Weltmeisterschaften

Schießsport-WM Baku: Florian Peter bietet Dramatik und gewinnt Bronze

22.08.2023 16:10

Dramatik pur bei der Schießsport-WM in Baku/AZE (17. bis 31. August): Schnellfeuerpistolenschütze Florian Peter stand im Finale der besten sechs Athleten bereits vor dem Aus, kämpfte sich zurück und wurde mit Bronze belohnt. Zudem führte er das Team mit Oliver Geis und Christian Reitz zu Silber, Gleiches gelang den Gewehr-Männern Max Braun, Maximilian Dallinger und David Koenders im Liegend-Wettbewerb.

Foto: DSB / Glücklich über eine unverhoffte WM-Bronzemedaille: Florian Peter.
Foto: DSB / Glücklich über eine unverhoffte WM-Bronzemedaille: Florian Peter.

Erst Krampf, dann Kampf, dann Bronze! Auf diese kurze Formel konnte man das Finale von Florian Peter in Baku zusammenfassen. Der 23-Jährige kam ganz schwer in das Finale rein und schoss in den ersten drei Fünferserien lediglich acht Treffer („Ich habe immer noch mit meinem Anschuss zu kämpfen, damit mache ich mir das Leben immer ein bisschen schwer.“). Als er mit dem Rücken zur Wand stand, lieferte er: Fünf Treffer, die ihm ein Stechen mit dem Ukrainer Kushnirov und dem Chinesen Wang ermöglichten („Ich musste halt die fünf Treffer schießen, ich hatte keine Zeit mehr zum Denken und habe einfach geschossen.“). Beim ersten Stechen waren alle drei Schützen identisch (drei Treffer), beim zweiten Stech-Durchgang setzten sich Peter und der Chinese mit jeweils vier Hits durch.

Und Peter legte nach, setzte vier Treffer und die Konkurrenz unter Druck. Der Chinese brachte nur einen Treffer zustande, der Japaner Yoshioka bekam wegen eines regelwidrigen Vorziehens (zum wiederholten Mal) zwei Treffer Abzug. Plötzlich war Peter auf dem Bronzerang (hinter dem Chinesen Li und dem Franzosen Bessaguet): „Ich hatte mich mit dem vierten Platz bereits abgefunden. Dass der Japaner dann die Grüne Karte für das Vorziehen bekommt und regelgerecht zwei Treffer Abzug, waren natürlich glückliche Umstände – es ist mir ein bisschen in den Schoß gefallen.“ Und diese Chance ließ sich der Obertshausener nicht nehmen: Erneute vier Treffer bedeuteten 21 Treffer in Summe, der Japaner kam nur auf 19 – Bundestrainer Detlef Glenz ballte ob des unerwarteten Glücks die Faust.

Mit weiteren drei Treffern verabschiedete sich Peter aus dem Wettbewerb und sah Li zu, wie dieser unter dem Jubel und Applaus aller Beteiligten mit 39 (!) Treffern (von 40 möglichen) einen neuen Weltrekord aufstellte (Peter: „Unglaublich, das ist fast schon übermenschlich, Riesen-Respekt!“). Im Anschluss sagte Peter: „Ich bin sehr glücklich, weil ich damit nicht mehr gerechnet habe. Ich war schon froh, dass ich ins Shootoff gekommen bin. Das habe ich genutzt und bin mehr als glücklich. Vom Kopf her war das mit Abstand mein bestes Finale, damit war ich sehr zufrieden.“ Auch Bundestrainer Detlef Glenz war geplättet, ob der ständigen Auf und Abs seines jüngsten Schützlings und meinte: „Es war eine Achterbahn der Gefühle. Kurz vor dem Rausfliegen, dann ein Stechen, dann gab es ein Geschenk vom Japaner, das Florian danken angenommen hat.“

Foto: DSB / Gold im Haar und Silber um den Hals: Die Gewehrmänner Maximilian Dallinger, Max Braun und David Koenders.
Foto: DSB / Gold im Haar und Silber um den Hals: Die Gewehrmänner Maximilian Dallinger, Max Braun und David Koenders.

