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World University Games Rhein-Ruhr: Johanna Klinger im Interview
Sie zählt zu den aufstrebenden Talenten im deutschen Spitzensport: Johanna Klinger, Informatik-Studentin an der TU München und leidenschaftliche Bogenschützin, wurde für die Rhine-Ruhr 2025 FISU World University Games nominiert – und fiebert ihrem Heimspiel in Nordrhein-Westfalen entgegen.

Klinger sammelte bereits 2023 sammelte bei den FISU Games in Chengdu internationale Erfahrung. Jetzt freut sie sich besonders darauf, das größte studentische Multisport-Event der Welt in der Heimat zu erleben – mit großer Bühne, heimischem Publikum und ganz besonderen Gänsehautmomenten. Im Interview spricht sie über ihre Ziele, die Vorbereitung auf das Turnier und das Leben zwischen Hörsaal und Schießlinie.
Johanna, was bedeutet dir deine Nominierung für die Rhine-Ruhr 2025 FISU World University Games?
Klinger: „Die Nominierung freut mich sehr. Die University Games sind ein riesiges Sportereignis und ich bin glücklich, ein Teil davon sein zu dürfen. Der Wettkampf ist ein, wenn nicht DER Höhepunkt der Saison 2025.“
Was sind deine Erwartungen an die FISU Games – sportlich und persönlich?
Klinger: „Persönlich erwarte ich viele bleibende Eindrücke von dem gesamten Event, angefangen von der Eröffnungsfeier, über den Kontakt und Austausch mit anderen Sportlerinnen und Sportlern bis hin zur Schlussfeier. Zudem hoffe ich, dass in Deutschland eine große Begeisterung für den Sport erzeugt werden kann. Sportlich gesehen erwarte ich hochklassige Wettkämpfe, da alle Nationen ihre Top-Athleten entsenden werden. Über alle Sportarten hinweg wird es spannende Begegnungen geben, und ich freue mich schon darauf, auch bei anderen Disziplinen zuzuschauen. In meinen Wettkampf will ich eine gute Vorrunde schießen, um mich und mein Team damit gut für die Finalrunden zu platzieren. Eine Medaille zu gewinnen, wäre natürlich ein Highlight.“
Welche sportlichen Ziele steckst du dir und was war dein größter sportlicher Erfolg?
Klinger: „Bisher war mein größter sportlicher Erfolg der Vize-Europameister-Titel im Team bei den Juniorinnen 2022 und der erste Platz bei der Deutschen Meisterschaft 2024. Meine Ziele sind nun, mich gut in der Altersklasse der Damen einzufinden, denn dieses Jahr ist mein erstes im Erwachsenenbereich. Langfristig ist der Blick auf die Olympischen Spiele 2028 gerichtet.“
Wie bereitest du dich auf die FISU Games vor?
Klinger: „Mit dem Nationalkader hatte ich im Winter zahlreiche Lehrgänge, sowohl in Deutschland als auch wegen des besseren Wetters in der Türkei. Dort wurde im Techniktraining und bei der Materialeinstellung das Fundament für eine erfolgreiche Sommersaison gelegt. Mittlerweile liegt der Fokus auf der Wettkampfvorbereitung. Ich trainiere gezielt Stresssituationen, um mich an das Gefühl im Wettkampf zu gewöhnen.“
Du hast 2023 an den Games in Chengdu teilgenommen. Was war das Besondere am Event – auch im Vergleich zu anderen internationalen Wettkämpfen?
Klinger: „Mit anderen internationalen Wettkämpfen, an denen ich sonst teilgenommen habe, waren die Games in Chengdu nicht zu vergleichen. Besonders ist, dass die FISU Games ein Multisport-Event sind. So kann man auch die anderen Sportarten live miterleben. Für mich war generell die ganze Aufmachung des Events einzigartig. In China wurden keine Kosten und Mühen gescheut, um die Games unvergesslich zu machen.“
Hast du ein besonderes Highlight bei den Games in Chengdu erlebt?
Klinger: „Mich für ein Highlight zu entscheiden, ist schwierig. Die Eröffnungsfeier war direkt zu Beginn eine riesige Show, die ihresgleichen sucht. Gefolgt davon waren die Wettkämpfe vor großem Publikum, was für das Bogenschießen eher selten ist. Jeden Abend war es das Highlight, mit mehreren Sportlern zu den Volleyball-Spielen zu fahren und dort die deutschen Mannschaften anzufeuern. Die Stimmung war dort immer super.“
Seit wann bist du als Spitzensportlerin aktiv und wie bist du dazu gekommen?
