Protektoren

Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha

Populär durch volksnahen Regierungs- und Lebensstil

Eine der schillerndsten politischen Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts war Herzog Ernst II. (1818 - 1889). Schon bei seinem Regierungsantritt verkündete der 25-Jährige den Untertanen seiner in Personalunion verbundenen Herzogtümern Sachsen, Coburg und Gotha, als ein „ehrlicher Deutscher liberal regieren“ zu wollen. Diesem Vorsatz blieb er treu und erreichte durch seinen volksnahen Regierungs- und Lebensstil binnen kurzer Zeit eine Popularität, die nur noch mit der des „Alten Fritz“ vergleichbar war.

Ernst II. führte in seinen Besitztümern zahlreiche Reformen in Landwirtschaft, Bildungswesen, und Industrie durch. Die innere Gesetzgebung des Herzogtums, vor allem das Vereins- und Versammlungsgesetz hatte liberalsten Charakter. Organisationen und Gruppierungen, die in den anderen Bundesstaaten verboten waren und polizeilich verfolgt wurden, konnten sich hier treffen.


Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha

Zu den Gothaer und Coburger Schützen hatte der Herzog seit seiner Jugend enge Kontakte. Als leidenschaftlicher Jäger pflegte er bei der Altschützengesellschaft das Vogel- und Scheibenschießen. Am Gothaer Schützenfest von 1859 nahm er zusammen mit seinem Bruder Albert, dem Gemahl der englischen Königin Victoria, teil. Der Prince Consort wurde Schützenkönig.

Zweifellos benutzte Ernst II. seine Popularität und seine dynastischen Verbindungen auch dazu, die eigenen nationalpolitischen Ambitionen zur Geltung zu bringen. Seine aktive, entscheidende Rolle bei der Gründung des Deutschen Schützenbundes diente dieser Politik. Zwar hatte als aktiver Schütze auch selbst großes Interesse an der Einheit des deutschen Schützenwesens. Aber er wusste, dass eine rasche staatliche Einigung aller Deutschen mit Hilfe von Massendemonstrationen „von unten“ mindestens gefördert wurde.

Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha

Seinen für die deutsche Geschichte wichtigsten und auch für ihn selbst folgenreichsten (weil letzten großen) Auftritt als Protektor des Deutschen Schützenbundes hatte Herzog Ernst II. im Jahr nach der Gründung, beim Ersten Deutschen Bundesschießen in Frankfurt am Main 1862. Die Massen jubelten ihm zu, er eröffnete das Fest und übergab das neu geschaffene Bundesbanner, als Ehrenpräsident hielt er die bedeutenden Reden.


Das Bundesschießen gilt in der Geschichtsschreibung als eine der mächtigsten nationalen Demonstration wenige Jahre vor der Reichsgründung.. Zusammen mit dem Bundesvorstand ging Herzog Ernst II. an der Spitze des Festzugs und übergab auf dem mit den schwarz-rot-goldenen Fahnen der 48er Revolution geschmückten Roßmarkt das in den gleichen Farben gehaltene Bundesbanner seiner Bestimmung.

Herzog Ernst II. bekam infolge dieser nationalen Demonstration erheblichen Druck von seiten seiner Standesgenossen und der deutschen Mächte zu spüren, besonders vom geographisch nahen Preußen und dessen König Wilhelm. Er zog sich mit der Zeit aus der vordersten Linie des öffentlichen und politischen Lebens zurück, zumal er die Führung des Schützenbundes mit dem Gothaer Landgerichtspräsidenten Albert Sterzing in ihm vertrauten und guten Händen wusste. Die regionalen Schützenfeste seines Herrschaftsgebiets besuchte der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha weiterhin gern. Das Protektorat über den Deutschen Schützenbund hat zeit Lebens nicht abgegeben.