Olympische Spiele
Paris 2024: Kroppen & Unruh jubeln über Silber
Da ist das Ding! Michelle Kroppen & Florian Unruh haben im Bogen-Mixed die erste Medaille für den Deutschen Schützenbund bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 gewonnen: Die Vize-Weltmeister des Vorjahres sind nun auch olympische Silbermedaillengewinner, nachdem sie im Finale den Südkoreanern Sihyeon Lim & Kim Woojin 0:6 (35-38, 35-36, 35-36) unterlagen. Es ist die fünfte olympische Bogensport-Medaille für Deutschland.
„Es ist eine schwere Medaille und ein mega-cooles Gefühl. Am Anfang hat der Fokus auf der Damenmannschaft gelegen. Ich freue mich, dass ich schnell weitermachen konnte. Dass es am Ende für eine Silbermedaille gereicht hat, ist nicht in Worte zu fassen. Es kommen immer wieder Freudentränen und inneres Kopfnicken“, so Kroppen. Und Unruh ergänzte: „Ich bin sehr zufrieden, und es herrscht pure Freude.“ Der Umstand, dass er nun wie seine Ehefrau Lisa auch olympisches Edelmetall gewonnen hat, kommentierte er: „Es ist sehr cool, das wird die Vitrine nochmals cooler machen. Es ist einfach sehr geil, dass wir es geschafft haben.“
Nach Silber (1996) und Bronze der Frauen-Team (2000, 2021) sowie Einzel-Silber durch Lisa Unruh (2016) ist Florian Unruh der erste Bogen-Mann, der olympisches Edelmetall gewann („Den Gedanken hatte ich bisher noch nicht, aber klingt gut.“). Zudem ist es im erstmals in Tokio eingeführten Mixed-Wettkampf die erste DSB-Medaille.
Bundestrainer Oliver Haidn hatte nach der bitteren Viertelfinalniederlage des Frauen-Teams den Journalisten gesagt: „Es ist wichtig, dass wir gute Einzelmatches machen, dann den Mixed-Wettbewerb, damit wir das erreichen, was wir erreichen wollen. Und das ist eine Medaille, das machen wir immer!“ Und der Bundestrainer sollte Recht behalten. Denn sowohl Kroppen (am 3. August) als auch Unruh (am 4. August) stehen nach überzeugenden Leistungen im Einzel-Achtelfinale und sorgten mit phantastischen Schüssen im Mixed für den Einzug in das Finale. Nach dem Triumph meinte der Bundestrainer: „Natürlich ist es immer das erklärte Ziel, eine Medaille zu gewinnen. Das haben wir in Rio gemacht, in Tokio und jetzt hier. Wir sind hier, um erfolgreich zu sein. Bei der EM 2022 gab es fünf Medaillen, zwei Medaillen bei der WM 2023, drei bei der EM 2024 und jetzt hier wieder – das ist großartig für den Bogensport in Deutschland. Wir sind eine starke, erfolgreiche Nation geworden, und es muss unser Anspruch sein, weiter in der Weltspitze zu sein.“
Das olympische Finale war eine Neuauflage des WM-Finals im vergangenen Jahr in Berlin. Damals unterlag das DSB-Duo dem Top-Favoriten mit 1:5, nun ging es in dem imposanten 8.000 Zuschauer-Stadion auf den Esplanade des Invalides um den größtmöglichen Titel. Erstmals in der Ko-Phase durfte der Gegner beginnen, was für ein mögliches Stechen ein Vorteil ist. Lim bot dem deutschen Team mit einer Acht etwas an, doch auch Kroppen platzierte ihren Pfeil im Roten. Und da die Koreaner drei Zehner folgen ließen, das deutsche Duo aber keinen Pfeil in die Zehn setzte, war die erste Passe eine klare Angelegenheit (35-38). Leider sahen die Zuschauer auch im zweiten Satz keine deutsche Zehn. Zwar schossen die Koreaner auch nur eine, doch das reichte, um den Stand aus deutscher Sicht auf 0:4 zu erhöhen (35-36). Nachdem Kroppen abermals mit einer Acht startete, schoss Unruh die erste Zehn unter dem Jubel der deutschen Fans. Zumal es die Führung bedeutete, weil die Koreaner mit ihren ersten beiden Pfeilen nur 17 Ringe erzielten. Aber der stärker werdende Wind bereitete vor allem Kroppen Probleme, die nur eine Sieben produzierte. Zwar lieferte ihr Partner erneut eine Zehn, aber diese Chance ließ sich das Weltklasse-Duo aus der Bogensport-Nation Nummer eins nicht entgehen: Woojin, der überragende Schütze des Finals, machte mit einer Zehn alles klar (35-36). „Wir haben mit dem Wind nicht so gut gearbeitet wie davor. Das Anhalten hat nicht so gut funktioniert. Die Koreaner haben die Fehler nicht verziehen und verdient gewonnen“, analysierte Unruh, Bundestrainer Oliver Haidn meinte: „Das Finale spiegelt die Leistung nicht so richtig wider, es war zweimal nur ein Ring Unterschied. Die Koreanerin hatte auch Schwierigkeiten, den Wind zu lesen. Auf der anderen Seite hat Kim Woojin sehr stark ausgeschossen und immer die Zehn geliefert.“
