Deutsche Meisterschaften
Bogen-DM Wiesbaden: Ein Bogensport-Fest ist beendet
Um 16.07 Uhr schlug der letzte Pfeil bei den Deutschen Meisterschaften Bogensport im Freien in Wiesbaden auf der Scheibe ein. Wieder einmal zelebrierten die Sportlerinnen und Sportler mit Pfeil und Bogen ihre sportlichen Künste und begeisterten die Zuschauer vor Ort und an den Endgeräten. Die Geschichten schrieben dabei eine Weltmeisterin, eine Millimeter-Entscheidung, ein WG-Duell sowie ein Triple-Sieger.

Recurve Frauen: Favoritin Charline Schwarz zittert sich zum Sieg
„Ich habe gezittert!“ Das sagte Team-Weltmeisterin und Olympiamedaillengewinnerin Charline Schwarz (GS Boxdorf) nach dem Finale und machte damit ihrer Kontrahentin Johanna Protze (BSV Erlangen) ein großes Kompliment. Denn die haushohe Favoritin musste beim Stand von 4:4 (28-27, 22-24, 28-24, 27-28) um den zweiten Triumph nach 2023 bangen. Doch dann ging das Kopfkino bei der 30-jährigen Außenseiterin los, die erstmals überhaupt bei einer DM am Start war und gleich ins Goldfinale stürmte: Zunächst schoss sie eine Sieben, dann eine Drei und eine Fünf, sodass Schwarz leichtes Spiel hatte und mit 24-15 siegte. Anschließend beglückwünschte die Siegerin ihre Kontrahentin und teilte mit, was sie ihr danach sagte: „Sie hat wirklich verdammt gut geschossen. Ich war sehr beeindruckt und grandios, sie hat ja auch Elisa (Tartler, Anm. d. Red.) und Clea (Reisenweber, Anm. d. Red.) rausgehauen. Sie soll sich die letzte Passe nicht zu Herzen nehmen.“ Zu Herzen ging der Nationalkaderschützen, die in der internen WM-Qualifikation gescheitert war, der Titel dann doch, zumal sie von sich selbst überrascht war: „Im Goldfinale ist mir aufgefallen, dass ich normalerweise routinierter bin, was das Schießen unter Aufregung anbelangt. Von daher war ich überrascht, wie aufgeregt ich sein kann.“ Und deswegen war der Titel für die erfolgsverwöhnte Schwarz durchaus kein alltäglicher: „Es ist etwas Besonderes für mich, es war ein harter Kampf. Ich bin froh, dass es geklappt hat und der Favoritenrolle gerecht wurde.“
Clea Reisenweber (BSC BB-Berlin) setzte sich im Bronzematch 7:1 (26-22, 25-20, 26-26, 28-27) gegen Judith Icking (BSV Moischt).
Recurve Männer: Ein Millimeter entscheidet für David Strodick
Der Bogensport ist ein Präzisionssport. Zentimeter, ja Millimeter entscheiden über Wohl und Wehe bzw. in Wiesbaden auf dem Bowling Green über Gold und Silber im Finale der Männer. Leonas Witte (Hammer SC 2008) führte gegen David Strodick (SuS Boke) mit 4:2 (25-24, 28-27, 27-28), als einer seiner Pfeile in der vierten Passe ganz dicht an die Linie zwischen der Acht und Neun einschlug. „Ich hatte die Acht schon als Neun gesehen, deswegen hatte ich das Match schon abgehakt“, so Strodick im Nachgang. Doch die Auswertung mit der Lupe ergab eine Acht, sodass es „nur“ 28-28 und 5:3 für den Strahlemann aus Hamm hieß, der mit einem sympathischen Dauerlachen auf der Fläche stand. Strodick sah die Chance gekommen, glich mit einer perfekten 30-er Passe aus (28 für Witte) und erzwang das Stechen. In diesem legte Witte eine ordentliche Neun vor, doch das war zu wenig für Strodick, der auch seinen letzten Pfeil in die Zehn setzte und somit für den größten Erfolg in seiner Karriere sorgte: „In der Halle habe ich letztes Jahr auch schon gewonnen, aber draußen ist noch einmal etwas anderes und höher gewertet. Der Titel bedeutet mir viel, man arbeitet das ganze Jahr darauf hin. Es ist toll, dass es wirklich mal geklappt hat.“ Denn die Chance in diesem Jahr war so groß, wie lange nicht, da durch die zeitgleiche Weltmeisterschaft einige der besten Schützen fehlten. Das war auch dem neuen Titelträger bewusst: „Ich habe die Chance beim Schopf gepackt. Wenn sie hier gewesen wären, wäre ich in der Qualifikation weiter hinten gewesen und würde wahrscheinlich nicht hier stehen.
