Weltmeisterschaften

Schießsport-WM Baku: Weltklasseleistungen und eine Team-Bronzemedaille

19.08.2023 15:42

Freud und Leid lagen im deutschen Team dicht beieinander am dritten Tag der Schießsport-WM in Baku/AZE (17. bis 31. August): Luftgewehrschützin Larissa Weindorf schoss beeindruckende 630,7 Ringe, scheiterte am Finaleingang aber um ein Zehntel. Gemeinsam mit Anna Janßen und Lisa Müller gewann sie Team-Bronze. Im Skeet-Wettbewerb verpasste Vincent Haaga im Stechen zwar den Einzug in das Finale der besten sechs Athleten und damit auch einen olympischen Quotenplatz, der achte Platz war aber ebenfalls eine absolute Weltklasseleistung.

Foto: DSB / Glücklich über Teambronze mit dem Luftgewehr: Larissa Weindorf, Anna Janßen und Lisa Müller.
Foto: DSB / Glücklich über Teambronze mit dem Luftgewehr: Larissa Weindorf, Anna Janßen und Lisa Müller.

Luftgewehr Frauen: Kampf und Kopfkino
Larissa Weindorf und Anna Janßen mussten im ersten Durchgang der Luftgewehr-Konkurrenz (140 Teilnehmerinnen insgesamt) an den Stand und schossen – etwa 50 Meter voneinander entfernt – um die Ringe. Und das gelang ausgezeichnet: Weindorf zeigte bei ihrem WM-Debüt im Einzel eine Weltklasse-Leistung und knüpfte nahtlos an die in der WM-Qualifikation gezeigten Auftritte an („Die Ausscheidung habe ich konstant über 630 geschossen, es ist immer noch die Hürde, die für mich noch nicht normal ist. Deswegen freut es mich umso mehr, dass ich es geschafft habe und es war auch mein Ziel.“). Zwar konnte sie das anfängliche Niveau nicht ganz bis zum Ende halten, das hatte aber auch einen (verständlichen) Grund: „Die ersten 40 Schuss liefen richtig gut, dann kam die Nervosität und der Puls. Das ging noch bis zum 50. Schuss, wo ich mir dachte, ich will das nicht aus der Hand geben. Die letzten zehn Schuss waren echt schwer, ich glaube, ich habe eine Viertelstunde benötigt, alle zwei Schuss musste ich den Puls runterbekommen. Das Kopfkino war die ganze Zeit, aber mit der zunehmenden Anzahl der Schüsse wurde es noch mehr.“
630,7 Ringe bedeuteten Platz vier nach Durchgang eins, Janßen schoss lediglich 0,7 Ringe weniger und platzierte sich auf Rang sieben, wobei ihr eines gleich klar war: „Ich bin ziemlich zufrieden. 630 ist ein gutes Ergebnis, aber mir war von Vorneherein bewusst, dass das nicht reichen wird, das war letztes Jahr bei der WM in Kairo ebenso – die sind einfach unheimlich stark.“
Am Ende wurden es die Plätze neun und zwölf, wobei vor allem Weindorf unfassbares Pech hatte, da sie um lediglich ein Zehntel am Finaleingang scheiterte: „Dass es um ein Zehntel nicht gereicht hat, da steckt man nicht drin. Ich kann die anderen nicht beeinflussen. Bei meiner ersten Junioren-WM bin ich mit einem guten Ergebnis auch Neunte geworden, dennoch nehme ich das Positive mit und habe aus dem Wettkampf viel gelernt.“ Zumal am Ende doch noch gejubelt werden konnte. Denn Lisa Müller schaffte nach einem sehr schwierigen Start („Es war ein hartes Stück Arbeit. Ich musste viel mit mir im Kopf und mit dem Anschlag arbeiten. Irgendwann kam der Moment, da habe ich gedacht, ich höre auf. Als ich nach 40 Schuss gesehen habe, mir fehlen zehn bis 15 Ringe.“) die Wende: „Ich habe mir gesagt, du darfst leer im Kopf sein, aber ich wollte noch einmal etwas fürs Team rausholen. Ich habe nicht mehr nachgedacht, sondern einfach gemacht.“ Und wie! Vor allem die 106,5 Ringe in der fünften Serie waren der „Game-Changer“ zu WM-Bronze – 0,2 Zehntel vor der Schweiz: „Die Medaille ist noch nicht so angekommen, aber ich bin stolz darauf, dass es sich gelohnt hat, alles rauszuholen“, so Müller.

