Deutsche Meisterschaften

Bogen DM Wiesbaden: Stech-Wahnsinn auf dem Bowling Green

09.09.2023 11:56

Heiße Temperaturen und „heiße“ Matches prägten den zweiten Tag der Wettkämpfe bei den Deutschen Bogensportmeisterschaften in Wiesbaden. Am Ende jubelten Marcus Laube (TV Meßkirch) und Katharina Raab (Oberallgäuer Gauschützen) mit dem Compoundbogen, Knut Jakubczik (VfL Tremsbüttel) und Rebekka Gleich (BSSC Olympia) im Recurvebogen Jugend. Am Sonntag können sich die Zuschauer u.a. auf das „Traumfinale“ der Weltmeisterinnen Katharina Bauer (BSG Raubling) und Charline Schwarz (BS Feucht) freuen.

Foto: Eckhard Frerichs / Lieferten sich ein packendes Duell: Henning Lüpkemann und Marcus Laube (rechts).
Foto: Eckhard Frerichs / Lieferten sich ein packendes Duell: Henning Lüpkemann und Marcus Laube (rechts).

Es war brüllend heiß auf dem Bowling Green, und die Schützen waren der Sonne ohne jeglichen Schutz ausgesetzt. Doch dieser Umstand hinderte sie nicht, starke Leistungen abzuliefern und ihrem Sport mit Ausdauer nachzugehen. Denn zahlreiche Medaillenmatches gingen in die Verlängerung und wurden erst mit einem Stechpfeil entschieden.

Compound: Achter Einzel-Titel und Titel-Hattrick
Es war das letzte Match des Tages und bot den Bogensport-Fans, unter ihnen u.a. Hessens Innenminister Peter Beuth und die hessische Landtagspräsidentin Astrid Wallmann, nochmals Bogensport vom Feinsten. Die Vereinskameraden und besten Freunde, Henning Lüpkemann und Marcus Laube (TV Meßkirch), zelebrierten ihren Sport und trieben es am Ende auf die Spitze. Doch der Reihe nach: Zunächst deutete alles auf den Sieg von Laube hin, der in Passe eins und drei jeweils einen „Tick“ besser agierte als sein Kontrahent und somit mit zwei Ringen Vorsprung in die fünfte und letzte Passe ging. Doch Lüpkemann zeigte unter Druck seine beste Leistung, schoss perfekte 30 und egalisierte, weil Laube zweimal in die Neun schoss (144:144). Somit musste – wie schon in zahlreichen Matches zuvor (s.u.) – ein Stechpfeil über Sieg und Titel entscheiden. Lüpkemann legte mit einer nahezu perfekten Zehn vor (Laube: „Ich habe ein leichtes Raunen vom Publikum gehört und mir gedacht: Ups, das muss eine ziemlich gute Zehn sein.“), doch Laube blieb cool und setzte seinen Pfeil noch zentraler auf die Scheibe. Ein anerkennendes Kappe lüften von Lüpkemann sowie eine herzliche Umarmung der beiden Kumpels folgte. Anschließend äußerten sich beide im Interview: „Wir hatten es gestern schon gesagt: Ein Match hat 16 Schuss, wir haben ein Stechen befürchtet“, meinte Laube und meinte zu seinem achten Einzel-Titel: „Es ist ein ganz besonderer Titel, weil es gegen meinen besten Kumpel ging, den ich seit 27 Jahren kenne.“ Lüpkemann zeigte sich als fairer Verlierer und sagte: „Natürlich ist man schon ein wenig traurig, wenn man mit einem X verliert. Aber so ist Sport, es geht um Präzision.“ Bronze gewann Florian Grafmans (Schützengilde Kleinlangheim) nach einem 10:9 im Stechen gegen Lars Klingner (TSV Lindenberg), nachdem es zuvor 141:141 hieß.

Es war das Duell der mit Abstand besten Schützinnen dieser DM: Katharina Raab (Oberallgäuer Gauschützen) und Julia Böhnke (TV Meßkirch) waren als Nummer eins und zwei der Qualifikation in die DM gestartet und hatten sich auch in der Ko-Phase mehr oder weniger souverän durchgesetzt. Somit rechneten alle mit einem ausgeglichenen Finale der beiden WM-Teilnehmerinnen. Und so begann das Match auch: Böhnke lag nach der ersten Passe vorne (28-27), geriet dann aber in Rückstand, weil sie eine schwächere Passe (25-28) schoss. Diese Chance ließ sich Raab nicht mehr nehmen, und sie machte mit dem 138:135 den Titel und zwei Besonderheiten klar: Zum einen gelang ihr der Titel-Hattrick nach ihren Siegen 2021 und 2022, zudem machte sie das Familien-Double perfekt, da ihr Vater Matthias tags zuvor den Titel gewann. „Es hat mich motiviert, mein Vater und ich batteln uns immer im Training. Die doppelte Meisterschaft wird ordentlich gefeiert“, meinte sie danach. Und zum Sieg gegen Böhnke: „Es freut mich riesig. Es ist nie sicher, wenn man ins Finalstadion reingeht, dass man gewinnt. Erst recht, wenn es gegen Julia geht, die eine richtig starke Gegnerin ist.“ Bronze ging an Susanne Engemann (BSV Teningen), die sich 142:139 gegen Marie Marquardt (Blankenfelder BS) durchsetzte.

