Europameisterschaften

EM Flinte Lonato: "Es ist an der Zeit zu zeigen, was wir drauf haben!"

10.09.2019 11:17

Am 21. August war es endlich so weit: Nele Wißmer gewann den ersten Quotenplatz für Tokio 2020 für die deutschen Flintenschützen, der Jubel kannte keine Grenzen. Am 12. September greift die 22-jährige Sportsoldatin bei der EM in Lonato/ITA in das Geschehen ein und erinnert sich im Interview nochmals an einen ihrer größten Momente in ihrer bisherigen Karriere.

Foto: DSB / Hat gut lachen: Nele Wißmer holte zuletzt den bislang einzigen Quotenplatz für die deutschen Flintenschützen.
Foto: DSB / Hat gut lachen: Nele Wißmer holte zuletzt den bislang einzigen Quotenplatz für die deutschen Flintenschützen.

Dir war die Situation vor der letzten Serie bekannt: Wie bist du damit umgegangen?
Wißmer: „Letztendlich wusste ich vor der letzten Runde auch nur, dass zumindest eine gute Runde folgen musste, um im Anschlussbereich an das Finale zu sein. Da ich die Gesamtergebnisse nie verfolge, wusste ich dementsprechend keine genaue Scheibenanzahl, die ich treffen musste. Wenn ich es also im Nachhinein betrachte, ist dies keine besondere Situation, da wir auf jedem Weltcup, einer EM oder WM mit dieser Erwartungshaltung in jede Runde gehen. Nach der letzten Runde, die eine 23 war, wusste ich allerdings ganz genau, dass es knapp werden würde.“

Woran und wann hast du erkannt, dass die 23 Treffer in der letzten Runde gereicht haben?
Wißmer: „Nach meiner Runde schauten wir noch hinter dem Stand, wo wir mit dem Gesamtergebnis wohl liegen. So oft mein Trainer Tino (Wenzel, Anm. d. Red.) auch sagt, „Schieß keine vorbei, kommt keiner vorbei!“, mussten wir an dieser Stelle die Ergebnisse zwei anderer Schützinnen abwarten, die ebenfalls noch im Rennen um den Quotenplatz waren. Ungefähr 15 Minuten nach meiner Runde, auch wenn sich das deutlich länger angefühlt hat, stand dann fest, dass der Quotenplatz an Deutschland geht und ich nochmal ins Shoot-Off für das Finale gegen die Argentinierin Melisa Gil darf.“

Ich muss sagen, dass es für mich ein sehr wichtiger Schritt war, Sportsoldatin der Bundeswehr zu werden!

Was hast du im ersten Moment gedacht, als du wusstest, den Quotenplatz für Tokio geholt zu haben?
Wißmer: „Eigentlich habe ich mich nur gefragt, weshalb ich immer so nah am Wasser gebaut bin und gedacht, dass das alles total verrückt ist. Das wirklich zu realisieren, was wir da erreicht haben, hat einige Tage gedauert.“

Foto: DSB / Gut Schuss bei der EM, Nele Wißmer.
Foto: DSB / Gut Schuss bei der EM, Nele Wißmer.

Wie war die Stimmung im "Flintenlager" danach? Woher hast du überall Glückwünsche bekommen? Wurde gefeiert?
Wißmer: „Die Überraschung war natürlich groß, weil das, um ehrlich zu sein, nicht wirklich zu erwarten war. Es fing eigentlich schon direkt nach meiner letzten Runde an, dass Trainer und Schützen aus anderen Ländern mitgefiebert haben, mit denen ich zuvor kein Wort gesprochen hatte. Es war wirklich schön zu sehen, wie sich sowohl das eigene Team freute, als auch die meisten anderen auf dem Schießstand, die mir am selben und auch noch am darauffolgenden Tag die Hand schüttelten. Auch die zahlreichen Nachrichten und Anrufe von Zuhause haben mich ziemlich überwältigt. Ganz lieben Dank dafür, das hat mir wirklich viel bedeutet. Wir waren danach alle zusammen essen, eine ausgiebige Feier fand aber natürlich nicht statt, da unsere Männer den zweiten Wettkampftag noch vor sich hatten.“

Wie würdest du den Erfolg in deiner bisherigen Karriere einordnen?
Wißmer: „Ich bin mir dessen bewusst, dass an diesem Tag auch etwas Glück dazu gehörte, um den Quotenplatz zu holen, aber nichtsdestotrotz war das schon ein großer Erfolg für mich. Unabhängig vom Quotenplatz war dies meine erste Finalteilnahme auf einem Weltcup und eine tolle Erfahrung. Auch wenn ich mir vom Finale mehr erhofft hatte, war ich im Großen und Ganzen zufrieden mit dem Tag.“

