Jugend

#trainathome: Wie man Jugendliche weiterhin motiviert

15.04.2020 14:07

Auf den Weg zu den Olympischen Spielen musste sich Claudia Verdicchio-Krause neben ihrem Beruf täglich fürs Training motivieren und hat sich dabei Methoden angeeignet, die sie vor allem jetzt als Junioren-Nationaltrainerin an ihren Pistolen-Nachwuchs weitergeben kann. Ihr Ziel: gestärkt aus der Krise kommen. Hier verrät sie ihre Tipps.

Bild: DSB / Claudia Verdicchio-Krause setzt auch in der Krise auf eine gute Kommunikation mit ihren Sportlern.
Bild: DSB / Claudia Verdicchio-Krause setzt auch in der Krise auf eine gute Kommunikation mit ihren Sportlern.

In Moment ist es euch als Kader nicht möglich gemeinsam zu trainieren, keine Wettkämpfe sind in Sicht, wie begleitest du deine Jugendlichen durch diese Zeit?

Verdicchio-Krause: „Es gibt die ein oder andere Videobotschaft über soziale Netzwerke und wir haben uns letzte Woche zum ersten Mal alle zusammen über eine Videoplattform zum Austausch getroffen. Das war spannend und hat meinen Jugendlichen gefallen, so dass wir es nun wöchentlich wiederholen wollen. Mir ging es vor allem darum, sie einfach einmal wieder zu sehen, zu sehen wie es ihnen geht, denn ich vermisse sie.“

Es ist Kreativität von allen gefordert.

Claudia Verdicchio-Krause, Nachwuchs-Bundestrainerin Pistole

Gibst du jedem deiner Schützlinge konkrete Aufgaben mit auf den Weg oder bekommen von dir alle die gleichen Hausaufgaben?

Verdicchio-Krause: „Sie haben von mir alle Tipps bekommen zum Fitness-, Trocken- und Koordinationstraining. Aber meine Jugendlichen haben auch eine Challenge bekommen, in der sie sich nun in einer eigenen Gruppe gegenseitig motivieren. Man holt damit nicht immer alle ab, aber einigen hilft es doch sehr, die Motivation hochzuhalten.“

Wie sieht das Training der Sportler momentan aus?

Verdicchio-Krause: „Bis Mitte Mai wird unser Fokus auf Ausdauer-, Kraft- und Stabilisationstraining liegen, bevor wir wieder mit einem konkreten Wochenprogramm, inklusive Trockentraining starten. Für mich ist es wichtig, dass sie sich jetzt erst einmal auspowern und sich wohlfühlen. Und durch den vielen Sport wirken viele viel ausgeglichener.“

Wie siehst du in dieser Zeit deine Funktion als Trainerin?

Verdicchio-Krause: „Ich stehe für Rat und Tat zur Seite und bin da, wenn es Motivationslöcher gibt. Da fließen bei einem Telefonat dann auch schon einmal Tränen. Gerade für die Endjahrgänge ist es eine schwierige Situation, denn sie wissen nicht, wie es weitergeht, denn manche hätten nur eine einzige Möglichkeit gehabt, sich bei der WM zu beweisen.“

Ein Problem, dass viele betrifft, denn sämtliche Zielwettkämpfe des Jahres wurden abgesagt. Wie fokussiert man sich auf neue Ziele?

Verdicchio-Krause: „Schwierig. Ich versuche mich immer in die Jugendlichen hineinzuversetzen und zu überlegen, wie es mir dabei gehen würde, aber so etwas habe ich als Sportler nie erlebt. Ich kann es nicht sagen. Ich weiß, dass man nach Olympia in ein Loch fällt, aber anschließend kommt auch recht schnell wieder etwas. Gerade für die Endjahrgänge ist es schwierig, denn es ist ihnen klar, dass nicht alle von ihnen in den Perspektivkader kommen. Ich kann sie jetzt nicht anlügen. Es war von Haus aus schwer für sie, aber jetzt sind alle Wettkämpfe weggefallen, wo sie sich beweisen könnten.“

Eine schwere Situation für alle.

Verdicchio-Krause: „Ja. Auf der anderen Seite ist einmal Zeit durchzuatmen, denn die Jugendlichen haben oft einen harten Sommer mit vielen Terminen. Jetzt hat man Zeit, die nächste Saison gut und strukturiert vorzubereiten.“

Eine Chance, auch an der eigenen Technik und am Material zu feilen, was viel Zeit zur Eingewöhnung braucht?

Verdicchio-Krause: „Auf jeden Fall! Man sollte die Zeit nutzen, bestmöglich vorbereitet in die Saison zu starten – mit dem besten Material, mit der besten Technik.“

Sicher auch eine Zeit, Dinge zu hinterfragen und zu optimieren.

Verdicchio-Krause: „Ein gutes Beispiel sind die Stabilisations-Übungen, denen wir das ganze Jahr hinterherrennen, denn wir wissen, dass wir eine gute Körpermuskulatur für unseren Sport brauchen. Aber oft bleibt nicht die Zeit, das aufzubauen. Jetzt machen es alle. Ich glaube schon, dass meine Jugendlichen damit gestärkt aus der Krise herauskommen. Ab Mitte Mai wird es aber auch wieder darum gehen, z.B. Handlungsabläufe auseinanderzunehmen, zu verändern und zu üben. Was wirklich cool ist, ist, dass viele nicht die Möglichkeit haben, einen Schusswert beim Training zu sehen und das gibt ihnen die Chance, sich endlich mit ihrer Technik auseinanderzusetzen. Wie fühlt es sich an? Wie ist es richtig? Und nicht: Das ist eine Zehn, das muss gut gewesen sein.“

Hast du noch einen Motivationstipp für alle Vereinstrainer, die mit Jugendlichen arbeiten?