In der Qualifikation war Peter der stabilste der drei Deutschen. Nach 292 Ringen an Tag eins gelangen ihm im zweiten Durchgang 293 Ringe, die ihn letztlich auf Position vier in dem hochklassigen Feld brachten. „Mit dem Gesamtergebnis bin ich zufrieden, 585 ist ein gutes Ergebnis auf einer WM. Mit der Art und Weise bin ich nicht ganz zufrieden, auch da hatte ich Probleme mit dem Anschuss – da werde ich zukünftig daran arbeiten, dass es besser wird.“
Oliver Geis hatte eine gute Ausgangsposition nach dem ersten Halbprogramm: Mit 294 Ringen hatte Geis Rang drei nach Tag eins inne und war gewollt, diesen zu verteidigen und ins Finale der besten Sechs einzuziehen. Doch bereits die erste 8-Sekunden-Serie verpasste ihm einen Dämpfer: Drei Neuner sind einfach zu viel. „Der Wettkampf ist ungünstig gelaufen. In den langsamen Zeiten habe ich die Schüsse nicht in die Zehn bekommen – ich war zu locker im Handgelenk beim Auslösen, und das ist nicht die ideale Mischung“, analysierte er danach. Dass ihm in der zweiten Vierer-Serie zu Beginn eine Acht unterlief, sah er nicht als entscheidend an („An den vier Sekunden lag es nicht, in den langsamen Serien habe ich zu viele Ringe liegengelassen.“), vielmehr wurmte es Geis, der am Ende Achter wurde, dass er eine große Chance verpasst hatte, nach WM-Silber 2014 erneut nach einer Einzelmedaille zu greifen: „Es war mehr drin, definitiv. Der Finaleingang war bei 583 Ringen, das kann man schon schießen. Und umso ärgerlicher ist es, wenn man das nicht schafft. Ich habe mich gut gefühlt, war gut drauf. Ich war aber vielleicht einen Tick nervöser, und das kann schon das Quäntchen ausmachen, darf aber eigentlich nicht passieren, dafür machen wir das viel zu lange.“
Ziemlich enttäuscht verließ Christian Reitz den Stand: Der Olympiasieger von Rio hatte in beiden Halbprogrammen 287 Ringe und somit eine für ihn schwache Ausbeute von lediglich 574 Ringen (36. Platz) erzielt. Sein Fazit fiel dann auch dementsprechend aus: „Es war nicht gut! Gestern habe ich den einen oder anderen Fehler gemacht, den ich auch gemerkt habe. Heute habe ich gleich in der ersten Serie mit drei Knappen begonnen, und wenn es sich dann nicht ändert, wird es auch nicht besser. Insgesamt ist das Ergebnis nicht gut, um es mal nett zu formulieren.“
Trotz der unzufriedenen Geis und Reitz sprang für das Team die von Bundestrainer Detlef Glenz im Vorfeld geforderte Team-Medaille heraus: Silber hinter China und vor Korea war mehr als ein „Trostpflaster“: „Eine Medaille mit dem Team ist immer schön, wir haben ein cooles Team, haben viel Spaß und freuen uns, auf Platz zwei in der Welt zu sein“, so Geis.