Jakob Hetz (BCS Reuth) schaffte es durch ein 6:5 (27-26, 24-25, 25-28, 22-22, 26-25, 9:7) über Joshua Junga (BSC Worms-Pfeddersheim) als Dritter ebenfalls aufs Treppchen.
Recurve Juniorinnen: Lisa „Lucky“ Lucks siegt
Mit einem strahlenden Lächeln kam Lisa Lucks (BSC BB-Berlin) nach dem Goldfinale gegen Rebekka Gleich (Blankenfelder BS) von der Finalfläche. Verständlich: Die 18-Jährige siegte nach zahlreichen zweiten und dritten Plätzen in der Jugendklasse gleich in ihrem ersten Juniorinnenjahr. Im Finale ließ sie beim 6:0 (26-24, 28-26, 27-23) aber auch gar nichts anbrennen, fünf ihrer neun Pfeile flogen in die Zehn, so auch der letzte, womit das Strahlen einsetzte: „Es ist ein super Gefühl. Der Titel war natürlich mein Ziel. Davon habe ich geträumt, darauf habe ich hingearbeitet“, so Lucks, die auch einen anderen Aspekt als wertvoll ansah: „Die Erfahrung bei der WM hat mir geholfen, vor allem mental. Auch wenn jedes Finale gleichaufregend ist.“
In einem Duell der Kaderschützinnen setzte sich Mathilda Werner (BSSC Olympia) gegen Regina Kellerer (BSG Raubling) mit 6:5 (27-25, 23-28, 27-26, 24-24, 24-25) und der besseren Acht im Stechen durch und gewann Bronze.

Recurve Junioren: Lilian Forkert siegt im WG-Duell
Jeden Wochentag stehen Lilian Forkert (SV Sterzhausen) und Phil Lüttmerding (SV Böddiger) Seite an Seite am Bundesstützpunkt in Wiesbaden, um ihre Bogenleistung zu verbessern. Beide Junioren zogen in die hessische Landeshauptstadt, um dort unter den Fittichen von Junioren-Bundestrainer Freddy Siebert noch mehr Zeit dem Bogensport zu widmen, zudem bilden sie zusammen auch eine Wohngemeinschaft „Forkert: „Es gab keinen Wetteinsatz, aber das klären wir noch.“). Nun standen sie wieder Seite an Seite, dieses Mal am Sonntag und dieses Mal ein paar Kilometer vom Bundesstützpunkt entfernt auf dem Bowling Green. Es ging um den DM-Titel. Und dieser war – überraschend für alle – nach drei Passen entschieden: Denn Lüttmerding kam überhaupt nicht klar, begann mit einer Vier und schoss in der Folge noch zwei Fünfer. Und so war das Match - auch für den Titelverteidiger – zügig beendet: „Ich kann noch nicht ganz glauben, dass es jetzt schon zu Ende ist“, so Forkert, der das Match so beschrieb: „Ich habe auf mich geachtet und nicht so sehr auf Phil. Ich habe persönlich von mir mehr erwartet, und es war schade, dass Phil es nicht ganz in die Mitte geschafft hat.“ Forkert, der im Gegensatz zu Lüttmerding nicht bei der WM in Winnipeg war, sagte: „Der Erfolg macht die WM-Teilnahme nicht wett, aber ich kann mich nicht über den DM-Titel beschweren.“
Bronze ging an Leon Zemella (BSC Ibbenbüren) nach einem 6:0 (26-23, 28-27, 27-24) gegen Julian Pruß (SuS Boke).
Recurve Master m/w: Bianca Speicher und Dirk Waltermann ganz oben
Am letzten Tag der DM waren auch noch einige Recurveschützen auf der Sportanlage Kleinfeldchen. Denn die große Gruppe der Masterschützen schoss noch ihre Titelträger und Medaillengewinner aus. Am Ende jubelten Bianca Speicher (Burgschützen Büschfeld) und Dirk Waltermann (BC Hagen a.T.W.) über die Titel. Speicher war die einzige Schützin, die in beiden Hälften über die 300 Ringe kam (621) und somit souverän und mit beträchtlichem Abstand (23 Ringe) zu Susanne Häntsch (SV Arolsen) siegte. Bei den Männern ging es „enger“ zu, gefährdet war Waltermann mit seinen 637 Ringen bei acht Ringen Vorsprung auf Holger Rohrbeck (Goslarer SC 08) jedoch nicht.