Recurve Jugend: Drei Stechen für die Medaillen
Im Goldfinale der weiblichen Jugend standen sich Rebekka Gleich (BSSC Olympia) und Melina Koepper (BSC BB-Berlin) gegenüber. Die beiden 16-jährigen Talente begegneten sich auf Augenhöhe und nach der Devise: Gleich legt vor, Koepper zieht nach. Und so hieß es nach fünf Passen 5:5 unentschieden (28-25, 24-27, 28-28, 29-26, 27-28, weil Gleich die Chance auf den Sieg mit einer Acht (eine Neun hätte gereicht) im letzten Pfeil der fünften Passe verpasste: „Ich wusste nicht, was ich schießen musste“, meinte Gleich im Nachgang. Und so musste das Stechen entscheiden: Gleich legte eine Neun vor, die Koepper mit einer Acht nicht kontern konnte. „Der Schuss war nicht so gut und ich bin froh, dass es noch eine Neun war. Ich freue mich über das gute Ergebnis, dass ich in der Qualifikation gut war und hier dabei sein konnte. Ich bin innerlich aufgewühlt“, sagte die Berlinerin äußerlich ungerührt. Im Bronzematch setzte sich Lisa Lucks (BSC BB-Berlin) 6:5 (28-25, 29-26, 27-27, 19-26, 28-30, 9:8) gegen Regina Kellerer (BSG Raubling) durch.

Foto: Eckhard Frerichs / Ließ die Pfeile gekonnt zum Titel fliegen: Knut Jacubczik.
Foto: Eckhard Frerichs / Ließ die Pfeile gekonnt zum Titel fliegen: Knut Jacubczik.

Im Goldfinale der männlichen Jugend setzten sich Knut Jacubczik (VfL Tremsbüttel) und Toni Schmid (BSSC Olympia) der Wiesbadener Hitze aus. Bei den Schülern hatte Jacubczik bereits einmal gewonnen, im vergangenen Jahr hatte er sich erst im Goldfinale geschlagen geben müssen. Und auch dieses Mal sah es nach drei Passen nicht gut aus, denn Kontrahent Schmid schoss bärenstark, und es stand 2:4 (27-26, 29-30, 27-28) aus Sicht von Jacubczik. Doch der Berliner konnte sein hohes Niveau nicht halten, während der 16-jährige Jacubczik konstant blieb. Vielleicht auch, weil er sich sagte: „Wenn es passiert, passiert´s.“ Doch es passierte nicht, Jacubczik sicherte sich mit 26-21 und 28-24 die zwei abschließenden Sätze und den Sieg: „Ich war ein bisschen nervös, aber nicht so stark wie im vergangenen Jahr. Ich bin mit einem anderen Mindset reingegangen und wollte einfach nur durchziehen. Der Titel fühlt sich okay an. Ich bin froh, dass ich gewonnen habe, hätte es aber auch Toni gegönnt.“ Titelverteidiger Phil Lüttmerding (SV Böddiger) sicherte sich durch ein 6:5 (24-24, 26-26, 27-22, 25-25, 21-22, 9:8) im Stechen gegen Bastian Gropp (SV Schwabhausen 1993) die Bronzemedaille.

