Olympische Spiele
Tokio 2020NE: Interview mit „Gold-Natascha“
Sie galt als Medaillenkandidatin und ließ den Traum von Edelmetall zur Realität werden: Natascha Hiltrop, 29-jährige Gewehrschützin, gewann bei den Paralympics in Tokio die Goldmedaille im KK-Liegendschießen. Wie sie den Erfolg erlebte, was sie dazu sagt und wie es jetzt weitergeht, verrät sie im Interview.
Herzlichen Glückwunsch, Natascha. Wie fühlt es sich an, Paralympics-Siegerin zu sein?
Hiltrop: „Es ist einfach ein schönes Gefühl! Ein Lohn und Zeichen dafür, dass das, was man in den letzten Jahren gemacht hat, richtig war.“
Wie viele Glückwünsche musstest du schon beantworten? Wie viele Nachrichten sind eingegangen?
Hiltrop: „Glückwünsche kamen viele rein. Ich habe nicht genau gezählt, aber natürlich alle beantwortet und mich bedankt.“
Im Finale hast du dir ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Ukrainerin und dem Südkoreaner geliefert. Wusstest du immer, wie es um dich steht?
Hiltrop: „Ich achte im Finale nur selten darauf, wie es um die Platzierungen steht.“
Du hast im Finale exakt eine Neunerwertung (9,8) geschossen. Hast du da schon den Traum von Gold dahingehen sehen? Was hast du gedacht?
Hiltrop: „Nach meiner geschossenen 9 musste ich aber dann doch mal eben auf die Anzeige schielen. Und habe zum Glück gesehen, dass es nicht ganz so schlimm war. Aber ein kurzer "Oh nein-Gedanke" kam schon.“
Ein kurzer "Oh nein-Gedanke" kam schon!
Natascha Hiltrop nach ihrer einzigen Neuner-Wertung im Finale
Zwei Schüsse später lagst du vorne, weil der Südkoreaner nur eine 9,6 geschossen hatte. Deine Gedanken?
Hiltrop: „Spezielle Gedanken hatte ich keine. Kann eben passieren, auch wenn es das im Liegend nicht sollte. Ich habe mich auf den nächsten Schuss konzentriert und seinen Fauxpas dankend hingenommen.“
Und dann vor dem letzten Schuss: 0,2 Ringe Vorsprung. Wie hoch war der Puls?
Hiltrop: „Den Vorsprung habe ich nicht mitbekommen. Aber wie in Rio stieg der Puls in die Höhe, als ich wusste: Egal, was jetzt passiert, Bronze ist dir sicher.“
Ganz nach dem Motto „ein gutes Pferd spring nur so hoch, wie es muss“, hast du mit 0,1 Ringen Vorsprung Gold geholt. Einen Jubelausbruch gab es nicht zu sehen. Wie sah es in dir drinnen aus?
Hiltrop: „Ich habe erst beim Lesen der Glückwünsche gesehen, dass es verdammt knapp war! Ich achte während des Finales so gut es geht nicht auf die Anzeige. Auch wenn man es mir nicht angesehen hat, ich habe mich riesig gefreut. Ich zeige das nur meist nicht nach außen.“
Auch wenn man es mir nicht angesehen hat, ich habe mich riesig gefreut!
Natascha Hiltrop gibt zu, dass sie kein emotionaler Typ ist
Was haben die Trainer und die Kollegen gesagt?
Hiltrop: „Die Trainer und Teamkollegen haben sich sehr mit mir gefreut.“
Der Erfolg bringt natürlich Aufmerksamkeit mit sich: Was kam im Anschluss alles auf dich zu?
Hiltrop: „Im Anschluss gab es etliche Interviews. Ich bin mit dem nächsten Bus zurück ins paralympische Dorf gefahren und hatte nur kurz Zeit, mich ein wenig frisch zu machen, bevor es dann zum ZDF ging. Wieder zurück im Dorf, gab es dann noch ein Interview mit dem DBS.“
In der Disziplin hast du auch schon Silber in Rio gewonnen. Warum liegt dir das Luftgewehr Liegend so sehr?
Hiltrop: „Ehrlich gesagt, schieße ich Luftgewehr liegend noch nicht einmal besonders gerne. Liegend macht mit dem KK mehr Spaß. Warum es mir dennoch so gut liegt, kann ich nicht genau sagen. Ich kann das Gewehr einfach superruhig halten. Das hilft schonmal.“
Ehrlich gesagt, schieße ich Luftgewehr liegend noch nicht einmal besonders gerne!
Natascha Hiltrop über die Disziplin, in der sie Silber (Rio) und Gold (Tokio) gewann
Wie wurde der Triumph im deutschen Paralympics-Team gefeiert?
Hiltrop: „Nach dem ZDF-Interview wurde ich zurück im Dorf von den eigenen Teammitgliedern und dem Paralympics-Team empfangen. Mit wedelnden Deutschland-Fähnchen, Applaus und Gesang.“
Was sagen deine Familie, Freunde und Bekannten?
Hiltrop: „Alle sind sehr stolz und freuen sich riesig für mich.“
Du bestreitest noch zwei Wettkämpfe. Was ist da drin? Wie gehst du an die Sache ran?
Hiltrop: „Was genau in den nächsten Wettkämpfen passiert, ist schwer zu sagen. Wenn alles wie gewohnt und gut läuft, sollte jeweils eine Finalteilnahme drin sein. Aber je nach Tagesform kann es leider auch anders kommen. Ich darf, trotz des gefallenen Drucks durch die gewonnene Medaille, nicht zu leichtsinnig werden und trotz allem mit gewisser Anspannung ran gehen. Wie immer mein Bestes geben, abgerechnet wird dann zum Schluss.“
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