Weltmeisterschaften

Bogen-WM Berlin: „Die WM in Leipzig war schon ein kleiner Dämpfer!“

25.05.2023 10:54

In Leipzig 2007, bei der zweiten Bogen-WM im Freien, die in Deutschland ausgetragen wurde, war auch Florian Floto am Start. Damals war es für den heute 35-Jährigen die erste WM bei den Erwachsenen und ein wichtiger Baustein für seine spätere Karriere inklusive der Erfüllung seines Traums von einer Olympia-Teilnahme. An was er sich erinnert, was er für Tipps für die deutschen Teilnehmer an der Heim-WM in Berlin hat und wie ihn der Bogensport geprägt hat, verrät er im Interview.

Foto: DSB / Florian Floto 2007 bei der WM in Leipzig...
Foto: DSB / Florian Floto 2007 bei der WM in Leipzig...

Du hast 2007 an deiner ersten Erwachsenen-WM teilgenommen. Wie sind die Erinnerungen daran?
Floto: „Da muss ich ganz tief hinten im Kopf kramen. Die Olympischen Spiele 2008 standen bevor, und Jens Pieper qualifizierte sich bei der WM dafür. Und für mich war es der erste Ansatz, dass ich den Angriff auf Olympische Spiele nehmen wollte. Ich glaube, die Vorrunde war zufriedenstellend, ich habe das Ergebnis erreicht, was ich bringen konnte. Es hat aber nicht gereicht, es ist ein krasser Unterschied zwischen Junioren- und Erwachsenen-WM. Im Juniorenbereich war ich in der Vorrunde immer unter den Top Ten. Bei den Erwachsenen schießt du das gleiche Ergebnis und bist auf Platz 40, 50 oder 60. Es ist einfach ein anderes Niveau, das hat mich ganz schön beeindruckt. Ich weiß schon gar nicht mehr, welches Finale und gegen wen ich geschossen habe. Das ist alles verschwunden.“

Die WM fand in Leipzig statt. Hat es das nochmals spezieller gemacht?
Floto: „Eigentlich nicht! Es ist für mich egal, auf welchem Platz ich stehe. Wenn ich vorne an der Schießlinie stehe, bin ich in meinem Element und Tunnel. Auf welchem Platz ich stehe und wo ich schieße, nehme ich in dem Moment gar nicht wahr.“

Ein Jahr vorher hast du Team-Gold (mit Christian Weiss und Bastian Neusius) und Einzel-Bronze bei der Jugend-WM gewonnen. Hast du dir demnach Hoffnungen auf eine Teilnahme bei der „großen“ WM gemacht?
Floto: „Ich denke mal schon (lacht). Das Ziel waren die Olympischen Spiele. Das wollte ich einmal schaffen. Und natürlich wollte man direkt aus dem Junioren- in den Erwachsenenkader und dort Leistung bringen. Und die WM war schon ein kleiner Dämpfer, denn da hat man gemerkt, auf welchem Niveau man schießen muss. Ohne, dass man Profi oder bei der Bundeswehr ist, ist das nicht zu machen. Das habe ich 2012 gemerkt, als ich nach meiner anstrengenden Arbeit tag-täglich auf den Bogenplatz zum Trainieren bei Wind und Wetter gefahren bin. Sich da aufzuraffen und Präzisionsarbeit abzuliefern, da fährt der Kopf irgendwann Achterbahn. 2016 hat mich mein Arbeitgeber, der auch im Schützenverein tätig war, zweimal ein halbes Jahr freigestellt. Ohne das wäre die Qualifikation für Rio de Janeiro 2016 nicht möglich gewesen.“

Foto: Hannes Wendt / ... und heute in der Bundesliga für den SV Querum.
Foto: Hannes Wendt / ... und heute in der Bundesliga für den SV Querum.