Blankbogen Erwachsene: Jan Stollberg und Diana Wiesner souverän
Den Grundstein für seinen Titel legte Jan Stollberg (Schützenverein zu Glindow 1924) in den ersten sechs Passen des Wettkampfes. Mit acht Ringen Vorsprung (311) konnte der Brandenburger beruhigt die zweite Hälfte angehen, um sich dort nochmals um fünf Ringe zu steigern. Dementsprechend souverän fuhr er den Titel mit 627 Ringen vor Christoph Eberl (MTV Dannenberg, 616) ein. Diana Wiesner (BSV Ulm) konnte von keinem großen Vorsprung zehren, denn Jennifer Lieb (Bogensportclub Mühlheim) hatte zur Halbzeit nur zwei Ringe Rückstand (300:298). Die Konstanz ist aber ein entscheidendes Kriterium im Bogensport, und es gewinnt die Schützin, der es gelingt, wenige „Ausreißer“ zu haben. Das war Wiesner, die stabil schoss und 303 Ringe folgen ließ, während Lieb mit 292 Ringen abreißen lassen musste.
Blankbogen Masters m/w: Markus Möhring und Bianka Laprée jubeln
Mit 311 Ringen aus der ersten „Halbzeit“ ging Markus Möhring (SchV Bargteheide) nur als Zweiter nach der Pause in den Wettkampf. Der spätere Drittplatzierte Thomas Leidhold (SV Michelfeld) hatte zwei Ringe mehr geschossen. Doch Leidhold brach etwas ein, während Möhring „volle Möhre“ zulegte und sich mit starken 321 Ringen, einem Gesamtergebnis von 632 Ringen und einem Vorsprung von 15 Ringen auf Michael Weber (BSF Wyhl) durchsetzte.
Bei den Frauen herrschte allenthalben Jubelstimmung auf dem Podest: „Ich kann es nicht fassen, meinen ersten Meistertitel zu gewinnen. Seit 2016 schieße ich, endlich hat sich der Fleiß gelohnt. Es ist ein Traum für mich in Erfüllung gegangen“, jubelte Siegerin Bianka Laprée (SV Ihringen). Der Titel war vollauf verdient, denn mit 602 Ringen hielt sie die Konkurrenz deutlich in Schach. Bianca Klotzsche (SV Dauernheim, 574) und Kerstin Bodenstein-Broghammer (SG Müllheim, 566) folgten mit Abstand, freuten sich aber ebenfalls: „Ich freue mich tierisch, dass ich auf dem Podest stehe“, so die Zweitplazierte, und auch die Bronzegewinnerin war glücklich: „Ich bin das erste Mal auf dem Treppchen.“
Blankbogen Jugend m/w: 59 Ringe Vorsprung für Manuel Balzer
59 Ringe Vorsprung! Das war die deutliche Sprache von Manuel Balzer (Kölner Klub für Bogensport), der mit seinen 622 Ringen der Gegnerschaft nicht den Hauch einer Chance ließ. Und das, obwohl der 17-Jährige erst seit etwas weniger als zwei Jahren den Bogensport betreibt. „Ich habe es einfach ausprobiert, dann hat es mir gefallen und ich bin dabeigeblieben“, lautet seine Erfolgsgeschichte. Maximilian Bülow (TSV Seedorf) gewann Silber vor Moritz Nohren (RSV Detmold-Klüt).
Blankbogen Schüler A m/w: Damian Mund macht das Triple klar
Der erfolgreichste Bogenschütze Deutschlands auf nationaler Ebene in diesem Jahr ist Damian Mund (TV Spaden). Der Schüler gewann nach dem Titel im Feld und im 3D auch den Titel auf die 30m-Scheibe. Nach anfänglichem Rückstand steigerte er sich und hatte am Ende mit seinen 595 Ringen zwölf Ringe mehr als Constantin Kelm (SV Handorf). Das Triple verursachte aber auch ein bisschen Unbehagen mit Blick auf das nächste Jahr: „Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll: Ich bin ein bisschen unter Druck jetzt.“
Bei den Schülerinnen setzte Charlotte Paziener (ETG Wuppertal) nach der Pause den Blinker auf die Überholspur: Mit acht Ringen Rückstand ging sie in die letzten 36 Pfeile, nach dem letzten Pfeil hatte sie daraus einen Vier-Ringe-Vorsprung vor Chloé Ludovicy (Sg. Cloef 1965 Orscholz) gemacht.
Blankbogen Senioren: „Saurier“ Hans-Jakob Schneider gewinnt
Die Seniorenklasse wurde von einem „Saurier“ gewonnen. Denn Hans-Jakob Schneider schießt für den Verein Saurier BC Altenahr. Den Grundstein für seinen Sieg legte der Senior, der erst vor dreieinhalb Jahren durch einen Arbeitskollegen zum Blankbogenschießen kam, in der ersten Hälfte, als er sich mit 295 Ringen einen Sieben-Ringe-Vorsprung erarbeitet hatte. Der schmolz mehr und mehr, am Ende waren es exakt zwei Ringe, die ihn vom zweitplatzierten Thomas Biedert (BSC Worms-Pfeddersheim) trennten.
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