Klinger: „In den Nationalkader 1 bin ich 2021 gekommen. Zum Bogenschießen hat mich meine Schulfreundin Alexandra Lang in der sechsten Klasse gebracht. Dass es mich in den Spitzensport verschlagen hat, habe ich wahrscheinlich zuallererst meinem Vereinstrainer Tobias Edlböck zu verdanken. Ohne ihn hätte ich vielleicht bis heute an keinem einzigen Wettkampf teilgenommen.“
Was bedeutet dir der Spitzensport?
Klinger: „Der Spitzensport ist für mich die Möglichkeit, meine Leidenschaft auf höchstem Niveau auszuüben und mich jeden Tag weiterzuentwickeln. Mich reizt außerdem die Herausforderung, mich in verschiedensten Bereichen zu optimieren und immer auf der Suche nach der nächsten Verbesserung zu sein.“
Wie gelingt es dir, Studium und Spitzensport erfolgreich zu kombinieren? Welche Unterstützung erhältst du?
Klinger: „Schon in der Grundschule habe ich gelernt, meine Aufgaben selbstständig zu erledigen und mir einzuteilen, wann ich wofür Zeit habe. Um Studium und Spitzensport zu kombinieren, brauche ich genau das: einen guten Zeitplan und Selbstständigkeit. Zum Glück werden die meisten von meinen Vorlesungen aber auch gestreamt und hochgeladen, so dass ich zeitlich und örtlich flexibel bin. Außerdem kann ich mein Studium strecken und muss nicht in der Regelstudienzeit alle Prüfungen schaffen. Es ist zudem auch sehr wichtig, dass die Trainer die nötigen Freiräume für das Studium lassen und dahingehend Unterstützung leisten.“
Wie schaffst du es, dich täglich für den Sport und die Uni zu motivieren?
Klinger: „Das ist nicht jeden Tag gleich. Aber wenn ich im Sport nicht selbst motiviert bin, dann fahre ich zu meinem Verein, weil ich dort viele Freunde sehen kann. Im Verein bekomme ich dann meistens schnell wieder Lust, da dort der Sport eine wirkliche Leidenschaft ist und weniger Leistungsdruck herrscht. Bei der Uni ist es eher ein diszipliniertes Vorgehen, da ich genau weiß, was ich tun muss, um am Ende meine Klausuren gut zu bestehen. Da hilft mir wiederum ein ordentlicher Zeitplan, den ich dann lediglich abarbeiten muss.“
Was ist dein Karriereziel im Sport und an der Uni?
Klinger: „Ich hoffe, nächstes Jahr im Herbst meine Bachelorarbeit schreiben zu können. Wie ich danach weiter mache, hängt dann von meiner sportlichen Situation ab. Im Sport ist für mich der Weg das Ziel: Ich nehme alle Erfahrung mit, die ich erleben darf, und dann werde ich schon sehen, wohin er mich am Ende bringt.“
Steht dein Fanclub schon für den Sommer in NRW? Wen hast du schon alles eingeladen?
Klinger: „Mein Papa und meine Zwillingsschwester, die selbst auch Bogen schießt, werden auf jeden Fall vor Ort sein. Ich lasse mich mal überraschen, wer sonst noch dabei sein wird.“
Welche Message möchtest du deinen Fans & allen Lesern hier und jetzt mitgeben?
Klinger: „Wenn ihr die Möglichkeit habt, dann kommt vorbei und schaut euch die FISU World University Games an. Dass die Games im eigenen Land sind, bietet eine hervorragende Möglichkeit, Einblicke in verschiedene Sportarten zu bekommen. Hinter jeder Sportart steckt so viel mehr, als man von außen sieht, es ist also wirklich einen Besuch wert!“
Das deutsche Bogenteam bei den World University Games Rhein-Ruhr
Recurve: Jonathan Vetter (HS Pforzheim), Moritz Wieser (TH Rosenheim), Phil Lüttmerding (AKAD University), Johanna Klinger (TU München), Clea Reisenweber (Fernuni Hagen), Regina Kellerer (AKAD University)
Compound: Paolo Kunsch (HS Esslingen), Ruven Flüß (TU Darmstadt), Jonathan Gräfe (LMU München)
Betreuer: Martin Cornils, Rafael Poppenborg
(Julia Frasch/adh)