Du warst also ein echter „Jungspund“, wie bist du in die WM gegangen?
Floto: „Ich erinnere mich gar nicht mehr konkret daran. Was ich noch weiß: Umso größer der Wettkampf ist, umso ruhiger war ich. Bei Landesmeisterschaften war der Erwartungsdruck da, da musst du liefern. Bei der WM stehst du in der Masse und versuchst das abzurufen, was du kannst.“

In der zweiten Runde bist du auf den zweifachen Weltmeister und Olympia-2. von 2000, Victor Wunderle (USA), getroffen, hast verloren und bist 34. geworden.
Floto: „Oh, das weiß ich nicht mehr. Aber Platz 34 ging ja!“

Bei der WM 2023 in Berlin werden mit Sicherheit auch „WM-Novizen“ dabei sein. Welche Empfehlung kannst du denen geben?
Floto: „Mein Ruhepol war immer die Technik. Ich habe nur an die Technik gedacht. Wenn ich an der Schießlinie stehe, bringt es nichts, an das spätere Essen zu denken, welche Leute zugucken oder wie das Wetter ist und wann die nächste Wolke kommt. Man spult die Technik ab, und wenn man weiß, was man machen soll, dann hat man für sich schon gewonnen. Man arbeitet seine Punkte eins, zwei, drei, vier ab, da bleiben keine anderen Gedanken. Die Technik ist das A und O.“

Wie siehst du die Chancen der deutschen Athleten?
Floto: „Wenn ich ehrlich bin, habe ich die letzten internationalen Ergebnisse nicht so verfolgt. Ab und an habe ich auf Instagram gesehen, wie erfolgreich die DSB-Sportler sind, aber insgesamt habe ich den Anschluss verloren, weil in den vergangenen drei Jahren gingen meine Gedanken nur um die Gesundheit.“

Du bist erst 35 Jahre alt, bist aber international gar nicht und national nur noch wenig präsent. Warum?
Floto: „Ich habe keine Zeit mehr! Mein größter Traum waren die Olympischen Spiele. Vielleicht hätte ich noch einen olympischen Zyklus gemacht, aber da kam etwas dazwischen. Deshalb bin ich da rausgegangen, und andere Sachen haben für mich eine Rolle gespielt. Nur weil ich viel Kraftsport mache, kann ich den Bogen noch bewältigen. Ein bisschen Talent gehört auch dazu: Ich trainiere nicht viel und kann ein paar Pfeile in die Mitte schießen, aber für eine Landesmeisterschaft würde meine Kraft nicht mehr reichen. Bundesliga macht mir immer noch sehr viel Spaß, ich habe bei Querum wieder unterschrieben, auch wenn ich nach Lübeck ziehe. Durch das abwechselnde Schießen in der Bundesliga geht das, auch wenn am Ende meine Finger brennen und ich zu zittern anfange.“

Was hat dir der Bogensport, aber vielleicht auch der Auftritt bei der Heim-WM gegeben?
Floto: „Der Bogensport hat mich geprägt, wenn ich bedenke, dass ich mit acht Jahren angefangen habe. Ich habe zu meiner Schulzeit, während der Ausbildung oder danach meine komplette Freizeit dem Bogensport gewidmet, und die Zeit möchte ich definitiv nicht missen. Was ich erleben durfte mit meinen Schützenkameraden und Trainern, das kann mir keiner nehmen - das bleibt für immer!"

 

Die WM 2007 in Leipzig: Florian Floto siegte in der ersten Runde 104:100 gegen den Dänen Dennis Bager und unterlag in Runde zwei dem US-Amerikaner Victor Wunderle 109:11 und belegte Platz 34. Jens Pieper gewann zwei Runden und unterlag in Runde drei dem Europameister Magnus Petersson/SWE 107:112. Dies reichte jedoch, um sich als WM-25. für die Olympischen Spiele in Peking 2008 zu qualifizieren.
Die Recuve-Frauen belegten die Plätze 40 (Anja Hitzler), 58 (Veronika Haidn Tschalova) und 60 (Christina Schaefer).
Im Compound gab es folgende Platzierungen: Andrea Weihe (27.), Sabrina Jagemann (34.), Melanie Mikala (38.), Paul Titscher (21.), Lars Klingner (78.), Michael Bassler (82.)

 

Das Interview und mehr ist in der aktuellen Faszination Bogen zu lesen. Diese ist rein digital und KOSTENLOS. Alle Infos zur Faszination Bogen

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