Weltmeisterschaften
Schießsport-WM Kairo: Der Weltmeister im Interview
Es ist der mit Abstand größte Erfolg von Maximilian Dallinger: Weltmeister! Der 29-jährige Bayer setzte sich mit dem Luftgewehr völlig überraschend die WM-Krone auf und verrät im Interview, wie der gesamte Wettkampf lief, was für Gedanken hochkamen und was es mit Per Mertesacker auf sich hat.

Maxi, herzlichen Glückwunsch zum WM-Titel. Wie verlief die Qualifikation aus deiner Sicht? Hattest du gleich ein gutes Gefühl?
Dallinger: „Naja, es lief nicht von Anfang an gut. Ich bin schon mit dem Gefühl reingegangen, dass ich es einfach drin habe. Also ich habe das Zeug dazu, in das Finale zu kommen. Die ersten zehn Schüsse waren vom Gefühl her nicht schlecht, aber die sind alle im Sprung, in der letzten Instanz, ein bisschen weggeschnickt. Und dann habe ich nach zehn oder elf Schuss, glaube ich, habe ich eins der Beine, oder einen Fuß, wie man im Bayerischen sagt, ein bisschen gedreht. Und das hat scheinbar nochmal das Ganze ein Ticken stabiler gemacht. Und dann war es sehr konstant auf ziemlich gleichbleibendem Niveau. Dass man 632 braucht für ein Finale, das war mir eigentlich vorher ziemlich klar, dass es dann reicht, da habe ich mich doch sehr, sehr darüber gefreut.“
Es war dein erstes WM-Finale und dein größtes Finale in deiner bisherigen Karriere. Wie hast du dich darauf vorbereitet?
Dallinger: „Tatsächlich muss ich korrigieren, das war das zweite WM-Finale. Das erste war mit dem Kleinkaliber-Gewehr, aber das ist schon drei Jahre her (7. Platz, Anm. d. Red.). Jetzt im Luftgewehr speziell, das erste Einzelfinale, das freut mich unfassbar bei einer WM. Das kann man nicht höher schätzen. Ich weiß nur, letztes Jahr hat der Schmirli (Alexander Schmirl/AUT, Anm. d. Red.) in Baku Dreistellung gewonnen. Das war für mich so unvorstellbar weit weg. Und jetzt habe ich selbst einen Weltmeistertitel. Irgendwie fühlt es sich noch ganz normal an, aber es ist irgendwie komisch. Es wird sich wahrscheinlich noch geben.
Gab es vor dem Finale Tipps von anderen, wie Anna Janßen und Wolfram Waibel, mit denen du regelmäßig trainierst und die so etwas oder Ähnliches schon erlebt haben?
Dallinger: „Wir haben nur kurz vor dem Finale gesprochen. Da war ich mit Stefan (Nolte, Teamarzt, Anm. d. Red.) und Anna noch in der Vorbereitungs-Area. Da meinte ich nur, ich habe ein bisschen Schiss vor dem Finale. Ich wusste aus der Vergangenheit, dass die Finals meistens recht schlimm sind bei mir. Rein was der Körper macht und wie er pulsiert. Und dass das durchaus in die Hose gehen kann. Dann haben wir ein bisschen darüber gesprochen. Ich wusste, dass es in der Bundesliga ganz gut funktioniert hat, gerade gegen Ende den Anschlag noch ein bisschen fester zu machen. Dann waren die letzten Serien meistens richtig gut oder deutlich besser als die davor. Das war eigentlich der Plan für das Finale. Dass ich eher weniger in die lockere Richtung gehe und noch mehr entspanne, sondern, wenn es brenzlig wird, ein bisschen mehr zuknalle und festmache. Und das war gut.“

Im Finale hast du einen sehr guten Start erwischt und von vorneweg das Feld mitbestimmt. Wie wichtig war der Start?
Dallinger: „Ich glaube sehr wichtig! Wäre er anders verlaufen, hätte ich wahrscheinlich mehr fighten müssen. Dann wäre der Weg nach oben deutlich schwieriger gewesen. Ich war nach den ersten fünf Schuss unglaublich froh, dass ich da schon mal so ein kleines Polster gehabt habe. Wobei man in so einem internationalen Finale eigentlich immer schlecht von einem Polster sprechen kann. Aber ich glaube, da hat einfach viel zusammengepasst an dem Tag. Die anderen haben genauso weite Zehner gehabt, wie ich auch dann zwischendurch. Was soll ich sagen? Ich glaube, man kann da wenig planen im Finale. Es war dann für mich überraschend, dass ich nicht so auf Level 180 war, wie ich es eigentlich erwartet habe. Und das hat mir ein bisschen Zuversicht gegeben, dass das klappt.“
Wusstest du zwischendurch, wie du stehst? Oder wusstest du es erst am Ende, als es durch war?