Luftgewehr Männer: DSB-Trio erfüllt nicht die eigenen Erwartungen
Während das Luftgewehr-Trio der Frauen vollauf überzeugte, gab es bei den Männern eine kleine Enttäuschung: Europameister Maximilian Ulbrich war mit 627,4 Ringen als bester DSB-Athlet 31., Maximilian Dallinger (626,7, 45. Platz) und David Koenders (625,1, 55. Platz) folgten. Dabei war durchaus mehr drin, denn der Finaleingang lag nicht – wie von Ulbrich selbst vermutet – bei 630 Ringen aufwärts, sondern bei 629,3. Und damit in einem Bereich, den zumindest Ulbrich zuletzt in großen Wettbewerben immer sicher übertroffen hatte. Deswegen war Ulbrich danach zwiespältig: „Ich hatte einen klaren Plan und war sehr gut vorbereitet. Der Plan hat am Anfang sehr gut funktioniert, die Hälfte des Wettkampfes war wirklich top, danach habe ich Probleme bekommen, weil mir die Fußsohlen und die Kniekehlen weh taten. Ich habe eine Pause gemacht und mich bewegt, aber es ist nicht besser geworden, und das hat es mir schwierig gemacht, meinen Plan durchzuziehen. Ich habe das Wesentliche aus den Augen verloren.“
Auch David Koenders konnte die gute Anfangsleistung nicht halten: „Unterm Strich ist das Ergebnis nicht das, was ich gewollt habe. Es ist aber kein Drama, zumal die ersten 40 Schuss sehr gut liefen. Danach fehlte die Konzentration, und ich habe mir Neuner reingehauen. Insgesamt bin ich zufrieden mit dem Anfang, der ein Schritt nach vorne war.“ In der Teamwertung sprang Platz neun (von 23 Teams) heraus.

Skeet Männer: Nervenstärke und Pech liegen dicht beieinander
Dramatisch ging es auch auf dem Flintenstand zu. Dort hatte sich Vincent Haaga in beeindruckender Manier in das Stechen um den letzten Finalplatz geschossen. „Ich muss 75 schießen, um noch eine Chance zu haben“, hatte Haaga nach dem ersten Tag und zwei Fehlern gesagt. Er ließ Taten folgen („Ich wusste, ich bin in der Lage das abzurufen, und das habe ich dann umgesetzt.“). Kein Fehler in den drei letzten Serien bescherten ihm – wie fünf weiteren Schützen – 123 Treffer. Diese schossen um einen (!) Platz im Finale, da zwei Schützen in der Qualifikation fehlerfrei blieben und drei weitere nur eine Scheibe fliegen ließen. Zudem ging es auch um einen Quotenplatz für Paris 2024 – der Sieger des Stechens hatte diesen sicher. Und so musste Haaga in die Verlängerung gegen zwei Dänen, einen Kasachen, einen Italiener und einen US-Amerikaner. Der US-Boy verabschiedete sich als Erster aus dem Rennen, es folgten ein Däne und der Italiener. Und dann kam, was keiner der zahlreichen Unterstützer aus dem deutschen Team sehen wollte: Haaga traf die 21. (!) Scheibe nicht und beendete die WM somit auf dem starken achten Platz: „Ich habe alles gegeben, es hat um die eine Scheibe nicht gereicht. Aber ich bin zu 100 Prozent zufrieden mit dem Wettkampf, 123 Scheiben sind ein Top-Ereignis. Auch das Stechen mit über 20 Scheiben war sehr gut, deswegen habe ich mir nichts vorzuwerfen, ich bin unter den besten Acht der WM!“ Nun folgt noch der Mixed-Wettkampf (es schießen Haaga & Katrin Butterer und Sven Korte & Nele Wißmer), dann kommt demnächst die EM in Osijek/CRO (8. bis 27. September), mit einer klaren Ansage von Haaga: „Bei der EM machen wir es dann nochmal: Nur mit Finale!“
Sven Korte (120) und Tilo Schreier (118) landeten auf Platz 43 und 71 und damit im Mittelfeld des 124 Männer starken Skeet-Turniers. Korte sagte ehrlich: „Ich habe stark angefangen und stark aufgehört, dazwischen war eine kleine Lücke. Es ist nicht so schlecht, aber um hier mitmischen zu können, sind 122 oder 123 Treffer aufwärts Pflicht. Man sieht, wie hoch die Dichte ist.“ Als Team sprang am Ende der siebte Platz von 27 Nationen heraus.