Verdicchio-Krause: „Haltet Kontakt und sucht euch ein passendes Medium dafür, damit sie merken, dass man für sie da ist, denn der soziale Kontakt fehlt ihnen. Kreiert Challenges, lasst euch etwas einfallen, damit sie weiterhin Spaß daran haben. Und wenn wir wieder loslegen können, kann man anfangen mit der Wasserflasche oder auch nur mit dem Griff Trockentraining zu machen.“

Ist es auch für die Trainer eine Chance, sich kreative Trainingsformen zu überlegen und Abwechslung ins Training zu bringen?

Verdicchio-Krause: „Auf jeden Fall ist da die Kreativität von allen gefordert. Als ich mich auf die Olympischen Spiele vorbereitet habe, hatte ich nebenbei noch meinen normalen Beruf, aber ich habe mir vorgenommen, jeden Tag etwas zu machen, was mir hilft, mein Ziel zu erreichen. Deshalb habe ich mir ein großes Plakat an die Tür in meiner Wohnung gehangen, wo oben dick Olympia drauf stand. Jeden Tag wollte ich dort etwas eintragen, was ich dafür getan habe, um dieses Ziel zu erreichen. Denn für mich war es wichtig einen Plan zu haben. Man muss es sehen. Und ich hätte nicht schlafen können, ohne dort etwas eingetragen zu haben.“

Ein Plan zu haben, hilft Struktur in diese ungewissen Zeiten zu bringen.

Verdicchio-Krause: „Es ist wichtig für die Jugendlichen, aber auch für uns Trainer. Auch wir haben uns nun vorgenommen, in Zusammenarbeit mit unserem Sportpsychologen, vor allem mit den jungen Sportlern, einen Zwei-Jahres-Plan zu entwickeln. Stufe für Stufe, um zu sehen, was das Ziel ist.“

  

5 Tipps für Jugendtrainer von Nachwuchs-Bundestrainerin Claudia Verdicchio-Krause:

1. Bleiben Sie virtuell in Kontakt:

Auch, wenn es momentan nicht möglich ist, gemeinsam im Verein zu trainieren oder Ausflüge zu unternehmen, bieten die sozialen Medien und Videoplattformen uns heute die Möglichkeit auch ohne physischen Kontakt zu kommunizieren. Nutzen Sie die Gelegenheit, vereinbaren sie ein Treffen für einen Videochat in dem ihr euch austauscht, zusammen eure neuen Ziele definiert oder den Plan für die nächsten Wochen besprecht.

2. Starten Sie gemeinsame Aktionen:

Wie wäre es an einer gemeinsamen Aktion, an der von Zuhause gearbeitet werden kann? Wie das geht, zeigt z.B. der BSV Buer-Bülse, die von Zuhause aus trotzdem gemeinsam musiziert haben. Aber auch eine kleine Fitness-Challenge wäre denkbar oder Sie nehmen selbst Tipps zu #trainathome auf und stellen es den Vereinsmitgliedern zur Verfügung. Das Ziel: Alle packen gemeinsam an und motivieren sich gegenseitig, um gestärkt aus dieser Krise zu kommen.

Machen Sie z.B. mit bei der Solidatitätskampagne #gemeinsamfuerdensport, einer Initiative von Sportdeutschland.TV. Mehr Informationen und Beispiele finden Sie unter www.gemeinsam-fuer-den-sport.de.

3. Greifen Sie mit einem konkreten Plan unter die Arme:

Ohne konkretes Ziel ist es schwer für die Jugendlichen, den richtigen Fokus zu behalten, greifen Sie Ihnen deshalb unter die Arme. Geben Sie Ihnen wöchentlich Aufgaben oder erstellen sie einen kleinen Leitfaden. Denn ein Plan lässt sich für die Jugendlichen leicht abhandeln und gibt ihrem Tag und Training wieder Struktur.

4. Nutzen Sie die Krise als Chance zur Veränderung:

Jetzt, wo jeder ein wenig Zeit hat, um durchzuatmen, hat man auch Zeit sich Gedanken zu machen über sich selbst. Nutzen Sie die Zeit, um gemeinsam mit den Jugendlichen zu analysieren. Was lief gut, wo gibt es Potential? Wie kann man das gemeinsame Training noch besser gestalten? Wo können Sie sich selbst weiterbilden? Wie kann der Verein seine Jugendlichen besser unterstützen? Wo liegen die Stärken eines jeden und wo die Schwächen? Welche Ziele verfolgt das Team?

5. Bleiben Sie positiv:

Für die Jugendlichen hat der Trainer eine enorme Vorbildfunktion. Umso wichtiger, dass Sie diese Rolle ernst nehmen. Bleiben Sie positiv, verstreuen Sie positive Energie und motivieren Sie Ihre Schützlinge jeden Tag aufs Neue. Sie werden es Ihnen danken und wieder topmotiviert ins Training zurückkehren.

Noch mehr Trainingstipps für Zuhause finden Sie auf der Facebook- und Instagram-Seite des DSB unter #trainathome und #dsbhomeoffice. Zahlreiche Motivationstipps finden sie zusätzlich in den Story-Highlights auf dem DSB-Instagram-Account unter Tipps & Tricks.

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