50m Liegend Männer: Team-Silber als verdienter Lohn

Früh am Morgen musste das Gewehr-Trio Max Braun, Maximilian Dallinger und David Koenders an den Stand. 50 Meter liegend standen auf dem Programm und damit eine Disziplin, die den DSB-Schützen traditionell liegt. 2018 bei der WM wurde z.B. WM-Gold gewonnen, damals war Dallinger schon dabei. Für Braun war es nach mehr als einer Woche Training der erste Wettkampf, und der Jüngste des Trios legte bärenstark los: 106,0 Ringe, die zweithöchste Serie, die überhaupt in dem Wettkampf geschossen wurde. Und es ging gut weiter für Braun – bis zur fünften Serie (101,0): „hatte ein bisschen Pech mit dem Material. Nach der Pause hatte ich einen Achter tief. Das hatte ich schon einmal vor vier Jahren, dass bei warmen Temperaturen nach einer Pause Tiefschüsse habe. Im Training in der ganzen Woche hatte ich das nicht, aber diese zwei Ringe fehlen zur Einzelmedaille – das tut schon weh.“ Am Ende hatte Braun 623,6 Ringe (9. Platz), Bronze ging bei 625,0 weg.
Dallinger startete nicht so gut, eher solide: „Der Start war passabel mit drei 103-er Serien, aber mir war klar, dass da noch etwas kommen muss, sowohl für das Einzel als auch für das Team.“ Und es kam mehr, auch weil er ins Risiko ging: „Man muss etwas riskieren, das werden David und Max auch gemacht haben, sonst wären wir nicht bei diesem Ergebnis rausgekommen. Und wenn man dann das Quäntchen Glück hat, dass der Wind in der einen Sekunde auch bleibt, das gehört dazu.“ 623,0 Ringe (11. Platz) waren es am Ende für Dallinger, der sein Ergebnis und das der anderen Schützen folgendermaßen einordnete: „Das Ergebnis hätte beim Weltcup in Hochbrück vor ein paar Jahren nicht für den Finaleinzug gereicht. In Kairo gewann der Lochbihler mit 631 Ringen. Man muss hier ungefähr fünf Ringe runterrechnen, das kommt dann schon hin. Der Weltmeister geht hier mit 625,5 raus – das liegt definitiv am Stand.“
Fehlte noch der Dritte im Bunde, David Koenders. Auch dieser begann mit einer wunderbaren Serie (105,4), bekam dann aber Probleme: „Ich bin super reingestartet, dann habe ich mir zwei sehr weite Schüsse gefangen, dann kam der Druck und die Anspannung, und ich habe etwas verkrampft.“ Doch er fing sich wieder und machte mit einer 10,8 im letzten Schuss Team-Silber perfekt (617,9, 39. Platz): „Nach der zweiten Pause war es wieder grundsolide, es war ein Kampf und zum Glück hat es sich für die Teammedaille gelohnt“, so Koenders. Braun trauerte ein wenig der Einzelmedaille hinterher („Mein Ziel war klar: Eine Einzelmedaille, weil Liegend meine Disziplin ist, deswegen habe ich gemischte Gefühle!“), Dallinger war weitaus positiver: „Es ist ein cooler Abschluss und hintenraus ein positiver Aspekt, da wir Herren bisher nicht das Glanzstück abgeliefert haben bei dieser WM. Es ist ein kleines Trostpflaster, und man nimmt die positiven Dinge mit, aber wir haben Arbeit genug.“

Entscheidungen am Mittwoch, 23. August
Standardpistole
50m Liegend Frauen
50m Liegend Mixed

Die nominierten DSB-Schützen für die WM in Baku

Flinte: Katrin Butterer (Ibbenbüren), Nadine Messerschmidt (Schmalkalden), Nele Wißmer (Suhl), Vincent Haaga (Suhl), Sven Korte (Ibbenbüren), Tilo Schreier (Loitz), Marco Kroß (Torgau), Andreas Löw (Schönbronn), Paul Pigorsch (Süptitz), Kathrin Murche (Elsnig-Mockritz), Bettina Valdorf (Frankfurt/Oder)

Gewehr: Anna Janßen (Freising), Jolyn Beer (Neustadt am Rübenberge), Lisa Müller (Weingarten), Larissa Weindorf (Mannheim), Maximilian Ulbrich (Wielenbach), Maximilian Dallinger (Haar), David Koenders (Mossautal), Max Braun (Kämpfelbach), Anna-Lena Geuther (Unterschleißheim), Veronique Münster (Kalletal), Markus Abt (Amtzell), Christian Dreßel (Adelsdorf), Max Ohlenburger (Idstein-Heftrich), Jörg Niehüser (Erwitte), Michael Klein (Schlier), Marcin Szyja (Pflaumdorf)

Pistole: Svenja Berge (Oberselters), Josefin Eder (Frankfurt/Oder), Doreen Vennekamp (Steinbach-Hallenberg), Michelle Skeries (Potsdam), Paul Fröhlich (Hitzhofen), Michael Schwald (Lörrach), Robin Walter (Reichenbach), Oliver Geis (Oberselters), Florian Peter (Obertshausen), Christian Reitz (Regensburg)

Laufende Scheibe: Daniela Vogelbacher (Frankfurt/Main), Kris Großheim (Frankfurt/Main), Tobias Schönsteiner (Würrtenberg)

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