Olympische Spiele

Paris 2024: Mit Zahnarzt-Hilfe zu Edelmetall?

04.07.2024 09:20

Zahnfüllungen aus Gold oder anderen Metalllegierungen hat so mancher im Mund. Dass ein befreundeter Zahnarzt Schnellfeuerpistolenschütze Florian Peter (Obertshausen) zu Edelmetall bei Olympischen Spielen verhilft, wäre aus dessen (und DSB-)Sicht natürlich wünschenswert und zeigt, dass im Schießsport das Material eine wichtige Rolle spielt, wie auch das weitere Beispiel Gewehrkleidung zeigt.

Foto: Lisa Haensch / Maßanfertigung aus dem 3D-Drucker: Schnellfeuerschütze Florian Peter mit seinem ganz speziellen Pistolengriff.
Foto: Lisa Haensch / Maßanfertigung aus dem 3D-Drucker: Schnellfeuerschütze Florian Peter mit seinem ganz speziellen Pistolengriff.

Peter ist einer der wenigen Weltklasse-Schützen, der mit einem Pistolengriff aus dem 3D-Drucker agiert: „Es fing damit an, dass ein Bekannter die Idee hatte, den Griff als 3D zu drucken und eine günstige Alternative vor allem im Jugendbereich zu schaffen“, berichtet der 24-Jährige. Der Schnellfeuerpistolen-Athlet zeigte sich offen für die neue Technik, sodass Zahnarzt und Kumpel Christoph Burbach mit der Arbeit begann: „Er hat dann angefangen, verschiedene Materialien auszuprobieren und zu testen. Man muss darauf achten, dass der Kunststoff säure-, temperatur- und UV-beständig ist. Der Kunststoff, den wir verwenden, ist jetzt bis 72°C verformungsresistent“, erzählt Peter, der in Kürze seine ersten Olympischen Spiele mit dem besonderen Griff bestreitet. „Sein erster Griff hatte auf der Handfläche als Mindset eine 594 für den Weltrekord und 5 Punkte für Finaltreffer eingeprägt. Seine neuen Griffe haben den Bundesadler auf der flachen Seite. Einen mit den olympischen Ringen hätte ich ihm gerne hergestellt, aber das ist wegen der Markenrechte nicht möglich“, erklärt Burbach, der damit auch eine künstlerische Ader offenbart.

Die Vorteile gegenüber der herkömmlichen Herstellung sind schnell erklärt: „Mit dem 3D-Druck ist man flexibler, und vor allem wiederholgenau. Auch das Gewicht lässt sich steuern. Wenn mein Griff - warum auch immer - gebrochen ist, dann ist kurze Zeit später der neue Griff fertig.“ Burbach steht quasi auf Abruf bereit, falls sein Freund Peter Not am Mann hat, für die Olympischen Spiele hat Peter drei identische Griffe im Gepäck. Das Verständnis für den Sport bringt der Zahnarzt mit, denn er war selbst im Schnellfeuerkader und Mannschaftskollege von Detlef Glenz, dem heutigen Bundestrainer. Diese Erfahrung half enorm bei der Entwicklung: „Das Verhalten der Pistole nach dem Schuss ist in dieser Disziplin ein nicht zu unterschätzender Faktor. So habe ich mich daran gemacht, einen Shape zu entwickeln, der einen sicheren Halt bietet, ohne dass der Griff in der Hand wandert und das Springen der Pistole reduziert. Der Impuls sollte möglichst sicher in die Mitte der Handfläche geleitet werden.“ Er schießt auch noch in seiner Freizeit – natürlich mit Griff aus eigener Produktion (der Griff ist übrigens recyclebar). Die freundschaftliche Verbindung beruht nicht nur auf den sportlichen Gemeinsamkeiten. Burbach stammt ebenfalls aus dem hessischen Obertshausen und kennt Peters Eltern bereits seit seiner Jugend.

