ihre zweite Bronze-Medaille im Einzel. Bei der 1.000-Yards-Entfernung wurde sie chancenlos Letzte mit ihrer Originalwaffe von Thomas Turner (1863). Ihre Bemerkung hierzu war: "Das Biest schießt halt nur bis 900 Yards. Darüber hinaus (also auf 1.00 Yards oder Meter) habe ich seit Jahren keine Chance - das weiß ich! Aber ich liebe das Teil eben".
Die absolute Überraschung auf diese Entfernung folgte dann aber doch noch. Leonhard Brader, der noch vor gut einer Woche bei den Short-Range-Weltmeisterschaften (50 und 100 Meter) in Ungarn sein Können mit insgesamt 9 Medaillen (Einzel und Mannschaft) eindrucksvoll unter Beweis stellte und nach eigener Aussage gar kein so "eingefleischter Long-Range-Schütze" ist, ließ das gesamte, internationale Feld hinter sich und schoss mit hauchdünnem Vorsprung (57 Ringe) vor dem Süd-Afrikaner Peter Truiter (56 Ringe) und dem Briten Michael Hall (52 Ringe) sein erstes Long-Range-Gold. Nach den Windverhältnissen befragte meinte er nur: "Na ja, ich hab' mit dem Wind nicht so recht was anzufangen gewusst, da habe ich halt geschossen wie auf die 100 Meter!". (Anmerkung des Verfassers: "Na, wenn das nur immer so einfach wäre!"). Durch diese Leistung schob sich Brader auch im Long-Range-Aggregate noch auf Platz vier vor. Hier waren die vorderen Plätze denkbar knapp beisammen, so dass sogar noch eine Medaille möglich gewesen wäre (1. D. Gullo USA 109 Ringe - 2. P. Truiter Süd-Afrika 108 Ringe - 3. Laurie Kerr Neu Seeland 107 Ringe - 4. L. Brader Deutschland 106 Ringe - 5. C. De Beer 105 Ringe). Im Grand-Aggregate (also alle fünf Entfernungen zusammen) konnte Petra Leonhardt wiederum den dritten Platz in der Original-Wertung belegen. Bester Deutscher in der Repro-Klasse war Leo Brader auf Platz 7.
Aufgrund einer insgesamt recht stabilen Leistung des gesamten deutschen Teams über alle fünf Wettkampftage und alle Entfernungen konnte im Grand Aggregate Teams der dritte Platz belegt werden. Über die Bronzemedaille freuten sich: Petra Leonhard, Günter Kunz, Gerhard Brehm, Markus Gebhardt, Thomas Laumer sowie der Coach, Diethelm Düfert. Frei nach dem Motto: "Nach der WM ist vor der WM" fiebert das Team nun schon auf die Long-Range-WM 2021 in Ungarn hin.