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World University Games Rhein-Ruhr: Ein ungleiches Duo im Interview
Moritz Wieser (25 Jahre) und Jonathan Gräfe (24 Jahre) haben zwei komplett unterschiedliche Bogensport-Vitas: Wieser ist Recurveschütze und seit Jahren im Kader des DSB, Gräfe schießt Compound und nahm noch nie an einem internationalen Event teil. Nun erleben sie gemeinsam die World University Games Rhein-Ruhr in Essen (22. bis 26. Juli). Wie das ungleiche Duo darauf blickt, erzählt es im Interview.

Moritz, du eilst von Wettkampf zu Wettkampf: zuletzt Weltcup Antalya, WM-Qualifikation, Weltcup Madrid. Freust du dich da überhaupt auf die World University Games?
Wieser: „Ich freue mich sehr auf die World University Games, auch wenn die Wettkämpfe aktuell sehr geballt kommen. Aber genau dafür bereiten wir uns so intensiv im Winter vor. Hinzu kommt noch, dass der Wettkampf wieder im eigenen Land stattfindet. Heimwettkämpfe sind einfach etwas Besonderes.“
Welchen Stellenwert nehmen diese für dich ein?
Wieser: „Der Stellenwert ist für mich persönlich schon hoch, weil es meine letzte Möglichkeit ist, an den Games teilzunehmen und auch mein erstes Multisportevent überhaupt ist.“
Jonathan, für dich ist das Ganze dagegen komplettes Neuland! Du bist in keinem DSB-Kader und schießt dein erstes internationales Event. Wie ist deine Gefühlslage?
Gräfe: „Ich habe mich riesig über die Nominierung gefreut! Es ist tatsächlich mein erster internationaler Wettkampf, und ich bin sehr dankbar, dass ich als Teil eines so hochkarätigen Teams bei diesem Großereignis dabei sein darf. Bestimmt wird sich zur Vorfreude in den kommenden Tagen auch eine gute Portion Aufregung gesellen, doch momentan bin ich einfach nur sehr gespannt, was mich erwartet.“

Du studierst Theoretische Physik! Gibt es eine Formel oder ein Gesetz, die aufzeigt, wie realistisch deine Nominierung war?
Gräfe: „Die Quantenmechanik lehrt uns, dass auch unglaublich erscheinende Ereignisse für gewöhnlich eine von Null verschiedene Eintrittswahrscheinlichkeit besitzen - in diesem Sinne haben ein paar glückliche Zufälle sicherlich nachgeholfen. Man kann diese Wahrscheinlichkeit allerdings erhöhen, indem man an der richtigen Stelle Arbeit in das System steckt. Ein wenig Trainingsfleiß hat der Sache daher auch nicht geschadet.“
Moritz, du kennst Essen von der letztjährigen EM an gleicher Stelle. Ein Vorteil?
Wieser: „Ich finde es immer schwierig, von Vorteilen zu sprechen. Die Tagesform und die generelle Vorbereitung spielen eine viel größere Rolle als irgendwelche Platzerfahrungen. Ein Vorteil im Sinne von „Heimvorteil“ besteht hier definitiv nicht.“
Auf was müssen sich Jonathan und die anderen Bogensportler einstellen?
Wieser: „Ich denke, der Wettkampfplatz hält alle Möglichkeiten offen. Wenn die Finalarena ähnlich ist wie bei der EM, dann ist es definitiv ein enormer zusätzlicher Anreiz, um eine Medaille zu schießen.“
Jonathan, wie hast du dich auf die Wettkämpfe vorbereitet?
Gräfe: „Ich habe seit Anfang des Jahres begonnen, gezielt auf die Nominierung und die World University Games hinzuarbeiten. Dazu habe ich meine Trainingsintensität deutlich erhöht und meine Woche um das Bogenschießen herum strukturiert, was nicht immer ganz leicht war, da ich parallel auch meine Promotion begonnen habe. Außerdem habe ich in dieser Saison an mehr Turnieren teilgenommen als sonst üblich, um besser auf Wettkampfsituationen vorbereitet zu sein.“
Spürst du einen besonderen Druck, dass du neben den Kaderathleten Ruven Flüß und Paolo Kunsch liefern musst, um im Teamwettbewerb Chancen zu haben?
