Waffenrecht
Waffenrecht: DSB-Vizepräsident Recht Walter Wolpert im Interview
Am 20. Dezember hat nach dem Deutschen Bundestag auch der Bundesrat das Dritte Waffenrechtänderungsgesetz verabschiedet. Dies wird somit voraussichtlich Anfang 2020 wirksam. Walter Wolpert, DSB-Vizepräsident Recht, bezieht Stellung zu dem Gesetz und blickt noch einmal zurück auf das Gesetzgebungsverfahren.
Herr Wolpert, nach der Zustimmung des Bundesrats ist das neue Waffengesetz final verabschiedet. Was sind die wichtigsten Neuregelungen für die Sportschützen, was bleibt beim Alten?
Wolpert: „Die zukünftige Gesetzeslage in den für die DSB-Mitglieder wichtigsten Punkten stellt sich wie folgt dar:
- Nach dem Erwerbsbedürfnis, an dem sich nichts ändert, wird zukünftig 5 und 10 Jahre nach dem Ersterwerb geprüft, ob das einmal erteilte Bedürfnis noch fortbesteht. Dazu muss der Waffenbesitzer pro Waffengattung (Kurz- / Langwaffe) mit einer seiner Waffen nachweisen, dass er regelmäßig schießt. Ein regelmäßiges Schießen liegt dann vor, wenn einmal pro Quartal bzw. sechsmal im Jahr die Schießaktivität im Referenzzeitraum (zwei Jahre vor der Prüfung) belegt werden kann. Nach zehn Jahren genügt für das Fortbestehen des Bedürfnisses eine Bescheinigung über die Zugehörigkeit zu einem Schießsportverein. Diese Regelung gilt ab der erst erworbenen Waffe. Das heißt 10 Jahre nach dem Erwerb der ersten Feuerwaffe ist diese Überprüfung abgeschlossen. Später erworbene Waffen fallen dann für diese Überprüfung nicht mehr ins Gewicht. All diejenigen, die bereits die erste Waffe vor über 10 Jahren erworben haben, müssen zukünftig nur noch ihre Mitgliedschaft im Schützenverein nachweisen.
- Es bleibt bei den Vorderladerwaffen sowie den Armbrüsten alles beim Alten.
- Vor der Genehmigung des Erwerbs von Feuerwaffen wird zukünftig regelmäßig eine Verfassungsschutzabfrage durchgeführt.
- Magazine mit einem Fassungsvermögen von mehr als zehn Patronen für Langwaffen sowie 20 Patronen für Kurzwaffen werden als „verbotene Gegenstände“ eingestuft. Trotz deutlichem Vortrag hierzu, ließen sich die Politiker von dieser Verschärfung, die in benachbarten Nationen sehr viel schützenfreundlicher umgesetzt wurde, nicht abbringen. Sportschützen haben aber die Möglichkeit, Sondergenehmigungen zu erhalten, wenn sie das Bedürfnis dafür nachweisen können.
- Und auch bei der kurzfristig aufgenommenen Begrenzung der gelben Sportschützen-Waffenbesitzkarte auf zehn eingetragene Waffen ließ sich der Gesetzgeber in der sehr kurzen Zeit zwischen Bekanntwerden dieser geplanten Änderung und der Verabschiedung im Bundestag nicht abbringen. Weitere Waffen können zukünftig nur noch auf die grüne Waffenbesitzkarte erworben werden mit dem Nachweis des Bedürfnisses.
- Im Bereich der Schießstandsachverständigen ist es gelungen, eine Öffnungsklausel für die Bundesländer zu erreichen, die es ihnen ermöglicht, die Qualifikationsanforderungen für die Anerkennung als Schießstandsachverständiger sowie das Verfahren der Anerkennung selbst zu regeln. Die Regelung könnte wieder zu einer besseren bundesweiten Verfügbarkeit an Schießstandsachverständigen führen, da nicht mehr ausschließlich öffentlich bestellte und vereidigte Schießstandsachverständige zum Einsatz kommen können.“
Wie bewerten Sie das Ergebnis? Was ist positiv, was negativ?
Wolpert: „Ich schließe mich der Meinung unseres Präsidenten Hans-Heinrich von Schönfels an: Wir können mit dem leben, was angesichts der zwischenzeitlichen ursprünglich geplanten Belastungen für unsere Schützen - beispielsweise die für alle persönliche Erscheinungspflicht bei der Waffenbehörde, psychologisches Gutachten oder der Wegfall der Erschwernisse für Vorderlader - als Ergebnis erreicht wurde. Natürlich heißt das nicht, dass wir restlos zufrieden sind mit den Neuregelungen, gerade auch bei der Deckelung der gelben Waffenbesitzkarte, der Magazinkapazität oder auch der verpflichtenden Verfassungsschutzabfrage - da hätten wir uns definitiv anderes für unsere Mitglieder gewünscht und haben dies in den Gesprächen auch mit Nachdruck und Informationen unterfüttert vorgestellt. Doch im gesamten Verfahren ist sehr deutlich geworden, dass es von Seiten der Parlamentarier und auch des maßgeblich verantwortlichen Innenministeriums bestimmte "rote Linien" gab, die nicht zu überwinden waren. Dass aktuelle Entwicklungen wie der schreckliche Anschlag von Halle, auch wenn dieser mit illegalen Waffen verübt wurde, mit hinein spielte, mag für manche nicht nachvollziehbar sein, ist aber politische Realität. So hatte sich die Innenministerkonferenz beispielsweise einstimmig mit 16:0-Stimmen für weitere Verschärfungen ausgesprochen. Letztlich geht es immer um die Abwägung unterschiedlichster Interessen und um einen Kompromiss des Machbaren.