Recurve: Weltmeisterinnen und WM-Teilnehmer unter sich
Am Sonntag kommt es auf dem Bowling Green zum (erhofften) Traumfinale: Die Team-Weltmeisterinnen und „Gold-Mädels“ von Berlin, Charline Schwarz (BS Feucht) und Katharina Bauer (BSG Raubling), begegnen sich im Goldfinale. Schwarz bezwang im Halbfinale Johanna Heinzel (SV Querum) souverän 6:0 (29-24, 29-25, 28-24), Bauer setzte sich in einem hart umkämpften Match 6:4 (27-28, 29-28, 29-27, 28-28, 27-27) gegen Elisa Tartler SV Bavaria Thulba) durch.
Und auch bei den Männern kommt es zum Duell zweier Extra-Könner und Freunde: Florian Unruh (SSC Fockbek) bekommt es mit Maximilian Weckmüller (BSC Vellmar) zu tun. Während Unruh in seinen drei Ko-Rundenmatches nicht eine Passe abgab und als schwächsten Wert 28 Ringe schoss – im Halbfinale war Jonathan Vetter (SGi Ditzingen) beim 6:0 (30-25, 29-27, 28-24) chancenlos – musste Weckmüller größeren Widerstand brechen. Er gewann sein Halbfinale 7:3 (29-27, 26-26, 28-24, 23-26, 28-26) gegen Jakob Hetz (BCS Reuth).
Und auch bei den Juniorinnen und Junioren stehen die Top-Favoriten und Titelverteidiger im Goldfinale: Elina Idensen (BSC BB-Berlin) und Mathias Kramer (BSC Werlte) setzten sich in ihren Halbfinals deutlich 6:0 (28-23, 25-19, 29-27 & 28-25, 27-25, 28-25) durch. Idensen gegen Sophie Kühne (TuS Grün-Weiss Holten - BoSch), Kramer gegen Raphael Schier (SV Stahl U-born Bogen). Im Goldfinale warten mit Svenja Herrmann (ASC Göttingen) und Elias Wahle (TuS Grün-Weiss Holten - BoSch) zwei Überraschungs-Finalisten. Diese setzten sich in ihren Halbfinals gegen die favorisierten Clea Reisenweber (BSC BB-Berlin) 6:5 (26-29, 27-25, 27-25, 24-28, 24-24, 9:5) bzw. 6:2 (27-24, 28-26, 25-26, 25-24) Eric Linke (BSC BB-Berlin) durch.

Blankbogen: Enge Entscheidungen in allen Klassen
Jan Stollberg (SV zu Glindow 1924) und Stefan Heinickel (SV Wechterswinkel) lieferten sich von Beginn an in der Konkurrenz der Männer ein Kopf-an-Kopf-Rennen, dem die anderen Schützen nicht folgen konnten. Zur Halbzeit führte Stollberg mit drei Ringen Vorsprung, doch Heinickel holte in den nächsten 36 Pfeilen bis auf einen Ring auf. Aber exakt diese Differenz blieb, sodass Jan Stollberg erstmals Deutscher Meister (633:632) wurde: „„Es war ein Wettkampf mit Höhen und Tiefen. Ich hatte mir zwei Wochen Urlaub genommen und habe mich in diesem auf die DM vorbereitet.“ Bronze ging an Stefan Abrell (BSC 1404 Mhl e.V.).

Einem ungefährdeten Erfolg schien Diana Wiesner (BSV Ulm) entgegenzusteuern. Satte sieben Ringe Vorsprung hatte sie zur Hälfte des Wettkampfes, 311 Ringe wren ein deutliches Zeichen an die Konkurrenz. Doch Bianca Klotzsche blies zur Aufholjagd, verringerte Passe für Passe den Rückstand, um am Ende doch Wiesner zum Titel zu gratulieren – 615:613 lautete der Endstand. Bronze sicherte sich Ulrike Koini (Altenkirchener BoSch 1990).

In der Klasse der jüngsten Blankbogenschützen gab es ein munteres Wechselspielchen an der Spitze. Zunächst lag Sara Wilke Gonjar (SGi Ebersbach) vorne, dann Manuel Feser (SPS Bergatreute), ehe Jona Molz (KKB e.V.) in der zweiten Hälfte unwiderstehlich davonzog. Am Ende hieß es Molz (570), vor Wilke Gonja (551) und Feser (546). Nach dem DM-Titel in der Halle machte er das Double perfekt: „Es ist anstrengend, und man muss sehen, dass man sich zwischendurch abkühlt. Der Kunstrasen heizt das Ganze auch nochmals auf.“

Der SSG Hohberg ist Heimat des neuen Deutschen Meisters der Blankbogen Mastersklasse: Matthias Schilling stand am Ende der 72 Pfeile ganz oben auf dem Treppchen, was ihn wohl selbst am meisten überraschte. Denn zur Hälfte des Wettkampfes rangierte Schilling lediglich auf Platz sechs mit zwölf Ringen Rückstand auf Spitzenreiter Armin Raab (SF Gechingen).

Die Mannschaftstitel gingen an die FSG Tacherting (Recurve) und den BSV Hänigsen (Blankbogen), der mit 1694 Ringen einen neuen Deutschen Rekord aufstellte. „Das haben wir erst auf dem Podium erfahren, dass wir einen neuen Rekord aufgestellt haben. Es ist unglaublich. Ich bin mit meinem Einzelergebnis zufrieden, die Herren aber eigentlich nicht“, meinte Karen Meyer.

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