Europameisterschaften

Bogen-EM: Rückkehr an die Olympia-Comeback-Stätte

14.04.2022 10:41

Bei den Olympischen Spielen 1972 in München wurde zum ersten Mal nach 52-jähriger Pause wieder ein Bogenturnier ausgetragen. Nun, 50 Jahre später kehrt der internationale Bogensport mit der Europameisterschaft (6. bis 12. Juni) an die Comeback-Stätte zurück.

Foto: DSB / 1972 bei den Olympischen Spielen in München gewann der US-Amerikaner John C. Williams souverän die Goldmedaille.
Foto: DSB / 1972 bei den Olympischen Spielen in München gewann der US-Amerikaner John C. Williams souverän die Goldmedaille.

Das Bogenschießen gehörte bereits zum Programm der zweiten Olympischen Spiele der Neuzeit im Jahr 1900 in Paris. Vier Jahre später in St. Louis war es eine der ersten olympischen Disziplinen, in denen Frauen teilnehmen durften. Aufgrund der unüberschaubaren Vielzahl der Wettkampfformate beim Fehlen einheitlicher Regeln und eines internationalen Verbands fiel das Bogenschießen nach den Olympischen Spielen von 1920 in Antwerpen, wo u.a. auch auf bewegliche Vogelziele geschossen wurde, aus dem olympischen Programm. Nach mehreren erfolglosen Anläufen konnte die im Jahr 1931 (übrigens im Rathaus des heutigen Lwiw/Ukraine) gegründete Fédération Internationale de Tir à l’Arc (FITA), heute World Archery Federation (WA), unter ihrer Präsidentin Inger K. Frith (1909-1901) bei der IOC-Session 1965 in Madrid die Wiederaufnahme in den olympischen Disziplinenkanon erreichen.

Zum Schauplatz des olympischen Bogenturniers 1972 wurde die Werneck-Wiese, eine 200 x 250 Meter große Rasenfläche am südwestlichen Ufer des Kleinhesseloher Sees im Münchener Englischen Garten. Die damals als „schönste Bogenarena aller Zeiten“ angesehene Wettkampfstätte lag auf einem historischen Gartendenkmal ersten Ranges und durfte nur provisorisch für einen einzigen Trainings- und die vier Wettkampftage angelegt werden. Die Zuschauertribünen fassten insgesamt 1000 Personen, zusammen mit Leichtathletik und Turnen gehörten die Bogenwettkämpfe bei den Münchener Spielen zu den mit über 99% Ticketverkauf (DM 10,- auf allen Plätzen) am vergleichsweise besten besuchten Veranstaltungen – und zu diejenigen mit der höchsten „Prominentendichte“.

Geiselnahme sorgt für Verschiebung des Turnierstarts

Am frühen Morgen des Trainingstages, dem 5. September 1972, erfolgte die Geiselnahme der israelischen Olympiamannschaft im Olympischen Dorf durch Terroristen, das Bogenturnier wurde um einen Tag verschoben. Die beiden Wettkämpfe für die 40 Damen und 55 Herren aus 31 Ländern bestand aus jeweils zwei vollen FITA-Runden, also insgesamt 288 Pfeilen auf Distanzen von 90, 70, 50 und 30 Meter bei den Herren und 70, 60, 50 und 30 Meter bei den Damen, zwei Distanzen an jedem der vier Tage. Im Gegensatz zum äußerst spannenden Damenturnier, das die 41-jährige Doreen Wilbur (USA) nach einer Aufholjagd gewann, holte sich bei den Herren der erst 18 Jahre alte Topfavorit und amtierende Weltmeister und Weltrekordler John C. Williams (ebenfalls USA) mit einem Vorsprung von 47 Ringen die Goldmedaille. Die deutschen Teilnehmer, Ursula Büschking (später verh. Dannowski) aus Holtorf und Carla Nolpa aus Recklinghausen bei den Damen und Siegfried Ortmann aus Bad Kissingen und Richard Krust aus Ludwigsburg bei den Herren, landeten im Mittelfeld.

Als Zielscheiben dienten bedruckte Stoffauflagen, die FITA-Präsidentin Inger Frith eigens aus England hatte einfliegen lassen. Die originale und mit Autogramm versehene Zielscheibe von John C. Williams, des ersten Olympiasiegers im Bogenschießen nach 52 Jahren, befindet sich heute im Deutschen Schützenmuseum auf Schloss Callenberg bei Coburg.

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