Als absolut positiv bewerten wir die Neuregelung beim Nachweis des Bedürfnis-Fortbestehens, der praktikabel und realitätsnah ist, die Öffnungsklausel für die Schießstandsachverständigen, die es den Ländern ermöglicht, den Personenkreis deutlich auszuweiten und das Ergebnis bei Vorderladerwaffen und Armbrüsten, für die weiterhin die bisherigen Regelungen gelten."
Ich glaube, dass dieses Gesetzgebungsverfahren dafür gesorgt hat, dass es einen in dieser Form noch nie dagewesenen Schulterschluss der Verbände gegeben hat.
Wie haben Sie bei diesem Gesetzgebungsverfahren die Zusammenarbeit mit den anderen Verbänden gesehen?
Wolpert: „Ich glaube, dass dieses Gesetzgebungsverfahren dafür gesorgt hat, dass es einen in dieser Form noch nie dagewesenen Schulterschluss der Verbände gegeben hat. Dies ist an den gemeinsamen Stellungnahmen abzulesen, aber auch an der nahezu 100%igen Übereinstimmung bei der Thematik Schießstandsachverständige. Zudem fanden Themen auch dann Unterstützung, wenn Verbände von einzelnen Regelungen des Gesetzes nicht unbedingt betroffen waren. Diese Solidarisierung habe ich als sehr angenehm und wirkungsvoll empfunden und sollten wir auch zukünftig leben, um dem Schießsport in Deutschland gebündelt eine möglichst starke Stimme zu geben."
Während des Gesetzgebungsverfahrens, vor allem aber nach der Verabschiedung im Bundestag, wurden auch kritische Stimmen laut. Was entgegnen Sie?
Wolpert: „Auch der DSB hätte die EU-Feuerwaffenrichtlinie gerne 1:1 umgesetzt und sich für die oben genannten Verschärfungen andere Regelungen gewünscht. Dafür haben wir uns stets in allen Gesprächen, Sitzungen, in einer Vielzahl von Schreiben und unseren Stellungnahmen stark gemacht. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) sowie die gesetzgebenden Gremien hatten aber eigene Vorstellungen und ließen sich zum Teil nicht von diesen abbringen. So beispielsweise bei den Themen Magazingröße, gelbe WBK und Verfassungsschutzabfrage - die waren nicht diskutierbar! Wenn man sich den ersten Referentenentwurf des BMI und vor allem auch die zwischenzeitliche Stellungnahme des Bundesrats ansieht, dann muss man mit dem Ergebnis zufrieden sein. Denn nur noch einmal zu Erinnerung: Zwischenzeitlich waren Regelungen auf dem Tisch, wie die zwingende persönliche Erscheinenspflicht bei der Behörde, der erschwerte Erwerb und Besitz von Armbrüsten und Vorderladerwaffen oder auch das Erbringen der schießsportlichen Aktivität von 12 bzw. 18 mal im Jahr mit jeder (!) einzelnen Waffe! Vor allem, was die Bedürfnisprüfung anbelangt, hätten die Neuregelungen ein nicht auszumalendes Mehr an Bürokratie und Kosten für die Sportschützen bedeutet. Vor diesem Hintergrund muss konstatiert werden, dass die zahlreichen Gespräche und Treffen des Präsidenten, der DSB-Geschäftsführung, der DSB-Landesverbände und der anderen Schießsportverbände Wirkung erzielt haben. Deswegen gilt mein Dank diesem Personenkreis, explizit auch unserer Vizepräsidentin Susanne Mittag, die ihre Fachkenntnis als ehemalige Polizeibeamtin in die Beratungen in einer Vielzahl von internen Gesprächen und Sitzungen eingebracht hat. Eine öffentlich wahrnehmbare Positionierung von Frau Mittag wäre eher kontraproduktiv gewesen."
Wie geht es weiter? Das nächste große Thema, Stichwort Bleiverbot, steht auf der Agenda!
Wolpert: „Mit der Unterschrift des Bundespräsidenten und der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt werden die neuen Regelungen des Waffenrechts geltendes Recht. In der Umsetzung wird sich dann zeigen, wie die Behörden im täglichen Geschäft damit zurechtkommen. An der einen oder anderen Stelle befürchten wir schon jetzt Schwierigkeiten, vor denen wir im Gesetzgebungsverfahren gewarnt haben, beispielsweise bei der Handhabung und dem Umgang mit großen Magazinen. Altbesitze können wahrscheinlich schwerlich nachgewiesen werden, die verbotene Überkreuznutzung ist laut Experten selbst für diese kaum rechtlich korrekt zu beurteilen.
Das Bleiverbot ist in der Tat der nächste Brocken, der im Weg liegt und den Schießsport in seiner Gesamtheit betrifft. Erst vor wenigen Tagen haben wir zu diesem Thema an einem umfangreichen Konsultationsverfahren der Europäischen Chemikalien-Agentur ECHA teilgenommen und uns für den Erhalt bleihaltiger Munition ausgesprochen. Auch hier kann ich versprechen, dass sich der DSB mit seinen handelnden Personen, seiner Kompetenz und seinem Netzwerk weiterhin engagiert für die Belange seiner Mitglieder einsetzen wird."