Dallinger: „Doch, ich weiß es immer. Ich weiß in der Bundesliga, wo ich stehe. Ich kenne die Abstände. Man rechnet das schon hin und her. Ich glaube, das erste Mal, als ich überlegt habe, ist der Erste ausgeschieden. Und da habe ich dann schon geschaut, wie weit sind die Abstände bis zu den Medaillenrängen. Und was schießen die in der Mitte so. Und dann rechnet man bei jedem Schuss mit. Also du weißt genau, wo du stehst. Und selbst beim Schuss selbst. Ich habe immer gehört, wie die Leute klatschen. Und vor allem, wer klatscht. Man hat die Schweden auch rausgehört. Und dann wusste ich vor allem beim letzten Schuss schon: Genau, da kam zumindest mal kein großer Applaus von den eigenen Fans. Und dann dachte ich mir, wir haben davor Gleichstand gehabt. Jetzt reicht wahrscheinlich irgendeine flache Zehn. Und dann ist der Käse bissen.“
Wurdest du auch mal nervös? Zum Beispiel als es um die Medaillen ging? Was ging dir im Kopf vor und nach dem letzten Schuss vor?
Dallinger: „Also ja, definitiv. Um Medaillen ist immer noch brenzliger. Da heißt es einfach, wenn du jetzt verkackst… So denkt man eigentlich nicht und habe ich auch nicht. Klar, für eine Sekunde kommt der Gedanke, aber dann kehrt man dann wieder weg. Das spielt auf jeden Fall mit. Wenn der Schuss dann rausgeht. Und ich habe den extra nochmal vielleicht einen Ticken länger vorbereitet, um den sicher zu setzen. Mir war zumindest zu dem Zeitpunkt klar, das wird eine Zehn, aber jetzt vielleicht keine geniale. Hauptsache, das Ding ist erstmal gesafed. Dann fühlt man sich sicher schon besser. Aber die Nervosität, bevor die Medaillen feststehen. Das ist der Höhepunkt von dem Finale.“
Was passiert jetzt nach dem WM-Titel in deinem Familien- und Freundeskreis? Die sind ein paar tausend Kilometer entfernt. Und wann und wie wird gefeiert?
Dallinger: „Also wenn ich jetzt nach Hause komme, dann habe ich einen Tag frei. Und dann starte ich meinen Dienst bei der Polizei in Freising. Mal schauen, was die so von Feiern halten. Naja, wir werden sicher eine Gelegenheit finden. Vielleicht jetzt nicht in den ein, zwei Tagen danach. Aber wir werden schon noch irgendwann einen passenden Tag rausschnitzen. Und dann werden wir das feiern.“
Wie viele Nachrichten gingen schon ein auf dem Handy?
Dallinger: „Ich kenne die genauen Zahlen nicht. Aber bei WhatsApp stand mir irgendwas mit 80. Und bei Instagram habe ich ehrlich gesagt auch nicht ganz durchgescrollt. Es sind einige. Ich versuche die auch zeitnah zu beantworten. Die wichtigsten kommen natürlich zuerst, das wird ein paar Tage dauern vermutlich.“
So, dann morgen noch Mixed mit Hanna Bühlmeyer zusammen. Kurzer Ausblick. Wie ist die Lage?
Dallinger: „Also ich würde es sagen wie Per Mertesacker: Ich lege mich jetzt erst mal drei Tage in die Eistonne. Wir verkürzen das auf einen Abend. Und dann geht es morgen weiter. Dann sind die Beine wieder frisch. Nach so einem Wettkampf fühlen sich die Beine tatsächlich immer ein bisschen angestrengt an.“
Das deutsche Team in Kairo
Gewehr: Anna Janßen (Freising), Hanna Bühlmeyer (Weiltingen), Lea Ruppel (Herbstein), Nele Stark (Güglingen), Maximilian Ulbrich (Wilzhofen), Daniel Bühlmeyer (Weiltingen), Maximilian Dallinger (Freising), Max Ohlenburger (Idstein), David Koenders (Mossautal), Marcin Szyja (Pflaumdorf), Veronique Münster (Kalletal), Anna-Lena Geuther (Gaimersheim), Lisa Grub (Weingarten)
Pistole: Michelle Skeries (Potsdam), Doreen Vennekamp (Ronneburg), Svenja Berge (Bad Camberg), Monika Karsch (Regensburg), Robin Walter (Reichenbach), Paul Fröhlich (Hitzhofen), Christian Reitz (Regensburg), Oliver Geis (Bad Camberg), Emanuel Müller (Pfullingen), Florian Peter (Obertshausen)
Target Sprint: Edith Buschsieweke (München), Jana Landwehr (Dortmund), Kerstin Schmidt (Erbendorf), Julius Hofmann (Gerathal), Jacob Hofmann (Gräfenroda), Alena Weinmann (Weilen u.d.R), Lukas Bürki (Haibach), Moritz Kellner (Isen)
Betreuer: Claudia Verdicchio-Krause, Wolfram Waibel, Detlef Glenz, Carsten Hees, Steffen Jabin, Marco Kleer, Thomas Zerbach, Sandra Reitz, Sylvia Torba, Jörg Dietrich, Manfred Gohres, Stefan Nolte, Christian Stauske, Michaela Huck, Michel Gomez-Krämer, Thilo von Hagen
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