Dein Erfolg ist umso bewundernswerter, weil es in diesem Jahr dein erster internationaler Auftritt war. Mit welchen Erwartungen und welcher Einstellung bist du in den Wettkampf gegangen?
Wißmer: „Da der Weltcup in Lahti mein erster internationaler Einsatz in diesem Jahr war, war die Vorfreude auf die Woche in Finnland groß. Wenn ich zum Beispiel an meine Saison 2018 denke, dann kann ich aus Erfahrung sagen, dass sich die internationale Wettkampfstrecke ganz schön ziehen und anstrengend sein kann. Man muss wirklich aufpassen, dass einem dann nach hinten raus im Jahr nicht die Kraft fehlt. Generell versuche ich immer, die Erwartungen gering zu halten, aber natürlich gleichzeitig die Einstellung an den Tag zu legen, das Beste aus sich rausholen zu wollen.“

Worauf führst du den Erfolg und die Bestleistung zurück?
Wißmer: „Ich muss sagen, dass es für mich ein sehr wichtiger Schritt war, Sportsoldatin der Bundeswehr zu werden. Außerdem geht der Bau der Anlage in Schale immer weiter voran, und wir haben die Möglichkeit mit Tino an unserer Seite auf dem mondernsten Stand des Landes zu trainieren. Diese Unterstützung und die guten Trainingsbedingungen sind maßgeblich.“

Die DM lag zwischen Lahti und Lonato. Wie zufrieden warst du mit dem Wettkampf in München?
Wißmer: „Vorab muss ich sagen, dass ich schon vor Lahti überlegt hatte, ob es hinsichtlich der EM überhaupt sinnvoll ist, an der Deutschen Meisterschaft teilzunehmen. Ich entschloss mich wegen meiner Mannschaft und auch wegen des Events selbst dazu, die DM mitzuschießen, den Wettkampf aber eher als Generalprobe oder Trainingswettkampf für die EM anzusehen. Von daher bin ich mit dem Vorkampfergebnis ziemlich zufrieden, und auch das Finale war für mich trainingstechnisch sehr wertvoll, auch wenn ich mir dabei ehrlich gesagt mehr erhofft hatte.“

Alle erhoffen sich nun eine "Sogwirkung" von deinem Coup. Was ist bei der EM in Lonato möglich für die DSB-Schützen?
Wißmer: „Ich denke, dass wir ein sehr gutes Team in Lonato am Start haben und dass nahezu alles möglich ist. Ich glaube fest an unsere Schützen und dass es jetzt an der Zeit ist zu zeigen, was wir drauf haben.“

Was sind deine Ziele bei der EM?
Wißmer: „Ich freue mich sehr auf die EM und mein Ziel ist es, am Ende des Wettkampfes zufrieden mit der eigenen Leistung zu sein. Ebenfalls erhoffe ich mir eine konstante Leistung über die Wettkämpfe hinweg. Für mich ist es eine neue Erfahrung, gleich drei Wettkämpfe zu bestreiten.“

Den Quotenplatz gewonnen zu haben, bedeutet nicht automatisch, Teilnehmer in Tokio zu sein. Wie groß ist die Sehnsucht nach der Olympia-Teilnahme 2020?
Wißmer: „Die Olympischen Spiele sind vermutlich das größte Ziel eines jeden Sportlers, und so ist es auch meins. Dennoch muss sichergestellt sein, dass der Beste zu den Spielen fährt und Deutschland in Tokio vertritt. Um es auf zu den Punkt zu bringen: Die Sehnsucht ist groß, allerdings geht es nach Tokio in Paris weiter und nach Paris folgt Los Angeles.“

Die Skeet-Finals im Überblick (live und kostenlos bei Sportdeutschland.TV)

Freitag, 13. September: 17.00 Uhr Einzel Frauen & 18.00 Uhr Einzel Juniorinnen
Samstag, 14. September: 17.00 Uhr Einzel Männer & 18.00 Uhr Einzel Junioren

Das deutsche EM-Team

Trap: Sarah Bindrich, Christiane Göhring, Katrin Quooß, Paul Pigorsch, Steve Eidekorn, Stefan Veit, Johanna Brandt, Marie-Louis Meyer, Kathrin Murche, Jonas Bindrich, Oliver Hoffmann, Moritz Wolf

Betreuer: Uwe Möller, Karsten Bindrich, Karsten Beth, Katharina Bechtel, Philip Haude, Thomas Abel

Skeet: Nadine Messerschmidt, Nele Wißmer, Valentina Umhöfer, Ralf Buchheim, Vincent Haaga, Tilo Schreier, Eva-Tamara Reichert, Maria Vokhardt, Johanna Wedekind, Arne Hollensteiner, Christopher Honkomp, John Kellinghaus

Betreuer: Axel Krämer, Tino Wenzel, Ralf Lewandowski

Weiterführende Links

Weitere News zu "ESC Europameisterschaft"