Im Halbfinale lautete die Partie Deutschland – USA, es war die Ansetzung des Zweiten gegen den Dritten der Qualifikation. Das Niveau war von Beginn an hoch, das deutsche Team legte immer zwei Pfeile vor, die Amerikaner zogen nach. Trotz starker 38 Ringe ging die erste Passe an den Gegner, weil Ex-Weltmeister Brady Ellison seine Pfeile mit großer Selbstverständlichkeit in der Zehn platzierte. Und nach einer Auftakt-Acht von Kroppen in den zweiten Satz schien es schlecht um das DSB-Duo zu stehen, doch drei Zehner folgten und sorgten so für den Ausgleich (38-37). Auch die nächste Passe begann Kroppen mit einer Acht, ehe die nächsten Pfeile in der Neun bzw. Zehn einschlugen und somit das Unentschieden (37-37) retteten. Somit war klar, dass der vierte Satz die Entscheidung bringen konnte. Und in diesen begann das deutsche Team perfekt: Kroppen mit einem Pfeil ins Zentrum, Unruh tat es ihr nach und setzte die Amerikaner damit gewaltig unter Druck (Haidn: „Gegen die USA sind sie mit sehr großem Selbstvertrauen in das Match reingegangen. Die ersten zwei Pfeile im vierten Satz muss man erst einmal so machen.“). Diesem hielten sie nicht stand, denn sowohl Ellison als auch die Weltranglisten-1. Casey Kaufhold schossen lediglich eine Acht. Kroppen konnte sich somit eine Acht leisten, zumal Unruh mit einer abermaligen Zehn (Unruh schoss sechs Zehner bei acht Pfeilen) den „Sack“ zumachte und sich das Duo sofort in die Arme fiel. „Es ist immer noch ein geileres Gefühl, das Halbfinale gewonnen zu haben. Gegen Korea zu schießen, genießt man einfach. Gegen sie zu verlieren, ist keine Schande“, meinte Kroppen nach der ganzen Interview-Prozedur.
Im Viertelfinale ging es gegen Mexiko und damit auch gegen Alejandra Valencia, die Teil der Frauenmannschaft war, die dem deutschen Weltmeister-Trio die bittere Viertelfinal-Niederlage beigebracht hatte. Kroppen schoss an und legte mit einer Zehn die Messlatte hoch. Und da auch Unruh seine ersten Pfeile im „Gold“ versenkte, ging der erste Satz mit 38-37 an das DSB-Duo. Das hielt das Niveau weiter sehr hoch, Kroppen schoss zwei Zehner in der zweiten Passe, Unruh zwei Neuner. Das führte zum 3:1, da die Mexikaner drei Zehner, aber auch eine Acht aufwiesen. Somit konnten Kroppen & Unruh bereits in der dritten Passe alles klar machen und das gelang nahezu in Perfektion: Kroppen Zehn, Unruh Zehn, Kroppen Neun und Unruh mit der notwendigen Zehn zum 39-38 und 5:1-Gesamtsieg.
Bereits im Achtelfinale musste das DSB-Duo mächtig kämpfen: Zweimal lagen Kroppen & Unruh zurück (0:2 und 2:4), zweimal bewiesen sie unter Anfeuerungsrufen der deutschen Fans, Katharina Bauer und Charline Schwarz waren darunter, Nervenstärke und Klasse und glichen aus (37-38, 39-37, 35-36, 37-34). Demnach musste das Shootoff entscheiden, in dem zwei Neuner reichten, weil die Gegner nur 17 Ringe auf die Scheibe brachten. Unruh danach ehrlich: „Es war sehr knapp, und wir hatten das nötige Glück. Da haben wir uns etwas schwergetan, um mit dem Wind klarzukommen. Es war das härteste Match, es hätte schnell vorbei sein können.“
Die Grundlage für den Silber-Coup hatten Kroppen und Unruh bereits am 25. Juli gelegt, als sie in der Qualifikation das zweitbeste Ergebnis aller Mixed-Teams schossen und sich somit diese hervorragende Ausgangsposition verschafft hatten.
Abschließend bedankte sich Haidn bei diversen Leuten und gab Einblicke in seine Gefühlslage: „Sich hier in das Goldfinale zu schießen, ist ganz wunderbar und freut mich für die Beiden, da sie ihr Potenzial abrufen konnten. Und natürlich freue mich auch für den Verband, die Fans und alle, die uns unterstützt haben auf diesem Weg. Ich muss auch Sportdirektor Thomas Abel und Cheftrainer Michel Gomez-Krämer erwähnen. Wir waren ein kleines Team mit Grit (Reimann) und Reinhard (Kisselbach, beide Co-Trainer, Anm. d. Red.), aber mit blindem Vertrauen. Es war nicht klar, dass wir das stemmen können, die Arbeit hat sich gelohnt und man hat einiges richtig gemacht. Gerade in diesem Jahr sind wir zu einer tollen Mannschaft zusammengewachsen. Jeder hat nochmals etwas draufgepackt, sowohl bei den Betreuern als auch den Athleten – es waren zum Teil sehr harte Monate.“
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