Foto: DSB / Skeet-Bundestrainer Axel Krämer gratuliert Vincent Haaga zu seinem starken Wettkampf und Ergebnis.
Foto: DSB / Skeet-Bundestrainer Axel Krämer gratuliert Vincent Haaga zu seinem starken Wettkampf und Ergebnis.

Sportpistole: Doreen Vennekamp klar auf Finalkurs
Nach ihrer starken Vorstellung mit der Luftpistole (7. Platz) gab Doreen Vennekamp in ihrer Spezialdisziplin Sportpistole das Finale als klares Ziel aus, „auch wenn ich auf diesem Stand zuletzt immer etwas Probleme hatte.“ Davon war im ersten Teil der Disziplin, der Präzision, nichts zu sehen: Die Weltranglisten-1. schoss eine Zehn nach der anderen und ging mit sehr starken 297 (von 300 möglichen Ringen) als Zweite vom Stand: „Ich habe hier noch nie so gut geschossen, es hat gut gepasst, auch mit den Lichtverhältnissen.“ Dabei lief gar nicht einmal alles nach Plan: „Nach der Probe bin ich nochmals rausgegangen und habe mich einmal „rebooten“ lassen“, so die Europameisterin in dieser Disziplin. Und zum Wettkampf sagte sie: „Es war nicht wunderschön geschossen, viele Schüsse gingen in die 10,0 und die habe ich dankbar angenommen. Ich glaube, ich habe zwei Jahre nicht so viel abgesetzt wie heute. Ich habe heute hart gearbeitet, und nach jeder Runde habe ich mich umgedreht zu Claudia und habe mir das Feedback geholt, ob ich das richtig gesehen habe.“
Nicht zufrieden war dagegen Josefin Eder (285 Ringe, 64. Platz), maßlos enttäuscht Michelle Skeries (278 Ringe, 89. Platz), die überhaupt keinen Rhythmus fand und den Traum von einer guten Platzierung respektive Finalteilnahme frühzeitig beendet sieht. Am morgigen Sonntag, 20. August, folgt der Duell-Teil und damit die stärkere Disziplin aller DSB-Frauen.

Entscheidungen am Sonntag, 20. August

  • Sportpistole Frauen
  • KK-Dreistellungskampf Männer
  • Skeet Mixed

Die nominierten DSB-Schützen für die WM in Baku

Flinte: Katrin Butterer (Ibbenbüren), Nadine Messerschmidt (Schmalkalden), Nele Wißmer (Ibbenbüren), Vincent Haaga (Suhl), Sven Korte (Ibbenbüren), Tilo Schreier (Loitz), Marco Kroß (Torgau), Andreas Löw (Schönbronn), Paul Pigorsch (Süptitz), Kathrin Murche (Elsnig-Mockritz), Bettina Valdorf (Frankfurt/Oder)

Gewehr: Anna Janßen (Freising), Jolyn Beer (Neustadt am Rübenberge), Lisa Müller (Weingarten), Larissa Weindorf (Mannheim), Maximilian Ulbrich (Wielenbach), Maximilian Dallinger (Haar), David Koenders (Mossautal), Max Braun (Kämpfelbach), Anna-Lena Geuther (Unterschleißheim), Veronique Münster (Kalletal), Markus Abt (Amtzell), Christian Dreßel (Adelsdorf), Max Ohlenburger (Idstein-Heftrich), Jörg Niehüser (Erwitte), Michael Klein (Schlier), Marcin Szyja (Pflaumdorf)

Pistole: Svenja Berge (Oberselters), Josefin Eder (Frankfurt/Oder), Doreen Vennekamp (Steinbach-Hallenberg), Michelle Skeries (Potsdam), Paul Fröhlich (Hitzhofen), Michael Schwald (Lörrach), Robin Walter (Reichenbach), Oliver Geis (Oberselters), Florian Peter (Obertshausen), Christian Reitz (Regensburg)

Laufende Scheibe: Daniela Vogelbacher (Frankfurt/Main), Kris Großheim (Frankfurt/Main), Tobias Schönsteiner (Würrtenberg)

Weiterführende Links

  • Alle Infos zur Schießsport-WM in Baku

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