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Interview: Maximilian Dallinger über den Balanceakt Sport & Beruf

20.02.2020 08:05

Strahlend nimmt Maximilian Dallinger seine Urkunde in die Hand: Nach 4,5 Jahren hat er seinen Abschluss bei der bayerischen Polizei geschafft und darf sich nun Polizeimeister nennen. Alles, dank der Sportfördergruppe der Polizei, die ihn dabei unterstützt hat, Sport und Beruf zu vereinen – sowohl zeitlich als auch finanziell. Im Interview spricht er über seine Erfahrungen, was er jungen Athleten bei einer anstehenden Entscheidung raten würde und warum der Prüfungsdruck ihn vielleicht sogar bei der Europameisterschaft ein Stückchen weiterbringen kann.

Foto: Bayerische Polizei / Maximilian Dallinger (Mitte) bei der Urkundenübergabe zur Enennung zum Polizeimeister.
Foto: Bayerische Polizei / Maximilian Dallinger (Mitte) bei der Urkundenübergabe zur Enennung zum Polizeimeister.

Maxi, herzlichen Glückwunsch zu deiner bestanden Prüfung! Wie fühlt sich das an als frisch gebackener Polizeimeister?
Dallinger: „Zeit ist es geworden, aber eigentlich fühlt es sich nicht anders an als zuvor, da ich jetzt so und so frei hätte. Komisch wird es, glaube ich, erst im Oktober, wenn normalerweise die Ausbildung wieder beginnen würde. So mache ich jetzt mit meinem Chef auf der Dienststelle einen individuellen Plan für mich, bis ich im Oktober wieder eine Woche auf der Dienststelle in Erding bin.“

Nimm uns mit auf die letzten 4,5 Jahre deiner Ausbildung bei der Polizei…
Dallinger:„2015 bin ich in die Trainingsgruppe `Burning Eyes` hinzugestoßen mit Michi (Michale Janker, Anm. d. Red.), Schalli (Nicolas Schallenberger, Anm. d. Red.), Brodi (Daniel Brodmeier, Anm. d. Red.), Barbara (Engleder, Anm. d. Red.) und Andi (Andreas Geuther, Anm. d. Red.). Drei davon waren bei der Polizei, das wollte ich auch, denn sie haben immer davon geschwärmt. Dann habe ich mich ebenfalls beworben.“

"Für uns gibt es keine Ausnahmen beim Basiswissen und dem Umgang mit Waffen."

Maximilian Dallinger, Nationalkaderschütze

Welche Kriterien muss man erfüllen, wenn man in der Sportfördergruppe aufgenommen werden will?
Dallinger: „Man muss durch das normale Aufnahmeverfahren, kommt zur Bewerbungsberatung für Spitzensportler und absolviert sowohl den Theorie- als auch Sporttest – sowie alle anderen auch.“

Foto: DSB/ Der frischgebackene Polizeimeister startet bei der EM in Breslau mit dem Luftgewehr.
Foto: DSB/ Der frischgebackene Polizeimeister startet bei der EM in Breslau mit dem Luftgewehr.

Wie unterscheidet sich im Anschluss eure Ausbildung in der Sportfördergruppe zur „normalen“ Laufbahn bei der Polizei?
Dallinger: „Wir haben einen kürzeren Ausbildungstag mit ca. 28 Wochenstunden. Spätestens um halb Drei ist für uns Schluss. Für uns gibt es keine Ausnahmen beim Basiswissen und dem Umgang mit Waffen, aber abgespeckt wird zum Beispiel beim Betriebssport, denn das macht bei uns wenig Sinn. Zum einen ist dort das Verletzungsrisiko höher, zum anderen gehen die meisten nachmittags sowieso drei Stunden ins Training.“

Wie war für dich – als international erfolgreicher Sportschütze – das etwas andere Schießtraining bei der Polizei?
Dallinger: „Wir haben im ersten Jahr nur gelernt, sicher mit der Dienstwaffe umzugehen, bevor wir im Schießkino in Dachau den Ernstfall geübt haben. Natürlich hatte ich ein wenig Vorteile gegenüber denen, die noch nie etwas mit Schießsport am Hut hatten, aber grundsätzlich konnte ich nicht viel davon profitieren, denn es ist ein völlig anderes Schießen mit beiden Händen an der Pistole und der Stand ist ebenso komplett anders.“

Welche Vorteile ergeben sich auf Grund der Sportfördergruppe für dich?
Dallinger: „Es ist vor allem ein zeitlicher. Ich werde für das Training freigestellt und hatte auch während der Ausbildungszeit den zeitlichen Vorteil.“

Ist es nur deshalb für dich überhaupt möglich, den Sport in diesem Maße zu betreiben?
Dallinger: „Wenn es die Sportfördergruppe nicht gäbe, bräuchte ich einen Arbeitgeber, der dementsprechend viel Zeit zur Verfügung stellt, aber welcher Arbeitgeber macht das heute schon? Wenn man sich mittlerweile die Ergebnisse ansieht, weiß man, dass man als Hobbysportler in der Weltspitze nicht mehr mithalten kann.“