Gräfe: „Sobald die eigene Leistung auch über den Erfolg einer Mannschaft entscheidet, ist natürlich ein gewisser Druck vorhanden - olympischer Gedanke hin oder her. In erster Linie freue ich mich jedoch darauf, an der Seite von Ruven und Paolo schießen zu dürfen, und hoffe, dass mich die Gesellschaft der beiden zu Höchstleistungen pushen wird.“
Wie sieht es bei dir aus, Moritz? Von dir werden Top-Leistungen erwartet!
Wieser: „Gute Leistungen sind mein persönlicher Anspruch, nicht nur Erwartungen von außen. Dafür gehe ich täglich ins Training. Zusätzlich habe ich gelernt, äußeren Erwartungen grundsätzlich keine Aufmerksamkeit zu schenken. Auch um mich komplett auf das Wesentliche konzentrieren zu können, nämlich das Schießen. Nur das kann ich beeinflussen.“
Ihr nehmt am zweitgrößten Multisport-Event der Welt teil. Was erwartet ihr für eine Stimmung?
Wieser: „Ich denke, eine Mega-Stimmung ist da vorprogrammiert. Ich hoffe außerdem auf viele bekannte Gesichter in den Zuschauerreihen.“
Gräfe: „Ich hoffe, dass eine solche Zusammenkunft von internationalen Top-Athleten aus verschiedensten Sportarten auch bei den Zuschauern reges Interesse hervorruft und dass die Begeisterung für den Sport in der gesamten Region spürbar sein wird.“
Und welchen anderen Sport – wenn es möglich ist – würdet ihr euch gerne ansehen?
Wieser: „Ich würde gerne mal bei einem Basketballspiel vorbeischauen.“
Gräfe: „Grundsätzlich so viel wie möglich, aber Basketball und Leichtathletik stehen ziemlich weit oben auf meiner Liste.“
Und abschließend natürlich die Frage: Was sind eure Ziele in Essen?
Wieser: „Mein persönliches Ziel ist grundsätzlich, meine Leistung abzurufen, und ich bin sicher, dann ist einiges möglich. Wer weiß, vielleicht haben wir bei der Rückreise ja sogar eine Medaille im Gepäck der deutschen Bogenschützen. Ich traue uns da alles zu.“
Gräfe: „An der Schießlinie ist mein Ziel, die Form aus der Vorbereitung zu bestätigen und uns damit vor allem als Team eine gute Ausgangsposition zu verschaffen. Abseits davon möchte ich so viel wie möglich von diesem Event mitnehmen und diese wahrscheinlich einmalige Erfahrung in vollen Zügen genießen.“
Während die Wettkämpfe im Sportpark am Hallo (22.-24. Juli) kostenlos zu beobachten sind, sind für das Finalstadion auf Zeche Zollverein (25./26. Juli) Tickets (inkl. ÖPNV-Ticket und Zugang zu allen Kulturangeboten, außer ausgewählten Konzerten) vonnöten. Diese kosten maximal 18 Euro (für Erwachsene), daneben gibt es Ermäßigungen für Kinder, Jugendliche, Studenten/Auszubildende oder Rentner, zudem gibt es auch ein Familienticket.
Das deutsche Bogenteam bei den World University Games Rhein-Ruhr
Recurve: Jonathan Vetter (HS Pforzheim), Moritz Wieser (TH Rosenheim), Phil Lüttmerding (AKAD University), Johanna Klinger (TU München), Clea Reisenweber (Fernuni Hagen), Regina Kellerer (AKAD University)
Compound: Paolo Kunsch (HS Esslingen), Ruven Flüß (TU Darmstadt), Jonathan Gräfe (LMU München)
Betreuer: Martin Cornils, Rafael Poppenborg
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