Peter ist seinem „Griffbauer“ sehr dankbar, spricht immer von „wir“ und präzisiert: „Bei ihm im Zahnlabor entstehen die Griffe, da wird mit Zahnprothesen-Kunststoff und sonstigen Spachtelmassen der Griff gespachelt und gebaut, und er macht die ganze Arbeit mit dem Scannen, die Oberfläche draufmachen, das Griff-Innenleben reinsetzen, den Druck, die Nachbearbeitung – dass alles wirklich passt. Es ist eine Teamarbeit, er spachtelt und schleift, und ich gucke, ob es passt.“ Denn jeder Griff ist passgenau auf den Schützen eingestellt, quasi der Fingerabdruck des Schützen. Und der passt bei Peter, wie seine Ergebnisse beweisen: „Flo schießt konstant wahnsinnig hohe Ergebnisse und hat mittlerweile den Qualifikations-Weltrekord eingestellt. Das macht mich sehr glücklich und stolz, da einen kleinen Teil zu beigetragen zu haben!“, so Burbach.

Foto: Lisa Haensch / Lisa Müller und die Gewehrathleten schießen mit Hosen- und Jacken-Maßanfertigungen.
Foto: Lisa Haensch / Lisa Müller und die Gewehrathleten schießen mit Hosen- und Jacken-Maßanfertigungen.

Ob nach einem erfolgreichen Olympiastart etwas Edelmetall in den nächsten Griff wandert - ganz nach dem Motto: Der Mann mit der goldenen Pistole – unmöglich scheint nichts bei Burbach: „Vielleicht schießt er bald einen mit goldenen Elementen. Ich drücke ihm jedenfalls fest die Daumen.“ (weitere Fotos vom Griff auf DSB-Facebook).

Gewehr: Schießkleidung ist unumgänglich
Während die Pistolen-, Gewehr- und Bogenschützen locker, flockig in kurzen Hosen oder Trainingshose am Stand bzw. der Schießlinie stehen, kommen die Gewehr-Athleten oftmals wie moderne Ritter daher: Sie haben eine passgenaue Schießkleidung aus Jacke und Hose, „die uns Stabilität vor allem im Rücken gibt“, sagt Lisa Müller.

Die Olympia-Novizin geht in Chateauroux mit dem Luftgewehr und ihrer ca. 2.500 Euro teuren Maßanfertigung an den Start: „Wir schießen alle Maßanfertigungen. Es wird an Oberkörper, Beinen usw. genau Maß genommen, dann geht es zum Schneider. Wenn die Sachen fertig sind, kommen je nachdem noch kleine Änderungen/Feinschliff wie z.B. Kürzen des Ärmels dazu“, erzählt Müller.

Da kommt schon eine ganz nette Summe zusammen, „denn es ist bei fast allen so, dass jährlich bzw. spätestens jede zweite Saison gewechselt wird.“ Aber es muss - wie beim Pistolengriff - exakt gearbeitet werden, denn zum einen muss der Anzug die bestmögliche Unterstützung gewähren, zum anderen muss er den Regeln entsprechen: „Vor jedem Wettkampf findet eine Bekleidungskontrolle statt. Bei ihr wird die Steifigkeit der Hose und Jacke überprüft, der Wert, der erreicht werden muss, ist 3,0 mm. Wenn man darunter liegt, muss man Sorge dafür tragen, dass die Klamotten diesen Wert erreichen.“ D.h. dass die Klamotten mindestens um 3,0 Millimeter nachgeben, wenn die Steifigkeit mit einem Gewicht von fünf Kilogramm an verschiedensten Stellen gemessen wird.

Meistens erreicht man das durch Kneten des Materials“, so Müller, die zu berichten weiß, dass es bei Nichteinhaltung böse enden kann: „Ich selbst bin noch nie "durchgefallen" oder nach dem Wettkampf in einer Nachkontrolle disqualifiziert worden, weiß aber von ein paar anderen.“

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