War es nach dem Abitur von vornherein dein Plan einmal Polizist zu werden?
Dallinger: „Grundsätzlich wollte ich etwas Handwerkliches machen, da es mir liegt und ich daran Spaß habe. Vor allem mit Holz und Metall arbeite ich auch heute noch gerne in meiner Freizeit. Deshalb hätte ich mich vorstellen können Schreiner oder Kunstschmied zu werden, aber ich habe die Polizei nie ausgeschlossen. Mittlerweile sage ich, dass ich mich mit dem Berufsbild sehr gut identifizieren kann. Es gibt bei der Polizei ja nicht nur den Streifendienst, sondern knapp 120 Arbeitsfelder. Wer da nichts findet, ist falsch am Platz.“

Schießsport bedeutet auch eine hohe finanzielle Belastung. Inwieweit hilft dir da die Sportfördergruppe?
Dallinger: „Trotz Freistellung erhalten wir unseren normalen Lohn, so als wenn wir 24/7 in die Arbeit gehen würden. Für einen Auszubildenden ist das Gehalt bei der Bayerischen Polizei zudem sehr hoch im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen. Außerdem kann es sein, dass wir durch das Innenministerium und das Präsidium eine finanzielle Unterstützung für Trainingslager im Ausland bekommen.“

Durch die Sportfördergruppe triffst du auf Spitzensportler ganz verschiedener Sportarten. Profitiert ihr auch voneinander?
Dallinger: „Wir sind derzeit rund 50 Spitzensportler bei der Bayerischen Polizei, maximal neun pro Klasse. Das heißt, Neun hören jetzt mit der Ausbildung auf, dafür kommen neun Neue hinzu. Ich habe mich immer von meinem Zimmernachbarn, einem Läufer, inspirieren lassen und bin fitnesstechnisch dadurch sehr viel besser geworden. Oftmals tritt man selbst ein bisschen auf der Stelle, da schadet neuer Input nie. So motivieren wir uns gegenseitig um 7.00 Uhr aufzustehen und uns gegenseitig in die Halle zu schleppen.“

Trotz Ausbildungsgehalt ist es schwer für junge Schützen, den finanziellen Aufwand des Profisports zu stemmen. Wie finanziert man sich das als junger Athlet?
Dallinger: „Als ganz junger Schütze sind die größten Finanzierer klar Mama und Papa – wie es wahrscheinlich überall ist. Bei uns im Sport gibt es selten richtig große Sponsoren, trotzdem können wir zum Beispiel von Herstellern profitieren, die uns z.B. mit Munition versorgen, die uns Teile leihen oder wir Teile für sie testen. Dadurch sind die finanziellen Aufwendungen inzwischen gering, aber das kommt eben auch mit der Leistung. Je besser man wird, desto mehr bekommt man.“

Eine Leistung, die du beständig bringst, indem du dich jüngst für die anstehende EM (23. Februar – 2. März) in Breslau qualifiziert hast! Wie befreit kannst du dort jetzt ohne den Prüfungsdruck im Nacken teilnehmen?
Dallinger: „Befreiter ist es nicht, aber anders. Es hat beides etwas Positives, denn in der Prüfungsphase war mein Training wirklich gut, man hat den Kopf eigentlich woanders, stresst sich dadurch aber nicht so arg in Technikprobleme rein. Jetzt sind die Prüfungen vorbei und der Fokus liegt nur auf dem Schießen, dadurch habe ich dafür den Kopf wieder frei. Es ist eine andere Art von Stress und hat Beides Vor- und Nachteile.“

Um ein Schlussfazit deiner Ausbildung zu ziehen: Warum würdest du anderen Athleten die Sportfördergruppe der Polizei empfehlen?
Dallinger: „Generell ist es für all diejenigen, die Sport professionell betreiben wollen, aber vor allem auch für die – und das haben mir damals alle gesagt, was ich heute genauso sehe – denen das Berufsbild eines Polizisten zusagt. Wenn man sich damit nicht identifizieren kann, ist es schwierig. Klar, könnte man diese Zeit ausnutzen, aber das ist nicht Sinn der Sache. Deshalb sollte man sich mit dem Beruf anfreunden und dann kann man es optimal mit dem Sport verbinden.“

Für dich geht es sportlich jetzt aber erst einmal mit der Europameisterschaft weiter. Dein persönliches Ziel?
Dallinger: „Die Quotenplatzsituation ist nach wie vor nicht sehr positiv. Egal, wie es läuft oder wer die Nase von uns vorne hat, ein Quotenplatz wäre nicht schlecht für das Klima! Mein Ziel ist auf jeden Fall das Finale. Das ist drin und alles, was dann passiert, ist offen.“

Du hast erzählt, dass dich der Prüfungsdruck im Nacken eher stärker gemacht hat, hilft dir diese Erfahrung auch mit dem Druck des Quotenplatzes im Nacken?
Dallinger: „Ja, ich glaube schon. Wenn man einen sportlichen Geist hat weiß man, dass diese Stresssituationen unter Anspannung und Angst nichts Negatives sind, sondern gerade wenn der Arsch flattert, wird es gut! Genau dann muss die Arschbacken zusammenbeißen und mutig sein. Ohne das geht es nicht, denn einen schönen entspannten Wettkampf hatte noch nie jemand, in einer solchen Situation.“

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